Hamburg. Homeoffice kann Rechnung für Heizung, Wasser und Abwasser um mehrere Hundert Euro in die Höhe treiben, warnt der Mieterverein.

Der Computer ist den ganzen Tag eingeschaltet, der Wasserverbrauch steigt, und die Heizkörper spenden von morgens bis abends Wärme – viele Hamburger Mieter müssen sich auf hohe Betriebskostennachzahlungen für das Corona-Jahr 2020 einstellen. Am stärksten betroffen sind Wohnungsbesitzer, die bereits seit dem Frühjahr ausschließlich oder fast durchweg von zu Hause aus arbeiten. Ihnen drohen Nachzahlungen von bis zu mehreren Hundert Euro. „Auf ein ganzes Jahr gerechnet könnten die Mehrkosten durch das Homeoffice für eine durchschnittlich große Wohnung zwischen 300 und 500 Euro betragen“, sagt Siegmund Chychla, der Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzende des Mietervereins zu Hamburg.

Die Zahl derjenigen, die mit der nächsten Jahresabrechnung vom Vermieter eine Zahlungsaufforderung über einen zusätzlichen dreistelligen Eurobetrag erhalten könnten, geht allein in der Hansestadt in die Hunderttausende: Drei Viertel der Hamburger Haushalte wohnen zur Miete. Von den insgesamt 960.000 Wohnungen in der Stadt gehören 720.000 nicht dem Bewohner, sondern einer Genossenschaft, einem Wohnungsunternehmen oder einem Privatvermieter. Zugleich arbeitet laut einer aktuellen Studie bundesweit derzeit gut ein Viertel aller Beschäftigten im Home­office. In Hamburg sind das umgerechnet also 250.000 Beschäftigte. Das treibt die Wohnkosten in die Höhe.

Auch die Wasser- und Abwasserrechnung wird höher ausfallen

Etwa beim Heizen. Die Vergleichsportale Verivox und Check24 prognostizierten unlängst höhere Ausgaben für Wärmeenergie und Warmwasser in Haushalten, deren Bewohner im Winter durchgängig daheim sind. Das gilt für alle Haushalte, doch in Mietobjekten wird der Verbrauch zumeist über die Nebenkosten abgerechnet – und muss dann auf einen Schlag bezahlt werden. Die Portale rechnen mit 30 bis 50 Euro Mehrkosten für einen Haushalt. Der Mietervereinschef macht eine andere Rechnung auf. „Ein Grad mehr Raumtemperatur kostet etwa sechs Prozent mehr Energie“, so Chychla. Bei 20,5 statt 18 Grad kämen da bei in Hamburg durchschnittlich 1,10 Euro Heizkosten pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat für eine 80-Qua­dratmeter-Wohnung im Gesamtjahr etwa 160 bis 180 Euro mehr zusammen.

Höher wird absehbar auch die Wasser- und Abwasserrechnung ausfallen, die Mieter ebenfalls zumeist über die Betriebskosten begleichen. Bei jeder Spülung der Toilette rauschen sechs bis sieben Liter Wasser in die Kanalisation. „Jede Person, die im Homeoffice statt im Büro arbeitet, verbraucht etwa sieben Kubikmeter pro Jahr mehr“, kalkuliert Chychla. Dafür werden in Hamburg mehr als 30 Euro zusätzlich fällig. Und um mehr als 60 Euro pro Jahr steigen absehbar die Stromkosten durch die Arbeit daheim, hat Check24 errechnet. Die jedoch werden meist mit dem Versorgungsunternehmen direkt abgerechnet.

Lesen Sie auch:

Auch Wohnungsunternehmen gehen davon aus, dass die Nebenkosten in diesem Jahr steigen. „Man muss kein Prophet sein, um das zu prognostizieren“, sagt Sebastian Schleicher, Vorstand der Baugenossenschaft der Buchdrucker eG in Hamburg.

Siegmund Chychla ist Vorsitzender des Hamburger Mietervereins.
Siegmund Chychla ist Vorsitzender des Hamburger Mietervereins. © Thorsten Ahlf | Thorsten Ahlf

Wie groß die Mehrbelastungen sein werden, ist für die Wohnungswirtschaft allerdings noch nicht absehbar. Der Heizenergie- und Wasserverbrauch wird in Mietwohnungen zumeist zu Beginn des Folgejahres ermittelt, die Abrechnungen werden dann ab dem Frühsommer verschickt. Neben einer kräftigen Nachzahlung für 2020 droht dann zudem eine Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen.

Hier können Sie den täglichen Corona-Newsletter kostenlos abonnieren