Berlin. Elektromobilität boomt. Doch in vielen Regionen muss die Fahrt gut geplant sein. So viele Gemeinden haben keine öffentliche Ladesäule.
Für die Elektromobilität war 2021 das Jahr des Durchbruchs. Rund 350.000 Autos mit Batterieantrieb dürften neu auf die Straßen gekommen sein. Der Marktanteil der Stromer verdoppelte sich binnen Jahresfrist auf 13 Prozent. Und doch haben noch viele Autofahrerinnen und Autofahrer Vorbehalte gegenüber der neuen Technologie, was vor allem an der noch immer nicht flächendeckenden Versorgung mit Ladesäulen liegen dürfte.
Dabei handelt es sich nicht nur um ein Gefühl. Aktuelle Zahlen der Bundesnetzagentur, die unserer Redaktion vorliegen, offenbaren das wahre Ausmaß des Problems.
So gibt es zum Stichtag 1. November zwar insgesamt 25.376 öffentlich zugängliche Ladeeinrichtungen mit 49.207 Ladepunkten für Elektroautos in der Bundesrepublik. Doch diese sind regional sehr ungleichmäßig verteilt. Ganze Landstriche sind den Zahlen zufolge elektromobiles Niemandsland. Weiterlesen: Wie E-Autofahrer 275 Euro im Jahr verdienen können
Wer das E-Auto laden will, braucht oft einen Anschluss zu Hause
Von den 10.796 Gemeinden in Deutschland verfügen genau 6516 über keine einzige Ladesäule für Stromer. Wer hier ein Elektroauto fahren will, muss sich eine Ladebox für Zuhause anschaffen – und die Reise in andere Regionen genau planen. Die Zahlen gehen aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Linke-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch hervor.
Besonders groß ist der Mangel den Angaben zufolge im Heimatbundesland des neuen Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP), Rheinland-Pfalz. Dort gibt es in 1962 der 2302 Gemeinden keine Elektro-Ladesäule. Zur Einordnung muss jedoch gesagt werden, dass das vergleichsweise kleine Bundesland nach der Gemeindereform in den 1970er-Jahren so viele rechtlich selbstständige Gemeinden behalten hat wie nirgendwo sonst in Deutschland. Lesen Sie auch: E-Autos: Die besten Modelle für jeden Geldbeutel
Linke-Fraktionschef Bartsch bemängelt angesichts dieser Zahlen ein „großes Ladesäulenversagen“. Der Umstieg auf E-Mobilität könne nicht gelingen, wenn Politik die Bereitstellung von Infrastruktur verschlafe. „Wenn mehr als jede zweite Gemeinde in Deutschland ohne öffentlich zugängliche Ladesäule ist, fehlt die Voraussetzung für den Umstieg, insbesondere in ländlichen Regionen.“ Jede Gemeinde müsse ans Netz.
Minister Wissing kreidet er eine „desaströse“ Bilanz in seiner Heimat Rheinland-Pfalz an. „Statt den Kauf von Elektroautos mit Milliarden zu subventionieren, muss die Bundesregierung Milliarden in ein bundesweites Ladesystem investieren“, fordert Bartsch. Mehr zum Thema: Deshalb sind Autos aktuell knapp und teuer
In Nordrhein-Westfalen ist die nächste Stromtankstelle nicht weit
Auch in der Heimat von Wissings Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) lässt sich das E-Auto nicht unkompliziert auftanken. In den 2056 bayerischen Gemeinden gibt es zwar die bundesweit meisten öffentlichen Ladepunkte – nämlich 10.147 –, aber 994 Gemeinden sind bislang nicht versorgt.
In Schleswig-Holstein fehlt in 859 der 1106 Gemeinden eine Lademöglichkeit, in Niedersachsen in 527 der 944 Gemeinden. Auch interessant: E-Auto oder Verbrenner - was ist günstiger? Ein Vergleich
Auch in Thüringen gibt es noch viel zu tun: 633 Kommunen gibt es, 491 haben keine für jeden zugängliche Stromtankstelle. In Brandenburg verfügen 279 der 417 Gemeinden über keine Lademöglichkeit.
Wem dagegen Nordrhein-Westfalen mit dem Elektroauto der Saft ausgeht, hat nur in acht der 396 Kommunen ein Problem.
Die Statistik der Bundesnetzagentur umfasst alle öffentlich zugänglichen Ladepunkte für Elektroautos mit einer Ladeleistung von mindestens 3,7 Kilowatt und einer Inbetriebnahme nach dem 17. März 2016. Lesen Sie auch: E-Auto kaufen: Wann sich der Wechsel lohnt