Berlin. Dank starker Förderung und höherer Reichweite: Immer mehr Verbraucher setzen auf Elektrofahrzeuge. Lohnt sich das? Ein Vergleich.
Die Zahl der Elektroautos auf deutschen Straßen wächst, die Technologie verbessert sich ständig. Lohnt es sich schon, ein Elektroauto zu kaufen? Was kosten E-Fahrzeuge im Vergleich zu Verbrennern? Was für Förderungen gibt es? Wie steht es um den Verbrauch? Experten bewerten den aktuellen Stand. Ein Überblick.
Wie stark sind E-Autos gefragt?
Im August wurden in Deutschland mit 28.860 fast so viele reine E-Pkw wie Diesel-Pkw (34.171) neu zugelassen. Jedes zehnte neue Auto fährt in diesem Jahr bereits elektrisch. Angetrieben wird dieser Hochlauf auch durch Fördergelder, den Ausbau der Elektro-Infrastruktur sowie hohe Spritpreise. Die Zahl der E-Fahrzeuge steigt hierzulande in diesem Jahr (gemeinsam mit Hybriden) erstmals auf über eine Million. Auch interessant: EU-Kommission will Aus für Benziner und Dieselautos bis 2035
„Vollelektrische Pkw gewinnen 2021 deutliche Marktanteile, die Nachfrage ist hoch“, sagt Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research in Duisburg unserer Redaktion. Ein Trend, der sich nach einer Studie von McKinsey weiter beschleunigen dürfte. Die Unternehmensberatung prognostiziert für das Jahr 2030 für ganz Europa einen Marktanteil bei E-Auto-Neuzulassungen von 75 Prozent.
Was kosten Elektro-Pkw?
Ob gut 22.000 Euro für einen Smart EQ, 30.000 für einen Renault Zoe Life bei den Kleinwagen oder knapp 35.500 Euro für den VW ID.3 und 44.000 Euro für Teslas Modell 3 in der Mittelklasse (Listenpreis mit Mehrwertsteuer): Wer über Deutschlands Straßen stromern will, muss wie auch bei Verbrenner-Autos fünfstellig investieren, meist jedoch etwas mehr.
Den wirtschaftlichen Vergleich zu Verbrennern brauchen die E-Autos dennoch nicht mehr zu scheuen, analysiert der ADAC. Die Experten bewerten für ihre Vollkostenberechnung Faktoren von der Anschaffung bis zur Förderung und kategorisieren Modelle mit ähnlicher Motorleistung und Ausstattung. Am Ende steht je nach Laufleistung im Jahr der Cent-Betrag pro Kilometer.
So fährt etwa nach ADAC-Test der Mini Cooper SE Essential bei 15.000 Kilometern im Jahr für 39,7 Cent pro Kilometer, während die Verbrenner-Version S ohne Rabatt auf 50,6 Cent kommt. Auch der VW ID.3 in seiner Pro Performance S-Version ist mit 46,9 Cent pro Kilometer günstiger unterwegs als ein VW Golf 1.5 eTSI Style DSG ohne Rabatt (52,2 Cent). Das Fazit der Tester: Rechne man alle Kosten eines Autos zusammen, „schneiden Elektroautos immer häufiger besser ab als Verbrenner“ – auch wegen der Förderprogramme.
Welche Förderungen gibt es?
Die Bundesregierung fördert den Kauf von E-Autos seit Juli 2020 mit der Innovationsprämie. 6000 Euro gibt es, wenn der Nettolistenpreis des Basismodells unter 40.000 Euro liegt – zusammen mit dem Herstelleranteil von 3000 Euro summiert sich die Förderung so auf bis zu 9000 Euro. Für Fahrzeuge zwischen 40.000 und 65.000 Euro gibt es noch maximal 7500 Euro. Insgesamt beantragten die Deutschen im ersten Halbjahr für 273.614 Fahrzeuge Prämien, das Bundeswirtschaftsministerium vergab in der Zeit 1,25 Milliarden Euro. Das Programm läuft bis Ende 2025.
Was kostet eine Ladung für E-Autos?
Die Entwicklung der Kraftstoffpreise für Benzin und Diesel kennt in diesem Jahr nur eine Richtung: nach oben. Ursachen sind die steigenden Ölpreise sowie die CO-Bepreisung. Aktuell kostet der Liter E10 zwischen 1,50 und 1,60 Euro. Unübersichtlich ist dagegen der Preis pro Kilowattstunde (kWh). Beispiele: Der Smart EQ forfour verbraucht nach Herstellerangaben unter Laborbedingungen im offiziellen Messverfahren WLTP auf 100 Kilometern zwischen 16 und 18 kWh. Bei Teslas Model 3 sind es 16 kWh.
