Hamburg. Auch in Krisenzeiten hat der Unternehmer Vertrauen in die Traditionsreederei. Kühne hält nun knapp ein Drittel der Anteile.

Als der Vorstandschef von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, vor wenigen Tagen die Bilanz der Hamburger Traditionsreederei für das abgelaufene Geschäftsjahr präsentierte, hatte er für seine Aktionäre gute Nachrichten: Dank eines verdoppelten Betriebsgewinns und einer deutlichen Reduzierung der Schulden im Jahr 2019, verkündete der erfolgreiche Reedereichef die Zahlung einer Dividende von 1,10 Euro – also mehr als siebenmal so viel wie im Vorjahr (15 Cent). Zudem kündigte Habben Jansen an, dass er auch in diesem Jahr trotz der zu erwartenden Geschäftseinbrüche wegen der Coronakrise schwarze Zahlen schreiben will. Vor allem zwei Anteilseigner hatten ihre Freude daran: Der Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne und die chilenische Reederei CSAV.

Wie berichtet tobt seit Monaten zwischen den beiden Großaktionären ein Kampf um die Vorherrschaft bei Hapag-Lloyd. Nach kräftigen Zukäufen steht Kühne im Moment als Sieger da. Aber das ist nur eine Momentaufnahme, denn auch die chilenische Reederei Compañía Sudamericana de Vapores, hinter der der Milliardär Andrónico Luksic Craig steht, lässt keine Gelegenheit verstreichen, weitere Anteile zu erwerben.

Kühne hält jetzt mehr als 30 Prozent an Hapag-Lloyd

Am Montag verkündete die Kühne Holding, sie habe ihren Anteil an Hapag-Lloyd über ihre Tochtergesellschaft Kühne Maritime GmbH auf mehr als 30 Prozent erhöht. „Als einem der Anker­aktionäre der weltweit operierenden Traditionsreederei Hapag-Lloyd mit ihrer starken Verankerung in Hamburg war es unser Ziel, über einen Aktien­besitz von gut 30 Prozent zu verfügen“, teilte der Vorstandsvorsitzende der Kühne Holding, Karl Gernandt mit. „Dieses Ziel haben wir nun erreicht.“

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Wie das Abendblatt aus Kühnes Umfeld erfuhr, hat der umtriebige Milliardär und HSV-Investor damit die Nase bei Deutschlands größter Containerreederei wieder vorn, wenn auch nur ganz knapp, denn auch die CSAV hatte in den vergangenen Monaten ihre Anteile kräftig aufgestockt: Die Chilenen hatten dem arabischen Emirat Katar für 330 Millionen Dollar (umgerechnet 301 Millionen Euro) rund 2,2 Prozent ihrer Hapag-Lloyd-Aktien abgekauft. Katar ist seit der Übernahme der arabischen Reederei United Arab Shipping Company (UASC) an den Hamburgern beteiligt und hält jetzt noch 12,3 Prozent an Hapag-Lloyd. Aus dem Umfeld der Hamburger Reederei war zu erfahren, dass Kühne wegen des Vorstoßes der Chilenen „geschäumt“ habe. Er habe deshalb auf dem freien Aktienmarkt zugekauft, um seine 29,6 Prozent entsprechend zu erhöhen.

Stockt Kühne auch seinen HSV-Anteil weiter auf?

Beide haben dabei ein Stück weit von der aktuellen Krise profitiert, denn die Hapag-Lloyd-Papiere haben sich in Folge der wegen der Pandemie zurückgehenden Transportleistungen in den vergangenen Wochen verbilligt. Die Aktie notierte am Montag bei knapp 66 Euro. Sie ist damit immer noch mehr als dreimal so teuer wie an ihrem Ausgabetag im November 2015, von ihren durch den Bieterwettstreit entstandenen Höchstständen von mehr als 80 Euro im Januar dieses Jahres aber weit entfernt.

Bereits seit einigen Tagen sorgt Kühne für Schlagzeilen: Es wird darüber spekuliert, ob der Milliardär seine Anteile am HSV (20,6 Prozent) weiter aufstockt. Unter dem neuen starken Mann an der Spitze des Fußballclubs, Marcell Jansen, dürfte ihm das deutlich leichter fallen, als unter dem am Wochenende geschassten Vorstandschef Bernd Hoffmann, der als Kühne-Gegner galt.

Engagement von Kühne bei Hapag-Lloyd "langfristiger Natur"

Bleibt die Frage, was Kühnes Motivation bei der Ausweitung des Hapag-Lloyd-Engagements ist. „Das Engagement der Kühne Holding AG ist langfristiger Natur, und die jüngste Erhöhung unseres Anteils unterstreicht auch in Krisenzeiten das Vertrauen in Hapag-Lloyd“, sagte Gernandt. Das Umfeld von Habben Jansen reagierte auf entsprechende Fragen des Abendblatts eher schmallippig. „Wir freuen uns über das Vertrauen, dass unsere Ankeraktionäre trotz der Krisenzeiten in unser Unternehmen setzen“, sagte Unternehmenssprecher Tim Seifert.

Kühne selbst hatte dem Abendblatt im November gesagt, ihm sei wichtig, dass die deutschen Interessen bei der Reederei nicht zu kurz kämen. „Bis heute und auch in Zukunft halte ich an dem Grundsatz fest, dass Hapag-Lloyd fest in Hamburg verankert sein muss und am Ballindamm neben der Europa- vor allem die deutsche und die Hamburger Flagge wehen.“

Wie die Anteile an Hapag-Lloyd jetzt verteilt sind

Kühnes derzeitiger Anteil von mehr als 30 Prozent lässt Analysten aufhorchen: Denn mit 30 Prozent hat man nach dem Wertpapiererwerbsgesetz eine Kontrolle über ein Unternehmen und ist verpflichtet den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Das strebt Kühne aber nach eigenen Worten nicht an: „Ein Übernahmeangebot ist nicht beabsichtigt“, sagte er dem Abendblatt noch im November.

Im Moment wäre ein Übernahmeangebot zudem strategisch überflüssig, da Kühne, die Chilenen und die Stadt Hamburg einen Vertrag geschlossen haben, demzufolge sie ihre Stimmen gepoolt haben und somit im Eigentümerkreis mit einer Stimme sprechen. Dieser Vertrag läuft noch bis zum Jahr 2024. Ob die Kühne Holding nach Auslaufen des Kontrakts ein Übernahmeangebot unterbreiten wird, ist offen. „Das ist kein Thema“, ließ Kühne am Montag verlauten.

Nach den Machtverschiebungen sieht die Aktionärsstruktur bei Hapag-Lloyd nun wie folgt aus: Klaus-Michael Kühne hält 30,0011 Prozent, CSAV 30, die Stadt Hamburg 13,9 Prozent. Katar ist mit 12,3 Prozent beteiligt und ein Investmentfonds aus Saudi-Arabien hat 10,2 Prozent. Der Streubesitz liegt nur noch bei 3,6 Prozent. Aber das ist letztlich nur eine Momentaufnahme. Kühne und die Chilenen könnten schon morgen wieder zukaufen – und der Kampf um Anteile würde seine Fortsetzung finden.