Hamburg. Seit Jahren laufen die Verhandlungen – bislang ergebnislos. Gewinn der HHLA steigt unterdessen unterm Strich um 175 Prozent.
Wenn Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in diesen Tagen auf die Geschäftsergebnisse der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) schaut, dürfte seine Laune zwischen Sekt oder Selters schwanken. Einerseits hat Hamburgs bedeutender Hafenkonzern am Donnerstag eine überraschend starke Halbjahresbilanz vorgelegt: Die Umsatzerlöse stiegen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 12,8 Prozent auf 709,2 Millionen Euro, der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) um 63,2 Prozent von 55,5 auf 90,5 Millionen Euro.
Unterm Strich stand ein Ergebnis von 38,8 Millionen Euro. Das sind 175 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2020. Andererseits wird Tschentscher feststellen, dass der außerordentliche Gewinnsprung zu einem wesentlichen Teil auf einem kurzzeitigen Effekt beruht, der nicht dauerhaft sein wird, und dass das eigentliche Kerngeschäft, der Hafenumschlag, weiterhin eher auf der Stelle tritt.
Hafenfusion in Hamburg: Seit Mitte 2018 laufen Verhandlungen
Sicher ist, dass sich der Bürgermeister die Zahlen genau anschauen wird. Zum einen weil die Stadt 69 Prozent an der HHLA hält und der Senat sie deshalb als verlängerten Arm seiner Hafenpolitik sieht. Zum anderen ist Tschentschers Interesse so groß, weil die HHLA vor einem möglichen Zusammenschluss mit dem einzigen direkten heimischen Konkurrenten Eurogate steht; eine Fusion, welche die Bündelung des Containerumschlagsgeschäfts in den deutschen Seehäfen zur Folge haben soll.
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Seit Mitte 2018 verhandeln die HHLA auf der einen Seite, und die Firma Eurokai und die Bremer Logistikgruppe BLG – die jeweils 50 Prozent an Eurogate halten – auf der anderen Seite über einen Zusammenschluss. 16 Mal haben sich die Vorstände der Unternehmen zu Verhandlungen getroffen, ohne substanzielle Ergebnis. Jetzt hat sich der Bürgermeister in das Verfahren eingeschaltet.
Unmut über die Verzögerungen
Nach Informationen des Abendblatts hat kurz vor den Sommerferien ein Treffen der Vorstandsvorsitzenden der HHLA, Angela Titzrath, mit Tschentscher im Hamburger Rathaus stattgefunden. Hintergrund waren die mehr oder weniger öffentlich geäußerten Vorwürfe der BLG und von Eurogate, dass der HHLA-Vorstand die Fusionsgespräche blockieren würde.
Auch bei den vier involvierten Behördenpräsides, Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos), Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), Bremens Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) und der Bremer Hafensenatorin Claudia Schilling (SPD) gibt es bereits Unmut über die Verzögerungen.
Beide Unternehmen verlieren seit vielen Monaten Marktanteile
Dem Bürgermeister legte Titzrath indes ein Schreiben aus dem März an Eurogate vor, mit dem sie forderte, dass bis Mitte dieses Jahres „essenzielle“ Eckpunkte eines Gemeinschaftsunternehmens vorliegen sollen. „Es ist völlig abwegig anzunehmen, dass Frau Titzrath irgendetwas blockiert“, sagte ein HHLA-Sprecher. „Sie hat schließlich ursprünglich den Vorschlag einer Kooperation unterbreitet. Und sie hat immer wieder das Gespräch gesucht.“
Die Zeit drängt. Denn beide Unternehmen, die HHLA mit ihren drei Containerterminals in Hamburg und Eurogate mit den Terminals in Bremerhaven und Wilhelmshaven, verlieren seit vielen Monaten Marktanteile an die Konkurrenzhäfen in Rotterdam und Antwerpen. Mit einer Bündelung der Kräfte könnten die deutschen Terminalbetreiber dagegenhalten.
Einnahmen sind durch den Hafenumschlag kaum gestiegen
Die Zahlen, die die HHLA am Mittwoch vorgelegt hat, zeigen die Dringlichkeit einer Lösung zur Stärkung der HHLA: Denn obgleich der Welthandel boomt, sind die Einnahmen durch den Hafenumschlag kaum gestiegen. Der Containerumschlag ist im ersten Halbjahr nur um 0,7 Prozent auf knapp 3,37 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) gewachsen. Zum guten Ergebnis hat derweil der Weitertransport der Container auf der Schiene ins Hinterland beigetragen. Hier stieg der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um satte 33,4 Prozent auf 46 Millionen Euro.
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Damit zeigt sich: Die Bahntransportgeschäfte der HHLA machen inzwischen mehr als die Hälfte des Gewinns des Konzerns aus. Die HHLA hat aber auch von den durcheinander gewirbelten Schiffsfahrplänen und den anhaltenden Verspätungen der Frachter auf See profitiert, weil dadurch die Lagergelder für die Ladung anstiegen.
Pandemiebedingte Verspätungen von Schiffsabfahrten
Neben den pandemiebedingten Verspätungen von Schiffsabfahrten trug auch die Blockade des Suezkanals im März zu längeren Verweildauern der Container im Hafen bei – und damit zu höheren Lagergeldumsätzen. Das Betriebsergebnis (Ebit) der Hafenlogistik erhöhte sich vor diesem Hintergrund um 72,1 Prozent auf 63,4 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2020 waren es nur 36,8 Millionen Euro gewesen.
Dennoch befindet sich die HHLA in einer schwachen Position: Die großen Reedereikonglomerate drohen mit dem Abzug von Ladung, wenn die Umschlagspreise nicht sinken. Die Reeder spielen so die deutschen Häfen gegeneinander aus. Die westlichen Konkurrenzhäfen haben geringere Lohnkosten als die HHLA und können ihre Umschlagsleistung billiger anbieten.
Tschentscher steht Hafenfusion positiv gegenüber
Tschentscher weiß das. Deshalb steht er einem Zusammenschluss mit Eurogate grundsätzlich positiv gegenüber. Bei dem Gipfeltreffen mit Titzrath vor wenigen Wochen wurde vereinbart, mehrere Gutachten unter anderem bei Roland Berger abzuwarten, die derzeit erstellt werden.
Dabei geht es darum, die beiden Unternehmen zu bewerten, denn vieles hängt an der Frage wer am Ende, wie viele Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen hält. Eurogate drängt auf eine 50-Prozent-Teilung. Das Bremer Unternehmen hat zur Sicherheit noch ein eigenes Gutachten beim Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) in Bremen in Auftrag gegeben. Die HHLA erfuhr davon aus der Presse.
Vor den Ergebnissen der Gutachten will sich der Senat nicht konkret äußern. So sagt Wirtschaftssenator Westhagemann dem Abendblatt lediglich: „Aktuell ist das noch eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Beide Unternehmen müssen jetzt diese Unbekannten zügig mit Inhalt füllen.“ Aber weitere Gespräche mit dem Bürgermeister sind geplant. „Es ist die Aufgabe des Unternehmens, seinen Mehrheitseigentümer kontinuierlich über Projekte wie eine Kooperation im Containerumschlagsgeschäft zu informieren“, sagte der HHLA-Sprecher.
Die Anleger hat die auf den ersten Blick positiv wirkende Geschäftsentwicklung der HHLA wenig überzeugt. In einem insgesamt freundlichen Börsenumfeld verlor die Aktie am Mittwoch bis zum Nachmittag rund sechs Prozent.