Berlin. Die Regierung will die Förderung für Elektroautos reformieren. ADAC und Autoindustrie kritisieren Unsicherheiten beim Fahrzeugkauf.
Über Deutschlands Straßen kurven immer mehr Elektrofahrzeuge: 2,6 Millionen Pkw wurden im vergangenen Jahr neu zugelassen, teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) am Mittwoch mit. Jeder vierte war ein Stromer oder ein Plug-In-Hybrid.
Und die Entwicklung dürfte sich noch beschleunigen: Will die Bundesregierung ihr selbst gestecktes Ziel, bis 2030 15 Millionen Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen, erreichen, müsse ab diesem Jahr jedes zweite neu zugelassene Auto ein Stromer sein.
E-Autos: Förderungen bis zu 9000 Euro
Tatsächlich ist der Kauf für viele Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit attraktiv. Bis zu 9000 Euro gibt es derzeit an Förderprämie, die Auswahl wird vielfältiger. „Derzeit gibt es rund 100 Modelle deutscher Hersteller, und die Modellpalette wird stetig erweitert“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
Doch es gibt einen Haken: Die Ampel-Koalition will die Förderung ab dem kommenden Jahr neu konzipieren. Für manche Kaufinteressenten führt das derzeit zu Unsicherheit. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie werden E-Autos gefördert?
Für rein batterieelektrische Fahrzeuge unter einem Listenpreis von netto 40.000 Euro können derzeit bis zu 9000 Euro an Förderung beantragt werden. Die Grundförderung ist dabei der Umweltbonus, der bereits seit 2016 gezahlt wird. Bund und Hersteller schießen hierbei jeweils 3000 Euro zu.
Im Zuge der Corona-Pandemie hat der Bund mit der Innovationsprämie seinen Anteil verdoppelt. Gefördert werden auch die unter Umweltgesichtspunkten umstrittenen Plug-in-Hybride, die sowohl einen Verbrennungsmotor als auch eine Batterie beinhalten. Bis zu 4500 Euro schießt der Bund für den Kauf zu. Auch bei Leasingmodellen und jungen Gebrauchtwagen gibt es die Förderung.
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Wie lange gibt es die Förderung noch?
SPD, Grüne und FDP wollen die Förderung ab dem kommenden Jahr reformieren – die Prämie kostet in ihrer jetzigen Form den Staat und damit den Steuerzahler viel Geld. Wie das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) unserer Redaktion auf Anfrage mitteilte, wurde die Förderung im Vorjahr für 625.262 Fahrzeuge beantragt – und schlug mit mehr als drei Milliarden Euro zu Buche.
Zum Vergleich: 2020 wurden rund 650 Millionen Euro ausgezahlt, 2019 98 Millionen Euro. „Die Einführung der Innovationsprämie im Juni 2020, mit der der Bundesanteil am Umweltbonus verdoppelt wurde, ließ die Nachfrage an dem Förderprogramm noch einmal rasant steigen“, begründete ein Bafa-Sprecher den deutlichen Anstieg.
Die Innovationsprämie läuft planmäßig zum 31. Dezember 2022 aus. Der Umweltbonus soll bis Ende 2025 weiterlaufen, allerdings sollen die Modalitäten verändert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet derzeit an einer Überarbeitung der Förderbedingungen.
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Wie lang sind die Lieferzeiten?
An Nachfrage mangelt es den Autobauern nicht: „Die Auftragsbestände sind so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr“, sagte VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit. Allerdings fehlt es den Zulieferern und Herstellern weiterhin an Material, vor allem an den begehrten Halbleitern.
Manche Autobauer fokussieren sich derzeit auf ihre hochpreisigen Kassenschlager, die am meisten Marge abwerfen. Auf günstigere Modelle muss man dagegen oft lange warten. Beim VW ID.3 etwa kann es derzeit bis zu zehn Monate dauern, ehe er ausgeliefert wird. Auf den Skoda Enyaq iV müssen Kundinnen und Kunden laut dem Vergleichsportal carwow zwischen 12 und 15 Monate warten.
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Warum ist das ein Problem?
Wer die 3000 Euro Innovationsprämie einstreichen möchte, muss bei der Beantragung aufpassen: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Erstzulassung, nicht der Zeitpunkt des Kaufvertrags.
Wird ein heute bestelltes Auto also erst 2023 ausgeliefert, ist unklar, wie es dann um die Förderbedingungen bestellt sein wird und ob man die 3000 Euro Innovationsprämie noch mitnehmen kann. „Jeder, der sich in diesem Jahr für ein E-Fahrzeug entscheidet, sollte eine verbindliche Reservierung für die aktuelle staatliche Förderung erhalten“, fordert daher ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. „Eine spätere Auslieferung darf den Erhalt der Prämie nicht gefährden“, sagte Hillebrand unserer Redaktion. Die Bereitschaft zum Umstieg auf die Elektromobilität könne ansonsten sinken.
Auch VDA-Präsidentin Müller mahnt: „Änderungen der Förderrichtlinie oder Verzug bei den Lieferzeiten dürfen nicht zum Risiko für die Käuferinnen und Käufer werden.“ Es handele sich schließlich um grundlegende Fragen der Investitionsentscheidung.
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Wie könnte eine neue Förderung aussehen?
„Von 2023 an sollen nur noch Elektrofahrzeuge gefördert werden, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben“, teilte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums unserer Redaktion mit.
Vor allem für Plug-in-Hybride könnten sich die Rahmenbedingungen ändern. Denn laut Ministeriumsangaben soll der elektrische Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite für die neue Förderung definiert werden.
Ist eine Förderung überhaupt noch notwendig?
Die Autobauer fahren bereits wieder satte Gewinne ein. Toyota, größter Autohersteller der Welt, präsentierte am Mittwoch einen Nettogewinn von umgerechnet rund 17,4 Milliarden Euro für die vergangenen neun Monate bis Ende Dezember. Auch den deutschen Autobauern geht es wieder gut, sie erzielten zuletzt Rekordgewinne.
Warum sollte der Steuerzahler also weiter auf das prall gefüllte Konto einzahlen? Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer hält einen Anreiz zum Umstieg nach wie vor für gegeben – auch über das Jahr 2025 hinaus. „Andernfalls dürfte die Entwicklung deutlich abnehmen, die Menschen wieder eher zum Verbrenner oder Hybridauto greifen“, sagt er.
Denn selbst mit den durch den CO2-Preis steigenden Spritpreisen und technologischen Entwicklungen, die etwa die Batterien günstiger werden lassen würden, ließen sich bis 2026 nach den Berechnungen des Direktors des CAR-Center Automotive Research in Duisburg nur 4790 Euro einsparen. Damit würden Elektroautos weiter teurer als Verbrenner sein.
Dudenhöffer schlägt deshalb eine Reform vor: Anstatt weiter die E-Auto-Prämie zu zahlen, sollte der Kauf eines Neuwagens mit Verbrennungsmotor ab 2026 mit einem höheren Mehrwertsteuersatz, konkret 26 Prozent, belegt werden.