Berlin. Elektro-Fahrzeuge stoßen zunehmend auf Interesse – um Abgase zu reduzieren. Auch Kosten und Netzabdeckung sind entscheidend.

Jeder vierte Verbraucher kann sich laut Umfragen vorstellen, ein E-Auto zu kaufen. Wer elektrisch fährt, will meist die Umwelt schonen. Staat und Hersteller fördern das mit bis zu 9000 Euro pro Fahrzeug. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass sich die Anschaffung auch ökonomisch lohnt. Was also spricht aktuell für die Anschaffung eines Elektroautos – und was immer noch dagegen?

Ausgangslage: Die Zeit des Verbrenners geht zu Ende

Vor Wochen erst hat der Bundestag die Klimaschutzziele verschärft: Allein im Verkehr soll der Ausstoß an Kohlendioxid in den kommenden zehn Jahren fast halbiert werden. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn die Spritpreise kräftig steigen.

Wahrscheinlich werden Verbrenner auch nicht mehr überall fahren dürfen. Vorbilder gibt es bereits: In London und Paris etwa müssen Diesel und Benziner ab 2030 draußen bleiben. Auch die EU fordert ein Aus für neue Verbrenner bis 2035.

Was folgt daraus? Schon bald wird es deutlich schwerer, ein Auto mit Verbrennungsmotor weiterzuverkaufen. Verkäufer müssen mit einem empfindlichen Wertverlust rechnen.

Elektroautos sind inzwischen erschwinglich

Das meistverkaufte Elektroauto im Jahr 2020 war ein Renault. Aber der Renault Zoe, der etwa so groß ist wie ein VW Polo, kostet mindestens 30.000 Euro. Das ist ungefähr doppelt so teuer wie ein Verbrenner.

Käufer eines E-Autos bekommen deshalb eine staatliche Prämie von bis zu 9000 Euro – an der sich auch die Hersteller beteiligen müssen. Das macht die Anschaffung deutlich günstiger. Damit ist das größte Problem, die hohen Anschaffungskosten, der Elektromobilität behoben. Das Programm soll in Kürze bis 2025 verlängert werden.

Auf lange Sicht fahren Besitzer von Elektroautos dann sicher in die Gewinnzone: dank geringerer Wartungs- und Stromkosten – sowie der Befreiung von der Kfz-Steuer bis 2030. Wer seinen Strom selbst produziert, profitiert besonders. So weit der langfristige Ausblick.

Die Probleme liegen im Jetzt: Während Besitzer von Solarpaneelen Strom für etwa 10 Cent pro Kilowattstunde produzieren, stellen Energieversorger beim Laden über eine Wallbox zwischen 26 und 29 Cent in Rechnung – und an Schnellladesäulen an Autobahnen im ungünstigen Fall auch 79. Hier müssen E-Auto-Besitzer genau hinschauen.

Zur Einordnung: Ein E-Auto verbraucht grob gesagt zwischen 15 und 30 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Im schlimmsten Fall liegen die Stromkosten also bei rund 20 Euro pro 100 Kilometer.

Die Reichweite als Problem

Je nach Fahrweise sind 250 Kilometer Reichweite in der elektrischen Kompaktklasse realistisch. Die aktuelle Technik kann auch mehr, doch dann steigen die Anschaffungskosten schnell über 50.000 Euro. Mit steigenden Stückzahlen und neuen Fabriken werden die Kosten in Zukunft sinken.

Das gilt auch für den hohen Energie- und Rohstoffbedarf bei der Batterieproduktion. Die verhagelt den Stromern zurzeit noch etwas die Ökobilanz. Die wird besser, je mehr Strom statt Benzin getankt wird. In den nächsten Jahren profitieren Fahrer zudem davon, dass der deutsche Strommix immer grüner wird.

Elektroautos sind bislang überwiegend mit Lithium-Ionen-Akkus unterwegs. Die Batteriehersteller wollen noch weiter optimieren und so etwa 50 Prozente mehr Reichweite bei gleicher Größe rausholen. Mit der Zeit verlieren die Batterien aber an Kapazität.

An Schnellladesäulen an Autobahnen ist der Strom oft teuer – hier muss man beim Laden genau hinschauen.
An Schnellladesäulen an Autobahnen ist der Strom oft teuer – hier muss man beim Laden genau hinschauen. © iStock

Autohersteller übernehmen Garantien häufig nur für drei Viertel der ursprünglichen Reichweite und für acht Jahre oder 160.000 Kilometer – je nachdem, was schneller eintritt. Ein Reichweitenverlust von bis zu 25 Prozent kann den Wochenendausflug aber schon stressig machen.

Die geringe Reichweite aktueller E-Autos ist besonders ärgerlich, weil es so schwer ist, unterwegs eine günstige Ladesäule zu finden. Der Strompreis hängt oft stark davon ab, welche Kundenkarte oder App der Kunde nutzt. Wer nicht die passende dabeihat, bekommt gar keinen Strom. Manchmal funktionieren Ladesäulen auch einfach nicht. Man braucht also immer eine Reserve, um notfalls zur nächsten fahren zu können.

Das E-Auto verliert seinen Wert schneller als bisherige Autos

Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen Feststoffbatterien das Rennen machen – mit erheblichen Fortschritten bei Reichweite und Langlebigkeit. Diese können einem heutigen E-Auto-Käufer teuer zu stehen kommen: Wer kauft in fünf Jahren noch den Gebrauchten mit einer Reichweite von unter 200 Kilometern, wenn in den Schaufenstern bezahlbare Neuwagen ohne Probleme mit der Reichweite stehen?

Welche Entscheidung ist jetzt die richtige?

Für Käufer, die auf E-Mobilität setzen wollen, könnte Leasing eine Option sein. Die Kosten stehen vorab fest, das Risiko des übermäßigen Wertverlustes trägt meist der Händler. Aber Achtung bei der Rückgabe: Kunden werden bei Schäden am Auto vom Händler zur Kasse gebeten – das kann sehr teuer werden!

Beim Kauf könnte es sich lohnen, noch zu warten. Wer ein paar Jahre auf einen gebrauchten Verbrenner setzt und erst dann ein Elektroauto kauft, kann das finanzielle Risiko erheblich verringern. Der Gebrauchte kann ruhig zehn Jahre alt sein.

Viele Verbrenner sollten eine Laufleistung von über 200.000 Kilometern erreichen – zumindest bei regelmäßiger Wartung. Das kann sogar ökologisch sein, denn auch bei der Produktion neuer Autos entstehen viele Treibhausgase.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.