Hamburg. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann kündigt Kooperationen an und kritisiert Verbandspräsident Gunther Bonz scharf.
Für die deutschen Seehäfen galt schon lange vor Corona eine Regel: Abstand halten! Als Anfang des Jahrtausends der Bau des neuen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven geplant wurde, war Hamburg eingeladen, sich daran zu beteiligen. Die Hansestadt lehnte ab.
Man konzentriere sich auf die Elbvertiefung, verlautete damals aus dem Rathaus. Noch 2012 weigerte sich der damalige Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch auf einer Delegationsreise nach Asien, sich bei einer Messe in Shanghai vor dem Stand Wilhelmshavens fotografieren zu lassen. Denn dort stand der Konkurrent.
Hamburger Wirtschaftssenator begrüßt Hafen-Kooperation
Doch der Wind hat sich gedreht. Die deutschen Hafenbetreiber leiden inzwischen unter dem harten Wettbewerb in Nordeuropa und ihnen dämmert, dass die wahre Konkurrenz nicht im eigenen Land zu suchen sei sollte, sondern in Antwerpen und Rotterdam sitzt. Horchs Nachfolger, Michael Westhagemann (parteilos) leitet deshalb eine strategische Wende der Hamburger Hafenpolitik ein.
Im Gespräch mit dem Abendblatt verkündet er: „Wir müssen bei den Häfen anfangen, norddeutsch zu denken und nicht in Landesgrenzen. Die Welt hat sich verändert. Hat man früher von einer Zusammenarbeit abgesehen, ist sie heute notwendig geworden.“
Kooperationsgespräche zwischen HHLA und Eurogate
MMit ursächlich für das Umdenken in der Hafenstrategie dürften die langen Verhandlungen des Hamburger Hafenumschlagskonzerns HHLA mit der Reederei Hapag-Lloyd um einen neuen Vertrag zur Belieferung mit Ladung gewesen sein: „Als die HHLA vor einigen Monaten um einen neuen Vertrag mit der Reederei Hapag-Lloyd rang, saß der schärfste Wettbewerber nicht in Rotterdam und Antwerpen, sondern in Bremerhaven“, sagt Westhagemann.
Deshalb begrüße er jetzt, dass HHLA und Eurogate über eine Kooperation bis hin zur Fusion ihrer deutschen Containerterminals sprechen. „Ich finde es gut, dass HHLA und Eurogate derzeit Kooperationsgespräche führen.“ Westhagemann schob zugleich nach, dass er sich hier heraushalte: „Es ist klar, dass dies eine privatwirtschaftliche Entscheidung ist, keine politische.
Hohe Kosten und sinkende Betriebsgewinne, infolge der Corona-bedingten Handelsflaute setzen den deutschen Häfen zu. Aber schon vor der Pandemie waren sie unter Druck geraten, weil Rotterdam und Antwerpen ihnen Marktanteile abnahmen. Der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz, hatte kürzlich in einem Interview mit dem Abendblatt die Hafenverwaltung der Hamburg Port Authority (HPA) dafür verantwortlich gemacht, der er Missmanagement und wettbewerbsschädigendes Verhalten vorwarf.
Containerterminals müssen effizienter werden
Westhagemann weist dies nun entschieden zurück: „Der Hafen wird schlecht geredet und damit der Standort Hamburg beschädigt. Da muss man sich schon fragen, ob sich Herr Bonz bewusst ist, welche Auswirkungen eine solche Öffentlichkeitsarbeit auch international hat. Dabei hatten wir vereinbart, nicht mehr übereinander sondern miteinander zu reden“, sagt er dem Abendblatt.
