Hamburg. Corona-Krise macht auch Pella Sietas zu schaffen. Banken verweigern Hilfsgelder. Feierstunde zur Kiellegung eines Eisbrechers.
Bei Deutschlands ältester noch arbeitenden Werft, der Pella Sietas, wird am heutigen Donnerstag gefeiert: Nach monatelangen Beeinträchtigungen kann endlich wieder ein neues Schiff gebaut werden. Es findet die Kiellegung eines neuen für Russland bestimmten Eisbrechers statt. Dessen Baubeginn hatte sich um Monate verzögert, weil das Dock durch ein für den Bund bestimmtes Baggerschiff blockiert worden war. Das Schiff konnte aufgrund der Verschlickung des Werfthafens nicht zu Wasser gelassen werden. Jetzt ist der Schlick beseitigt und der Weg für den Neubau frei.
Doch nicht überall läuft es für Pella Sietas so rund. So steckt die Hamburger Werft seit Wochen in Nachverhandlungen mit den Stadtwerken Konstanz zum Bau einer neuen Bodenseefähre. Das Projekt kommt nicht weiter. Schon jetzt liegen die Verzögerungen bei mehr als einem Jahr. Ursprünglich sollte die Passagier- und Autofähre im Februar dieses Jahres an die Stadtwerke Konstanz übergeben werden, um zwischen Konstanz und Meersburg zu verkehren. Im Juni hieß es dann Februar 2021. Jetzt geht man vom Sommer 2021 aus.
Unerwartete Probleme
Zu den unerwarteten Problemen gehört die Corona-Krise: Der Vertrag sieht vor, dass das Schiff auf der Pella Sietas Werft in Neuenfelde in Sektionen so weit vorgefertigt wird, dass ein Transport über Wasser und Straße bis an den Bodensee möglich ist. Die Rumpfmontage und der Innenausbau erfolgen vor Ort. Da es aber an deutschen Ufern des Bodensees keine Werft mehr gibt, wurde die Montage ins österreichische Fußach verlegt. „Das ging gut, bis Corona kam“, sagt Werftchefin Natallia Dean. „Während des Lockdowns konnten wir und unsere Partnerfirmen keine Lieferungen und kein Personal an den Bauort bringen“, sagt Dean. Die Lieferschwierigkeiten hätten zu erheblichen Verzögerungen geführt.
Als schwierig erwies sich auch die Entwicklung des 18 Millionen Euro teuren Schiffs, das ein Prototyp darstellt. Das Schiff, das mehr als 60 Autos und 700 Passagiere transportieren kann, soll mit verflüssigtem Erdgas (LNG – Liquified Natural Gas) als Brennstoff fahren und somit einen deutlich reduzierten Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub aufweisen. „Das ist ein wirkliches Zukunftsprojekt, für das es keine Vorbilder und vor allem auch noch kein entsprechendes Regelwerk gibt. Viele technische Details mussten mit erheblichem Zeitaufwand erstmals mit den zulassenden Behörden abgestimmt werden“, so Dean.
Verzögerungen wegen Corona haben zu erheblichen Mehrkosten geführt
Schließlich wird ums Geld gestritten, denn die Verzögerungen wegen Corona und der Umplanungen haben zu erheblichen Mehrkosten geführt. Zwar hatte Pella Sietas finanzielle Hilfen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragt und wurde auch als förderwürdig eingestuft. Geld bekam die Werft dennoch nicht. „Es gibt bei diesem Hilfsprogramm einen großen Haken: Eine Geschäftsbank muss die Abwicklung des Kredites für die KfW übernehmen. Die Banken sind aber derzeit nicht gerade risikofreudig und in vielen Fällen kaum bereit, das Restrisiko aus einem öffentlichen KfW-Kredit zu tragen“, sagt Dean. „Das gilt insbesondere für die Werften.“
Ähnlich sieht des der Verband Schiffbau und Meerestechnik (VSM). „Covid-19 droht eine erfolgreiche Entwicklung abrupt zu stoppen und irreparable Schäden zu hinterlassen“, sagte er am Mittwoch zur Lage der deutschen Werften insgesamt.
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Umso größer ist bei Pella Sietas die Freude über den Neubauauftrag für den russischen Eisbrecher. Das finanzielle Volumen der Order liegt bei 100 Millionen Euro. Das knapp 120 Meter lange und 27,5 Meter breite Schiff soll zukünftig vor allem dazu eingesetzt werden, die Häfen und Wasserwege in der östlichen Bucht Russlands um Wladiwostok ganzjährig eisfrei zu halten. Ein großer Auftrag für die kleine Werft. Deshalb haben sich auch der russische Generalkonsul Andrei Sharashkin und Hamburger Behördenvertreter zur Feier angemeldet.