Hamburg. Bei dem Festival sind auch Aston Kutcher und Quentin Tarantino dabei. Neben der Arbeit kommt das Feiern bei den Gästen nicht zu kurz.
Den Software-Dschungel hat man bei der OMR erlebbar gemacht: In der Lounge im Herzen der Digitalmesse wispern Tierstimmen, Palmen und Riesenfarne schaffen Urwald-Feeling, schummriges Licht lässt die tropische Szenerie etwas geheimnisvoll erscheinen. Solche Treffpunkte für das meist junge Publikum, das hier in Sneakern, Jeans und T-Shirt über das Gelände läuft, gehören zu den wichtigsten Anlaufstellen für die Gäste.
Denn sie wollen sich nach der Pandemie endlich wieder treffen, wie Virginia Singer von Congstar betont: „Netzwerken und neue Impulse erhalten“, das erhoffte sich die Social- Media-Managerin der Telekom-Tochter von der OMR und hat beide Wünsche dort auch erfüllt bekommen. Um das Wiedersehen zu feiern, hat sich die Kölnerin abends noch mit ein paar Freunden aus der Digitalszene an einem Kiosk in der Schanze getroffen. Ja, ein wenig Hamburg erleben, „mit seinen tollen Läden und der schönen Architektur“, das wollten sie sich nicht entgehen lassen, schwärmt die 28-Jährige.
OMR Festival 2022 mit Ashton Kutcher und Quentin Tarantino
Am zweiten Tag des Festivals mit 70.000 Besuchern, das die gesamte Fläche der Hamburger Messe einnimmt, sind viele Gäste aber auch im Promifieber. Immerhin waren US-Schauspieler Ashton Kutcher und Oscar-Preisträger Quentin Tarantino als Highlight für das Branchenevent angekündigt. Für 5000 Euro wurden dabei spezielle Tickets verkauft, die sogar ein persönliches Treffen mit den Hollywoodstars versprachen.
Aber auch außerhalb der Messehallen konnten Groupies die Amerikaner mit etwas Glück in der Hansestadt sehen: Denn Kutcher ist bereits am Dienstag mit der Lufthansa in Fuhlsbüttel gelandet, Tarantino flog laut „Bild“-Zeitung mit dem Privatjet aus Cannes ein. Die Fans belagerten denn auch mit gezückten Smartphones das Hotel Vier Jahreszeiten, wo Tarantino den Vorabend verbracht hatte. Aber nicht nur an der Binnenalster war die Aufregung um den seltenen Besuch groß: Kutcher hatte es in die HafenCity gezogen, zur sogenannten OMR-Küchenparty im Dreisternerestaurant The Table.
US-Stars füllen eine ganze Halle
Am Nachmittag schließlich füllten beide Stars auf der OMR eine Halle etwa so groß wie ein Fußballfeld, nahmen lässig zum Interview in Lounge Chairs Platz, während sich das Publikum neben den bestuhlten Reihen in den Gängen auch auf dem Boden niederließ, um die Berühmtheiten zu erleben.
Schließlich hat Tarantino nicht nur einige der erfolgreichsten Filme mit Kultstatus geschaffen. Mit „Pulp Fiction“, „Kill Bill“ und „Django Unchained“ hat der zweifache Oscar-Gewinner auch bewiesen, dass er wie kein anderer mitreißende Geschichten auf der Leinwand erzählen kann. Für die Influencer und YouTuber im Saal war es daher spannend zu erfahren, was der 59-Jährige über sein Storytelling und die neue Streaming-Welt zu erzählen hatte.
Ashton Kutcher machte Mila Kunis eine Liebeserklärung
Ashton Kutcher kam im weißen Langarmshirt und blickte unter seiner dunklen Strähne, die ihm immer wieder in die Stirn fällt, in die Menge, als er über seine Tech-Unternehmen berichtete. Seit über zehn Jahren investiert der 44-Jährige in Firmen, in Airbnb, Uber oder Robinhood. Aber der aus der Erfolgsserie „Two and a half Men“ bekannte Darsteller ließ zugleich charmant durchblicken, dass es andere, wichtigere Dinge gibt im Leben: „Meine größte Investition, die ich je gemacht habe, ist die in die Ehe mit meiner Frau. Sie ist unglaublich, sie hält mich am Boden, sie inspiriert mich“, machte der Mädchenschwarm seiner Mila Kunis eine Liebeserklärung. Einen einzigen besten Freund zu haben sei besser als hundert gute Freunde. „Und sie ist mein bester Freund.“
Neben den Auftritten der beiden US-Größen ging das Programm auf der Messe mit Referaten von insgesamt 800 Rednern weiter, denn die Themen der zweitägigen Konferenz sind vielschichtig. Präsentiert wurde von Firmen wie Snapchat, Porsche oder Amazon die ganze Bandbreite der Online-Werbewelt, die Vermarktung von Podcasts oder die Platzierung von Werbespots in YouTube.