Den Strom dafür gibt es entweder aus der heimischen Dose oder an den rund 46.000 bei der Bundesnetzagentur registrierten Normal- und Schnellladepunkten von Hunderten Betreibern. Bei Letzteren unterscheiden sich die Preise nach Tarif und Betreiberdichte vor Ort. 35 Cent pro kWh (bei 16 kWh Verbrauch auf 100 Kilometern 5,60 Euro) sind möglich, allerdings auch 70 Cent (11,20 Euro). Der ADAC rechnet aktuell mit einem Durchschnittspreis sowohl zu Hause als auch an öffentlichen Ladesäulen von 36 Cent pro kWh.
CAR-Direktor Dudenhöffer kritisiert diese „wilde Preisstruktur“, spricht von „Preiswirrwarr“ und warnt, dass die Unterschiede von Betreiber zu Betreiber schlecht für die Akzeptanz der Technik seien. Auch der ADAC sieht Nachbesserungsbedarf. „Das Laden eines Elektrofahrzeugs darf nicht komplizierter sein, als es heute das Tanken ist. Deshalb sollte ein Rahmen gesetzt werden, der verbraucherfreundliches Laden ermöglicht.“ Noch mangele es an ausreichender Preistransparenz vor und nach dem Ladevorgang, insbesondere fehlten oft Angaben an der Ladesäule selbst.
Wann gibt es mehr Preistransparenz?
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) plant beim Vergleich zwischen den Energieträgern Abhilfe. Tankstellen mit mehr als sechs Zapfsäulen müssen ab dem 1. Oktober über die Kosten in Euro auf 100 Kilometern informieren, das BMWi vergleicht etwa Super E10, Diesel und Strom. Lesen Sie auch: Automesse IAA in München – wie China den Automarkt aufmischt
Das Ergebnis: Kleinwagen bzw. die Kompaktklasse fahren derzeit elektrisch für 4,74 Euro (Verbrenner mit Super E10 für 8,92 Euro), Mittel- und Oberklasse fahren elektrisch für 4,84 Euro (Super E10 für 11 Euro).
Diese Durchschnittspreise wurden vom Kraftfahrt-Bundesamt für das zweite Quartal 2021 ermittelt. Der Ladestrompreis für E-Fahrzeuge entspräche dem Durchschnittspreis für Ladestrom am Haushaltsanschluss. Das BMWi will weiter genau beobachten, „wie sich diese Darstellung in der Praxis bewährt“.
Wie bezahlt man an Ladesäulen?
Neben der Preistransparenz entzündet sich auch beim Bezahlen an der Ladesäule Kritik. Teils sind gesonderte Registrierungen in Spezialsystemen oder eine Ladekarte erforderlich, statt flächendeckend mit Debit- und Kreditkarten zu bezahlen.
Die Bundesregierung hatte ihre Ladesäulenverordnung im Mai entsprechend überarbeitet, sodass öffentliche Ladesäulen, die ab dem 1. Juli 2023 in Betrieb gehen, kontaktlose Zahlungen mit mindestens einem gängigen Debit- und Kreditkartensystem ermöglichen müssen. Ob diese Novelle in Kraft tritt, entscheidet am Freitag der Bundesrat.
Wie weit fährt ein E-Auto mit einer Batterieladung?
Neben der Lade-Infrastruktur war es die geringe Reichweite, die Autokäufer zuletzt am E-Auto zweifeln ließ. Dank verbesserter Batterietechnik ändert sich das: „200 bis 300 Kilometer sind inzwischen schon Standard, im höheren Preissegment 500 Kilometer und mehr“, sagt Ferdinand Dudenhöffer.
Auch der ADAC nennt „reale Reichweiten“ von über 300 Kilometern möglich. Die Kundenerwartung in puncto Reichweite ist dagegen eine andere. Laut der zehnten Ausgabe der Aral-Studie „Trends beim Autokauf“ aus diesem Jahr nennen die Befragten im Schnitt eine Mindestreichweite von 680 Kilometern als Voraussetzung, wenn keine Umweltprämie lockt.
Werden E-Autos in Zukunft günstiger?
Eine Studie von Bloomberg New Energy Finance im Auftrag der NGO Transport Environment sieht einen Zeitraum zwischen 2025 und 2027, in dem die Herstellung von E-Pkw und E-Transportern in allen Fahrzeugklassen billiger sein wird als bei Verbrennern – wenn die Preise für Batterien fallen. Hintergrund: VDA-Chefin Müller: „Wandel zur E-Mobilität wird Jobs kosten“
Dudenhöffer nennt zudem Skalierungen und Produktinnovationen als Gründe für kostengünstigeres Produzieren, was sich jedoch aufgrund der Nachfrage vorerst nicht auf die Preise auswirke. „Die dürften noch einige Jahre hoch bleiben, erst nach 2025 wird es preisgünstiger.“