Berlin. Die Elektromobilität boomt: Immer mehr E-Autos kommen auf die Straße. Doch wohin mit all den alten Batterien, die bald anfallen?

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Im April sind 50.800 Autos mit Elektromotor neu auf die Straßen in Deutschland gekommen, vollelektrisch oder mit Hy­bridantrieb. Damit stellt die neue Antriebstechnik den Diesel in den Schatten, nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes wurden im vergangenen Monat 50.200 neue Selbstzünder zugelassen.

Die Elek­tromobilität setzt nach einem langsamen Start zum Siegeszug an. Damit wird eine Frage immer drängender: Wohin mit den Hunderte Kilo schweren Batterien, wenn sie nach einigen Jahren ausgedient haben?

Der Umgang mit dieser Art des Elektroschrotts ist klar geregelt. Die Entsorgungskosten für das je nach Modell 200 bis 700 Kilogramm schwere Herzstück jedes Elektroautos trägt das Unternehmen, dass eine Batterie in Umlauf bringt. Die Kosten dafür sind also schon im Kaufpreis eines E-Autos enthalten.

E-Auto: Fast die Hälfte wandert bislang auf die Deponie

Eine europäische Richtlinie gibt auch die Quote der Wiederverwertung vor. „Die Recyclingbetriebe müssen aus den Altbatterien mindestens 50 Prozent Sekundärrohstoffe generieren“, erläutert Falk Petrikowski, der beim Umweltbundesamt (UBA) für das Thema zuständig ist. Derzeit liege die tatsächliche Quote leicht darüber. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass fast die Hälfte der Rohstoffe auf eine Deponie wandert.

Das ist ein großer Schwachpunkt der als umweltfreundlich gepriesenen Elektromobilität, zumal schon die Förderung des wichtigen Batteriebestandteils Lithium reichlich Umweltschäden verursacht. Derzeit bereitet die EU eine Novelle der über 20 Jahre alten Richtlinie vor. Das UBA hofft auf eine deutlich bessere Verwertung der Abfälle. „Wir müssen es schaffen, zu einer echten Kreislaufwirtschaft zu kommen“, fordert Petrikowski.

Technisch ist vieles möglich. Eine Variante ist ein zweites Leben für die Altbatterien aus E-Mobilen in Stromspeichern. An Tagen mit wenig Wind und Sonnenschein wären sie ein wichtiger Puffer im Stromnetz. Nach Angaben des Automobilclubs ADAC würden die Speicher dann erst nach rund 20 Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Lesen Sie hier: Stellantis – Diese Automarken gehören zum Megakonzern

Elektromobilität: Technisch ist viel möglich beim Recycling

Die zweite Variante ist das Recycling. Da werden wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Grafit noch nicht ausreichend wiedergewonnen. Die bislang vorgeschriebene Verwertungsquote können die Entsorgungsbetriebe schon mit der Entfernung des Gehäuses und der Komponenten erreichen.

Doch technisch ist weit mehr möglich. Auf 95 Prozent Verwertung bei Nickel und Kobalt kommt beispielsweise das belgische Unternehmen Umicore bei den Batterien. Auch die Autohersteller forschen an der Wieder- oder Weiterverwertung der Rohstoffe.

Einig sind sich die Experten darin, dass die Elek­tromobilität ohne einen effizienten Rohstoffkreislauf beim Antrieb keine ökologische Erfolgsgeschichte wird. Doch schon mit einheitlichen Standards, etwa Informationen über die Beschaffenheit der Batterien, tut sich die Industrie schwer. Ein „Batterie-Pass“, über den in Europa nachgedacht wird, könnte zumindest dieses Problem lösen.

E-Mobiltiät: VW will in Testanlage jährlich 1500 Tonnen Batterien recyceln

Exakte Angaben über das Aufkommen an Batterien aus E-Autos gibt es noch nicht – schließlich kommen Elektroautos im großen Stil erst seit kurzer Zeit auf die Straße. Ihr Anteil geht in der Statistik über das gesamte Aufkommen an Batterieabfällen unter.

Auf insgesamt rund 10.000 Tonnen summierte sich dieser Schrottberg im vergangenen Jahr. Mit der wachsenden Verbreitung der E-Mobilität – vom Pedelec über den Dickschiff-EQS von Daimler bis hin zu Bussen mit E-Antrieb – wird allerdings auch ein Berg an Altbatterien in der Autoindustrie heranwachsen.

VW liefert immer mehr E-Autos wie den ID.3 und ID.4 aus. Mit den Modellen will der Hersteller die Wende zur Elektromobilität meistern.
VW liefert immer mehr E-Autos wie den ID.3 und ID.4 aus. Mit den Modellen will der Hersteller die Wende zur Elektromobilität meistern. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jan Woitas

Einen Schritt nach vorne will Volkswagen in Salzgitter gehen. Auf dem Gelände des bestehenden Motorenwerks werden nicht nur Batteriezellen gefertigt – der Autokonzern probt dort seit Januar auch das Recycling der Batterien. Zunächst will VW dort jährlich 1500 Tonnen Hochvoltbatterien ausschlachten.

Derzeit kommen sie vor allem aus Testautos. Später könne das System auf größere Mengen skaliert werden, sagte VW-Vorstand Thomas Schmall kürzlich.

Elektro-Auto: Große Recyclinganlage wird in wenigen Jahren benötigt

Ziel sei ein geschlossener Wertstoffkreislauf. VW will teure und teilweise schwer abbaubare Elemente wie Lithium, Nickel, Kobalt, Mangan und Aluminium in neue Batterien einbauen können. Der Hersteller strebt eine Recyclingquote von 90 Prozent an. Verläuft die Elektroauto-Revolution wie geplant, werde eine große Anlage ab 2025 oder 2026 nötig.

Bei der Wiedergewinnung der Rohstoffe geht es zudem nicht nur um die Ökobilanz der Elektromobilität, sondern auch um Versorgungssicherheit. Die Lithium-Ionen-Batterien setzen sich aus einer Vielzahl teils seltener Rohstoffe zusammen. Lithium, abgebaut etwa in südamerikanischen Tagebauen, stellt nur zwei Prozent der Zutatenliste.

Bei den wichtigen, seltenen Erden etwa kamen zuletzt 98 Prozent der in der EU verwendeten Menge aus China. Mit einer „Batterie-Allianz“ will sich die Industrie aus dieser Abhängigkeit lösen – und schon 2025 rund 80 Prozent des Lithiums aus europäischen Quellen beziehen.