Caroline Brandt positiv überrascht
Immer geht es dabei um Geld, viel Geld, und dazu um das Tauziehen zwischen den großen Internetkonzernen und der Europäischen Union. Schließlich wollen die Unternehmen möglichst maßgeschneiderte Werbung anbieten, individuelle Spots für die bestenfalls gläserne Zielgruppe. Die Skeptiker und Gesetzgeber sorgen sich zugleich um den Schutz personenbezogener Daten. Auf vielen Bühnen, mit Rednern von Google oder Otto, ging es um diesen Zwiespalt.
Und die Besucher lobten die gebotene Vielfalt. Caroline Brandt vom Sponsor Atruvia ist aus Frankfurt angereist und positiv überrascht: „Ich habe erwartet, dass es groß wird, aber so groß wie jetzt, das ist überwältigend“, sagt die 32-Jährige, die am Dienstagabend noch auf einem Schiff im Hafen feierte.
Auch Peter Tschentscher dabei
Auch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ließ es sich nicht nehmen, im Glanz der Messe zu baden, und machte einen Rundgang mit OMR-Mitgründer Christian Mueller. Beide gehörten zu den wenigen Männern mit ergrautem Haar, das sonstige Publikum bewegte sich eher in den Dreißigern, Tschentscher fiel zudem als fast einziger Anzugträger auf. Am Stand von Google traf der SPD-Politiker zufällig auf Kai Pflaume. Der Moderator lud Tschentscher launig ein, doch mal in seinem YouTube-Kanal „Ehrenpflaume“ vorbeizuschauen.
In Interviews mit Fernsehsendern betonte der Bürgermeister anschließend, dass die OMR nicht nur deutschlandweit, sondern auch international zu einem der bekanntesten Branchentreffen gewachsen ist.
Online-Marketing ist der Schwerpunkt der OMR
Ein paar Meter weiter unterhält sich eine schwedische Gruppe ebenfalls über die grenzüberschreitende Wirkung der OMR, findet aber auch einen kleinen Kritikpunkt: Zu wenige Auftritte der Fachleute würden auf Englisch gehalten, sagt Lionel Ben Naceur von Husqvarna, ein bereits vor mehr als 300 Jahren gegründetes Unternehmen, das sich derzeit neu erfindet. Statt herkömmlicher Motorgeräte setzt Husqvarna nun auf Mähroboter, die auf dem Event zu den wenigen anfassbaren Innovationen gehören.
Schließlich ist der Schwerpunkt der OMR das Online-Marketing, und sie hat sich neben der DMEXCO in Köln mittlerweile zur zweiten großen Messe zu diesem Thema etabliert. Das Verdienst ihres Gründers Philipp Westermeyers ist es, das Branchentreffen zu einer sexy Veranstaltung gemacht zu haben, anders als etwa die CeBit, die 2018 das letzte Mal stattfand, nach einem stetigen Besucher- und Ausstellerrückgang.
Westermeyer fing im Journalismus an
Der Netzwerker Westermeyer scheint jedenfalls den Nerv der Zielgruppe zu treffen, auch weil er selbst Erfahrungen in den verschiedensten Trend-Branchen vereint. Angefangen hatte der gebürtige Essener als Jugendlicher im Journalismus. Er schrieb bei der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ über Lokalsport und machte seinen Master in Medienmanagement in Hamburg.
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Nebenbei jobbte er in Manhattan und startete später als Investment Manager bei Guner + Jahr durch, wo er verschiedene Start-ups kennenlernte und nicht zuletzt durch den Kontakt zu Erfolgversprechenden Gründern für sich selbst entschied, ebenfalls etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Mehrere dieser jungen Firmen verkaufte er gewinnbringend, stieg zur Vorzeigefigur im Internetbusiness auf. Die Ramp 106 GmbH in der Schanze wurde seine dritte Firma. Mit Podcasts wird hier Geld verdient, das OMR Festival ist nur eines von mehreren Beinen, auf denen das Unternehmen steht.
OMR Festival 2022: Sido trat überraschend auf
Das Event nennt sich dabei bewusst nicht Messe, sondern offiziell Festival; Es geht ums Arbeiten, aber auch ums Feiern. Daher kam auch dieses Mal, nach der zweijährigen Pandemiepause, der Spaß nicht zu kurz. Am Mittwochmittag trat überraschend der Rapper Sido auf, mit Songs wie „Bilder im Kopf“ oder „Tausend Tattoos“. Am Abend zuvor hatten bereits Zoe Wees, der Rapper Rin, DJane Miami Lenz und schließlich Oli P. die Gäste mit ihren Hits verwöhnt. Am Abschlusstag des Branchentreffens wiederum standen die Hamburger Rapper Das Bo und Kraftklub auf der Einladungsliste der Musikacts.
So spaßig das Festival auch war, so ernsthaft wurde es zugleich von den Besuchern aufgenommen. „Der Wissensstand der Leute ist extrem hoch“, sagte Yan Heger von der Swat.io GmbH mit Kunden wie SternTV. Bei anderen Messen erlebe er oft Geschäftsführer von Firmen wie Schraubenherstellern, die ‚einmal Digitales zum Mitnehmen‘ wünschten. Hier aber träfen sich echte Fachleute, er nehme aus jedem Gespräch etwas mit, sagt der Vertriebsleiter der Social-Media-Firma aus Wien. Und mit Begeisterung in der Stimme verspricht der 36-Jährige: „Wir werden auf jeden Fall wiederkommen.“