Hamburg. Abendblatt-Umfrage. In vielen Unternehmen wird für die Beschäftigten nach der Pandemie vieles anders sein als vor dem Virus.

Die Corona-Krise hat den Arbeitsalltag in Hamburger Firmen massiv verändert. Viele Dienstreisen mussten und müssen weiterhin ausfallen, zahlreiche Beschäftigte sind im Home­office, arbeiten in den eigenen vier Wänden.

Nach einer aktuellen Umfrage des Abendblatts unter mehr als einem Dutzend der größten Unternehmen in der Stadt, will das Gros der Firmen auch nach der Pandemie mehr Home­office anbieten und die Zahl der Dienstreisen reduzieren. Die Luftfahrtbranche in der Stadt sieht dies allerdings – zumindest bei den Dienstreisen – ein wenig anders. Dies kann kaum verwundern, basiert der Erfolg ihres Geschäftsmodells schließlich sehr stark auf Dienstreisen mit dem Flugzeug.

Jungheinrich und Aurubis
Beim Gabelstaplerbauer Jungheinrich will man auch in Zukunft Homeoffice in der Verwaltung verstärkt anbieten. Ziel sei es nun zu definieren, wie die Zusammenarbeit mit Smartphones, Video- und Telefonkonferenzen optimal funktionieren kann. Auch der Kupferhersteller Aurubis setzt auf die Arbeit in den eigenen vier Wänden: Die bestehende Regelung wird gerade überarbeitet. „Ziel ist es, grundsätzlich mehr Homeoffice zu ermöglichen“, so das Unternehmen. Beide Firmen wollen zudem die Zahl der Dienstreisen niedrig halten. „Wir erwarten eine dauerhafte Reduktion der Reisen“, heißt es von Jungheinrich. Für Aurubis gehören Dienstreisen zwar auch nach Corona „zur normalem Geschäftstätigkeit“. Die Krise habe aber auch gezeigt, dass in bestimmten Fällen Dienstreisen ersetzt werden könnten. Beschäftigte sollten künftig die Relevanz jeder geplanten Reise hinterfragen, „um Ressourcen effizient einzusetzen“.

Haspa und Volksbank
Im Bankenbereich ist die Tendenz zu einem höheren Homeoffice-Anteil eindeutig. „Die Haspa wird mobiles Arbeiten auch zukünftig verstärkt nutzen“, so die Sparkasse. Die Krise habe gezeigt, „dass wir fast alle wesentlichen Geschäftsprozesse auch dauerhaft mobil erbringen können“. Mit Blick auf die technische Ausrüstung dafür habe man „massiv aufgerüstet“. Bei der Hamburger Volksbank arbeiten aktuell 65 von insgesamt 445 Beschäftigten „dauerhaft mobil“, wobei sich ein Trend in Richtung einer künftig noch höheren Zahl abzeichne. Naturgemäß spielen Dienstreisen per Flugzeug bei den beiden regional tätigen Geldinstituten so gut wie keine Rolle, bei der Volksbank waren sie ohnehin nur mit besonderer Begründung gestattet. Generell soll es bei der Haspa in Zukunft noch weniger Dienstreisen geben als bisher.

Asklepios
Der Krankenhausbetreiber Asklepios spricht davon, dass sich das Arbeiten im Homeoffice in vielen Verwaltungsbereichen „sehr bewährt“ habe. Man prüfe nun, inwieweit das Arbeiten von zu Hause nach Corona sinnvoll und möglich sei. Zeitweise hat Asklepios die Zahl der Dienstreisen um fast 100 Prozent heruntergefahren. Auch wenn man nun analysiere, wie man künftig konkret mit Dienstreisen umgehe, steht bereits fest: Es soll „weniger als vor Corona“ geben.

Hapag-Lloyd
Auch die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd hat die Zahl der Dienstreisen massiv reduziert. Das Flugreiseaufkommen liegt nach Angaben eines Sprechers derzeit bei nahe null. Ob man künftig mehr, gleich viele oder weniger Dienstreisen antreten werde? Die Antwort ist unmissverständlich: weniger! Im Homeoffice sind bei Hapag-Lloyd weltweit noch rund 80 Prozent der Beschäftigten. In der Spitze waren es sogar 95 Prozent. Und wird es künftig mehr Homeoffice geben? Klare Antwort: ja!

Otto, Fielmann und Beiersdorf

Beim Onlinehändler Otto dürfen von dieser Woche an wieder bis zu 50 Prozent der knapp 5000 Mitarbeiter an ihre Arbeitsplätze in Bramfeld zurückkehren. „In den Abteilungen müssen vorher Belegungspläne abgesprochen werden“, sagte ein Firmensprecher. Angesichts der aktuellen Entwicklung könnte diese Quote auch wieder heruntergefahren werden. Das Unternehmen, in dem schon vor Corona mobiles Arbeiten stark genutzt wurde, erwartet, dass künftig noch mehr Kollegen von der Möglichkeit Gebrauch machen. Dienstreisen finden derzeit nur in sehr eingeschränktem Rahmen statt. Geschäftstreffen sollen weiterhin möglichst virtuell durchgeführt werden.

