Hamburg. Behörde HPA testet modernste Technik und will die schwimmende Hightech wohl bald kaufen. Das können die Drohnen.
Der Hamburger Hafen wagt schon heute einen Blick in seine Zukunft: In diesen Tagen lassen Experten der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA), der HafenCity Universität und mehrere Unternehmen autonom fahrende Drohnen ins Wasser, die den Grund in den Hafenbecken und deren Zufahrten vermessen sollen. Dass Drohnen nicht nur fliegen, sondern auch schwimmen können, ist seit längerem bekannt. Im Offshore-Bereich ist die Nutzung von Tauchrobotern Alltag. Der Einsatz selbstfahrender Boote in einem verkehrsreichen Hafen ist allerdings etwas komplett Neues. So werden heute auch Hafenmitarbeiter aus Bremen/Bremerhaven und Antwerpen anreisen, um das Projekt zu begutachten.
Zwei autonome Oberflächenfahrzeuge (ASV), wie man solche Wasserdrohnen korrekt bezeichnet, werden dazu den Baakenhafen, direkt vor der HafenCity-Uni entlang fahren. Das eine hat einen 60-PS-starken Dieselmotor, das andere Batterien und einen Elektromotor. Während der Fahrt werden sie per Echolot die Wassertiefe peilen, die Beschaffenheit des Grundes erfassen, Untiefen oder gesunkene Gegenstände aufspüren. Anders als die herkömmlichen Peilboote der HPA haben die selbstfahrenden Boote nur einen geringen Tiefgang und können auch Flachwasserzonen kartieren, in welche die HPA sonst nicht vordringt.
Drohnen sollen Effizienz steigern
„Wir haben vor einiger Zeit ausprobiert, ob schwimmende Drohnen überhaupt interessant für uns sind“, sagte HPA-Geschäftsführer Jens Meier bei der Vorstellung des Projekts. „Jetzt gehen wir eine Stufe weiter und testen den Nutzen solcher Fahrzeuge.“ Ziel bei dem Einsatz neuer Techniken sei es, die Effizienz zu steigern. Und eine solche Steigerung könnten die Wasserdrohnen ermöglichen. Die HPA betreibt derzeit fünf Peilboote: die traditionellen „Deepenschriewer“, welche ganzjährig die Gewässer des Hamburger Hafens auf Schlickablagerungen und andere Unwägbarkeiten hin ausloten. Allein zur Wassertiefenfeststellung des Köhlbrands in seiner gesamten Breite sind zusammen sechs Fahrten notwendig. Das Sonar der ASV schafft das gleiche Ergebnis in drei Fahrten. Zudem benötigen sie keine Besatzung und können anders als die herkömmlichen Peilboote 24 Stunden lang an sieben Tagen in der Woche im Einsatz sein.
„Der Hamburger Hafen ist das ideale Testgebiet für solche Systeme“, sagte Thomas Thies, Hydrograph der HPA. Anders als auf den Meeren, wo solche autonomen Boote schon im Einsatz seien, müssten sie im Hafen neben den ein- und auslaufenden Schiffen auf plötzlich auftauchende Freizeitboote und Barkassen reagieren können. „Für uns ist das wichtigste, deshalb zunächst einmal die sichere Nutzung der Fahrzeuge festzustellen“, sagte der Hafenkapitän Jörg Pollmann. Wie reagieren die Drohnen darauf, wenn sich ein Schiff auf Kollisionskurs befindet? Den Herstellern zufolge sind die Fahrzeuge mit einem leistungsfähigen Radar ausgestattet, das etwaige Gefahren schnell erkennt und an die automatische Steuerung der Drohnen übermittelt. Völlig überzeugt sind die Hafenverantwortlichen aber offenbar noch nicht. Bei der Vorführung am Dienstag wurden die Drohnen im Hafenbecken noch von einem Operator an Land ferngesteuert.
Was werden die Drohnen unter Wasser finden?
Verhalten sich die Drohnen aber wie gewünscht, denkt die HPA schon an deren Anschaffung, zumal sie im Kauf und Betrieb wesentlich günstiger sind als Peilschiffe. „Wir wollen keine Ankündigungsweltmeister sein, sondern die Technologien auch nutzen, wenn sich ihr Einsatz lohnt“, sagte Meier. So fern in der Zukunft sei das gar nicht: „Ich denke, dass wir solche Fahrzeuge in ein bis fünf Jahren im Echtbetrieb sehen werden.“
Bei der HPA ist man gespannt, was die Drohnen unter Wasser alles finden, zumal sie mit ihrem geringen Tiefgang von weniger als einem Meter und ihrer Wendigkeit auch schwer zugängliche Wasserstellen untersuchen. So ist nicht auszuschließen, dass dabei bisher noch unentdeckte alte Weltkriegsbomben aufgespürt werden. Hafenkapitän Pollmann will in diesen Tagen noch weitere Nutzungsmöglichkeiten testen: Da die Drohnen mit starken Kameras ausgestattet sind, will er mit ihrer Hilfe den Zustand einiger Kaimauern und die Befestigung von Uferböschungen begutachten.
Was die Drohnen an Daten aufnehmen, wird sofort per Datenfunk an die HPA weitergegeben, die dann beispielsweise bei bisher unbekannten Schlickablagerungen sofort reagieren und Baggerarbeiten in Auftrag geben kann. Auch mit Flugdrohnen arbeitet die HPA, etwa um Kräne zu überwachen oder im Hochwasserschutz Daten zu sammeln. Wenn sich Sturmfluten, Unfälle oder andere unvorhergesehene Störfälle ereignen, sind Drohnen deutlich schneller als Straßenfahrzeuge oder Hafenbarkassen vor Ort, um hochauflösendes Video- und Fotomaterial für ein genaues Lagebild zu geben. Alle wichtigen Informationen lassen sich digital direkt an die Einsatzzentrale übermitteln. Die Drohnen hätten viel zu tun: Denn die HPA kümmert sich mit ihren 1800 Mitarbeitern um 43 Kilometer Kaimauern und 7105 Hektar Hafenflächen.