Der Vorwurf von Bonz, hohe Mieten und Pachten sowie die Hafengebühren würden Hamburgs Hafen schaden, sei falsch. „Es wird uns vorgeworfen, die Mieten und Pachten seien zu teuer. Die liegen bei rund vier Euro pro Quadratmeter, bei Neuvermietungen in der Spitze bei elf Euro. Das sind Preise zu denen man in Rotterdam keine Flächen bekommt. Das weiß Herr Bonz“, so Westhagemann. „Dann heißt es, der Hafen sei für die Reedereien zu teuer. Natürlich kostet es Geld, den Hafen anzulaufen. Die Lotsen kosten, die Festmacher und wir nehmen Hafengeld. Das wird aber in den Hafen investiert. Würden wir das Geld nicht nehmen, müsste der Haushalt der Stadt auf einmal statt 100 oder 200 Millionen Euro im Jahr 400 oder 500 Millionen Euro in den Hafen pumpen. Das kann man dann den Bürgern schlecht vermitteln, wenn die Betriebe gleichzeitig große Gewinne machen.“
"Man könnte ein bisschen neidisch werden"
Nicht beim Hafen insgesamt, sondern bei den Terminals liegen nach Westhagemanns Ansicht die Probleme. „Ich habe mir die Terminals anderer Häfen angeschaut. Wenn ich sehe, dass einige Terminals in Europa einen Automatisierungsgrad von 40 Prozent aufweist, dann könnte man schon ein bisschen neidisch werden.“
Deshalb sei er auch dem Vorstand von Eurogate dankbar, dass dieser in einem Video an seine Mitarbeiter klar gemacht habe, wie die Lage tatsächlich ist: Er sagt nicht, der Hafen ist zu teuer, er sagt, wir sind zu teuer und nicht leistungsfähig genug“ . Wie berichtet will Eurogate an seinen deutschen Terminals schneller und billiger werden und so dauerhaft jedes Jahr 84 Millionen Euro einsparen.
Westhagemann will Lösung beim Thema Hafenschlick
Der größte Kostenblock liege in der Wertschöpfungskette bei den Terminals, sagt Westhagemann „Auf die Produktivität schauen die Reeder, weniger aufs Hafengeld“, so der Senator und geht zum Generalangriff gegen Bonz über: „Kritik ist die eine Sache, aber unberechtigte und falsche Behauptungen sind der Sache und der Reputation des Hafens insgesamt nicht dienlich. Von einem Präsidenten des Unternehmensverbands Hafen Hamburg hätte ich erwartet, dass er den Mitarbeitern der HPA dankt, wie gewissenhaft und engagiert sie ihre Arbeit in Corona-Zeiten machen. Stattdessen sind nur die altbekannten Vorwürfe zu hören, der Hafen sei zu teuer und schuld daran sei die HPA.“
Deren Chef Jens Meier nimmt Westhagemann in Schutz: „Ich stelle mich klar vor Jens Meier. Ich bin Aufsichtsratsvorsitzender der HPA und ich werde die Arbeit ihres Geschäftsführers derzeit nicht bemängeln. Wenn ich die Vorwürfe an seine Person höre, dann sage ich ganz klar, dass diese persönlichen Angriffe für mich nicht akzeptabel sind.“ Stattdessen erwarte er vom Präsidenten des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, dass er zum Vordenker werde. „Er sollte Visionen und Strategien mit uns gemeinsam entwickeln, mit denen man den Hafen nach vorne bringen kann. Dafür ist er im Übrigen auch Mitglied unseres Hafendialogs.“
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"Wir müssen bei Infrastruktur noch besser werden"
Westhagemann übt aber auch Selbstkritik und lässt die HPA nicht aus der Verantwortung: „Es ist richtig, dass wir bei der Infrastruktur noch besser werden müssen. Wir werden einige Veränderungen bei der HPA vornehmen, beispielsweise gibt es im Bereich Technik ein Projekt, das die Problemfelder angehen soll. Wir werden auch die Leitungsstruktur etwas verändern.“
Eines der Themen, um das sich der Senator zudem kümmern will, ist der Umgang mit dem Hafenschlick, der aktuell zu einem großen Teil ausgebaggert und wieder in die Elbe gekippt wird. Dadurch wird er mit der Flut in den Hafen zurückgespült: Er sei mit dem Sedimentmanagement nicht vollauf zufrieden. „Auch ich finde diese Kreislaufbaggerei auf Dauer furchtbar.“ Eine vernünftige und tragfähige Lösung könne es nurgemeinsam mit Niedersachsen, Schleswig-Holstein und dem Bund geben. „Das geht nicht von heute auf morgen, aber daran wird gearbeitet.