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Auch die Optikerkette Fielmann rechnet damit, dass mehr Mitarbeiter der Zentrale in Barmbek die digitalen Kanäle nutzen. Aktuell arbeitet mehr als die Hälfte von zu Hause. Dienstreisen, per Bahn, Flugzeug oder Dienstwagen, sind wieder möglich. Mittelfristig wird aber mit deutlich weniger Reisen gerechnet. „Der Anteil der Videokonferenzen wird höher bleiben, als er bislang war“, heißt es. Beim Hautpflegekonzern Beiersdorf arbeiten noch 70 Prozent der 2500 Beschäftigen in Hamburg, für die Homeoffice infrage kam, von zu Hause. Auch hier werden steigende Zahlen erwartet. Bis Ende des Jahres gelten verschärfte Dienstreisevorschriften. Eine Erweiterung der Dienstwagenflotte ist in keinem der Unternehmen geplant.

Bei Beiersdorf und Otto gelten bei der Nutzung der Kantinen spezielle Hygienekonzepte. So sind bei Otto Kantinenbesuche nur für Einzelpersonen erlaubt, bei Beiersdorf gibt es feste Essenszeiten und getrennte Restaurant-Ein- und Ausgänge. Alle Maßnahmen wurden vorsorglich bis Ende 2020 verlängert.


NXP und Philips
Zu Beginn der Corona-Krise haben fast alle Beschäftigten des Computerchip­entwicklers NXP in Hamburg aus dem Homeoffice gearbeitet. Für etliche von ihnen war das nicht neu, sagt Unternehmenssprecherin Birgit Ahlborn: „Viele unserer Büromitarbeiter haben in der Vergangenheit bereits sehr flexibel gearbeitet.“ Man gehe bei NXP davon aus, dass sich solche Arbeitsmodelle künftig noch ausweiten. Am Hamburger Standort des Elektronikkonzerns Philips befinden sich auch jetzt noch mehr als 50 Prozent der Belegschaft im Home­office, wobei nach Angaben des Unternehmenssprechers Sebastian Lindemann die „Zahl der Anwesenheiten“ in den Büros elektronisch begrenzt ist. Über den langfristigen Umgang mit der Homeoffice-Praxis soll voraussichtlich im nächsten Jahr entschieden werden.

Es werde dabei wohl um eine „maßvolle Ausweitung“ und um einen „sinnvollen Mix zwischen Arbeit zu Hause und im Büro“ gehen, so Lindemann. Die Zahl der Dienstreisen sei bei Philips um etwa 80 Prozent zurückgegangen und angesichts der Erfahrungen, die man mit „virtuellen Meetings“ derzeit mache, sei für die Zukunft eher mit einem Rückgang an Dienstreisen zu rechnen. Wie bisher soll für die Reisen das kostengünstigste Verkehrsmittel gewählt werden. Auch bei NXP erwartet man tendenziell eine Abnahme der Dienstreisen, die aktuell sogar nur in „eng definierten Ausnahmefällen“ erlaubt seien.

Airbus, Lufthansa Technik
und der Hamburger Flughafen

In der Luftfahrt gibt es bei den großen Unternehmen in Hamburg bezüglich der Dienstreisen eine klare Haltung. Zwar sind in der Corona-Krise solche Trips massiv reduziert worden. Bei Lufthansa Technik spricht man von mindestens 80 Prozent Rückgang auf das „unbedingt Betriebsnotwendige“, beim Flughafen von einem Herunterfahren auf „nahezu null“ und bei Airbus auf „ein Minimum“.

Allerdings wird die Zurückhaltung wohl nicht von Dauer sein. Mit der Lockerung der Reisebeschränkungen steige auch die Anzahl der Dienstreisen, sagte ein Airbus-Sprecher: „Als internationales Unternehmen lebt Airbus auch von Begegnungen seiner Mitarbeiter untereinander sowie mit Kunden, die nur durch Reisen ermöglicht werden können.“ Häufiger Bahn fahren als fliegen sei künftig nicht geplant.

Geflogen werde in der Regel auf Distanzen, bei denen das Auto wenig sinnvoll sei – wie nach Toulouse, dem anderen großen Produktionsstandort. Bei Lufthansa Technik teilt man diese Einschätzung. Künftig wolle man mit Dienstreisen so umgehen wie vor der Krise, sagte ein Sprecher: „Wenn Reisen sinnvoll sind, sollen Mitarbeiter auf Reisen gehen.“ Auch der Flughafen will künftig nicht häufiger auf die Bahn als aufs Flugzeug setzen. Ausschlaggebend blieben Effizienz-(Zeit) und Kostengesichtspunkte. Aktuell finde nur ein Bruchteil der Dienstreisen wieder statt.

Regelmäßig das Homeoffice nutzen am Flughafen zwei Drittel der Beschäftigten, die überhaupt von zu Hause arbeiten können. Früher waren es Einzelfälle. „Auf jeden Fall“ werde es künftig mehr Homeoffice geben, so eine Sprecherin. Bei Lufthansa Technik sind es in Deutschland mehr als 4000 Mitarbeiter, die von zu Hause arbeiten. Die Zahl sei seit Beginn der Corona-Krise recht konstant, so ein Sprecher. Insgesamt sei die Akzeptanz fürs Homeoffice gestiegen.