Berlin. Rabatte, Erstzulassungen oder Autotausch: Hersteller nutzen viele Möglichkeiten, um Kunden zu gewinnen. Oft profitieren beide Seiten
Das Angebot kommt überraschend. Die Chefin einer Werbeagentur fährt seit zwei Jahren einen schwarzen Tesla Model 3 als Firmenwagen. Ende März erhält die Geschäftsführerin einen Anruf des Autobauers, ob sie ihr Fahrzeug gegen ein neues mit größerer Batterielaufleistung eintauschen mag. Zusatzkosten für sie unterm Strich: 4000 Euro. Voraussetzung: Der Deal muss vor April abgeschlossen werden.
Die Besitzerin zögert nicht lange, sagt zu. Der Vertrag wird per Mail fixiert. Tesla nimmt ihren gut gepflegten Wagen für 42.000 Euro in Zahlung. Die Kundin beantragt zudem die Elektro-Umweltprämie über 5000 Euro beim Staat. Schon ist das neue Auto finanziert. Der Wagen steht wenige Tage später vor ihrer Haustür, ihr alter wird gleich mitgenommen.
Tesla bietet Kunden Autotausch an
Tesla biete seinen Kunden immer wieder mal an, nach einem Produkt-Update die neue Variante zu erwerben, heißt es aus dem Unternehmen zu der Aktion. Positiver Nebeneffekt: Mit dem Tausch ist ein Neuwagen mehr verkauft, der in der Zulassungsstatistik für Tesla positiv zu Buche schlägt. Die Kundin ist glücklich mit dem aktuelleren Modell. Eine Win-win-Situation.
Die Autobauer finden immer neue Wege, ihre Verkaufszahlen nach oben zu treiben. Allein im März gewährten traditionelle Hersteller wie VW, BM, Daimler, Toyota, Renault und Co. ihren Kunden in der Spitze Rabatte bis zu 26 Prozent für E-Autos und Plug-in-Hybride. Inklusive Umweltprämien konnten Kunden dadurch Neuwagen um bis zu 46 Prozent unterm regulären Listenpreis erwerben.
Hohe Rabatte für Kunden durch Eigenzulassungen von Händlern
Auch beliebt: Über den Schachzug der Eigenzulassungen werden Neuwagen über Autohändler nach wenigen Wochen mit kaum Kilometern auf dem Tacho, aber üppigen Rabatten als Vorführwagen an die Kunden weitergereicht.
"Das ist das Brot- und Buttergeschäft eines Autoverkäufers, das viele Spielarten kennt", meint der Autoexperte Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM). "Indirekt stehen dahinter die Hersteller, die ihren Neuwagenabsatz ankurbeln wollen." Denn hier geht es nicht nur um Absatzsteigerungen, sondern auch um Macht und Marktanteile.
Mehr als jedes vierte Auto wird vom Handel selbst zugelassen
Allein im ersten Quartal haben VW, Mercedes, BMW, Toyota oder Opel mehr als jedes vierte ihrer Fahrzeuge in Deutschland als Eigenzulassung in den Markt gebracht, wie die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zeigt.
Gleichzeitig wurde beispielsweise bei VW nur ein Drittel aller verkauften VW zwischen Januar und März von privaten Haltern zugelassen, der größte Anteil erfolgte durch gewerbliche Halter, zu denen auch Handel und Hersteller zählen.
Tesla verkauft alle Autos übers Internet ohne Rabatte
Der US-Hersteller Tesla setzt dieses absatzfördernde Instrument dagegen nicht ein. Tesla bietet aus Prinzip keine Rabatte. Die Preise sollen für jeden Käufer transparent sein, heißt es im Unternehmen. Alle Fahrzeuge werden nur übers Internet zu Fixpreisen verkauft.
Autotauschaktionen dürften dennoch für Tesla eine Spielart sein, den Absatz anzukurbeln. In Deutschland ist der US-Autobauer zwar klar auf Wachstumskurs. 2019 wurden 11.000 Wagen verkauft, 2020 insgesamt 17.000. Doch: War Tesla vor zwei Jahren noch fast allein im Elektro-Mittelklasse-Segment, so wächst die Konkurrenz, die mit eigenen E-Modellen den Pionier angreift.
Unter den 64.694 zugelassenen, reinen Elektroautos kamen im ersten Quartal 2021 in Deutschland 6074 Fahrzeuge von Tesla – und damit 83,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allerdings schaffte es VW bereits, mit 16.220 Autos fast dreimal so viele E-Fahrzeuge zuzulassen.
Trotz seines Erfolgs wächst damit auch für den Elektro-Auto-Pionier die Herausforderung, seine Produktionskapazitäten in den USA und China von rund einer Million Fahrzeugen auszulasten. "Hier herrscht großer Verkaufsdruck. Und dieser wird mit jedem neu eröffneten Tesla-Werk größer", meint Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research.
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Über Carsharing und Auto-Abos kommen mehr Autos in den Markt
Erstzulassungen und Autotausch sind nicht die einzigen Methoden, die Absätze zu erhöhen. Viele Hersteller stellen Autovermietern ganze Flotten für einige Monate zu günstigen Konditionen zur Verfügung, sagt Autoexperte Bratzel.
"Dasselbe gilt fürs Carsharing in Eigen- oder unter Fremdregie. Manche Unternehmen bieten ihre Firmenwagen für Mitarbeiter schon nach wenigen Monaten wieder zum Verkauf." Zudem verkaufen Hersteller Neuwagen an ihre Mitarbeiter zum Vorzugspreis, die diese als Jahreswagen dann weiterverkaufen.
Neuer Absatzhit bringt Vorteile für Fahrerinnen und Fahrer
Der neue Absatzhit sind Auto-Abonnements. Dabei treten jetzt auch Discounterketten oder Kaffeefilialisten als Vermittler auf. "Die Abo-Modelle werden mittelfristig die Eigenzulassungen ablösen", ist Dudenhöffer überzeugt. Autos zu abonnieren sei für Verbraucher übersichtlich, da alle Kosten – mit Ausnahme des Sprits oder des Stroms – in der Flatrate enthalten sind. "Transparenter kann man ein Auto nicht fahren."
Und manche Angebote seien für Kunden sogar kostengünstiger als ein Kauf oder das Leasing eines vergleichbaren Autos inklusive aller Unterhaltskosten. Dudenhöffer erwartet zahlreiche neue Angebote – unter anderem von VW, Volvo, Toyota, Hyundai und Seat.
Alle Absatzmaßnahmen kosten die Hersteller Geld. Doch das Ziel und die Notwendigkeit ist klar, so Dudenhöffer: "Wichtig ist, dass die Autos auf die Straße kommen."
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