Hamburg. Der Unternehmer, HSV-Investor und Elbphilharmonie-Förderer hat seine Beteiligung aufgestockt. Was das für Hamburg bedeutet.
An diesem Donnerstag wird die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd ihre Geschäftszahlen für die ersten neun Monate 2019 bekannt geben. Analysten und Schifffahrtsexperten gehen von einem guten Ergebnis aus. Das wird die Aktie des Traditionsunternehmens vom Ballindamm, die sich in den vergangenen Wochen ohnehin in einem Höhenflug befindet, vermutlich weiter im Wert steigen lassen. Darüber können sich die Anleger freuen – und einer ganz besonders: Logistikunternehmer Klaus Michael Kühne.
Kühne hat in den vergangenen Wochen kräftig dazugekauft und den internen Machtpoker mit der chilenischen Reederei Compañia Sudamericana de Vapores (CSAV) um die Vorherrschaft im Hamburger Unternehmen vorerst für sich entschieden. Kühne ist nun größter Anteilseigner bei Hapag-Lloyd.
Kühne: Diese Hapag-Anteile hält er tatsächlich
Auf der offiziellen Internetseite des Unternehmens wird Kühnes Anteil noch mit 25,5 Prozent angegeben, knapp unter dem Anteil der Südamerikaner, der mit 27,3 Prozent vermerkt wurde. Doch das war der Stand im Juni. Tatsächlich liegt Kühnes Anteil an der Reederei inzwischen bei 29,2 Prozent. „Nach meinem Kenntnisstand dürfte das korrekt sein“, ließ Kühne trocken auf Anfrage des Abendblatts verlauten.
Aber auch die chilenische Familie Luksic, die CSAV bei Hapag-Lloyd eingebracht hat, hat inzwischen ihr Aktienpaket aufgestockt. Sie hält nun 27,8 Prozent.
Bieterwettkampf an der Börse
Die beiden größten Eigentümer des Schifffahrtsunternehmens haben in den vergangenen Monaten nämlich kräftig Aktien am freien Markt dazugekauft – mit weitreichenden Folgen. Der Streubesitz ist inzwischen von 8,5 auf 4,4 Prozent gesunken. Hapag-Lloyd wurde aufgrund dieses geringen „Freefloats“ sogar vom Börsenindex S-DAX ausgeschlossen. Im Gegenzug stieg der Wert der Aktie in den vergangenen Monaten rasant an: Das Wertpapier, das 2015 mit einem Einstiegspreis von 20 Euro an der Börse gehandelt wurde und zuletzt um die 30 Euro kreiste, hat seinen Wert seit Anfang September mehr als verdoppelt.
Am Mittwoch lag der Kurs bei 69 Euro. Das Allzeithoch betrug sogar 72,50 Euro.
Christian Cohrs, Analyst von Warburg Research, rät inzwischen dazu das Papier zu verkaufen. „Die Aktie ist überbewertet, der Kurs hat sich von den Fundamentaldaten abgekoppelt. Der Grund dafür liegt möglicherweise im gesunkenen Streubesitz, nachdem Kühne und CSAV ihre Anteile aufgestockt haben.“
2008 Rettungstat zum Erhalt von Hapag-Lloyd
Über die Gründe, die Kühne und die Chilenen in den Bieterwettstreit geführt haben, wird nun spekuliert. Kühne hatte aber schon im vergangenen Jahr erklärt, es sei wichtig, dass die deutschen Interessen bei der Reederei nicht zu kurz kämen. Ähnlich äußerte sich der Unternehmer nun auch im Gespräch mit dem Abendblatt: „Bis heute und auch in Zukunft halte ich an dem Grundsatz fest, dass Hapag-Lloyd fest in Hamburg verankert sein muss und am Ballindamm neben der Europa-, vor allem die deutsche und die Hamburger Flagge wehen.“
2008 war der Milliardär zusammen mit anderen Kaufleuten und der Stadt Hamburg bei Hapag-Lloyd eingestiegen. Grund war, dass der damalige Eigentümer, der Reisekonzern TUI, sich aus dem Schifffahrtsgeschäft zurückziehen wollte. Wäre Hapag-Lloyd damals an asiatische Reedereien verkauft worden, die Interesse zeigten, hätte eine Zerschlagung des deutschen Unternehmens gedroht. „Damals war es eine Rettungstat, denn die Reederei befand sich in keiner guten Verfassung und der Kaufvertrag mit TUI wurde drei Wochen nach Lehman Brothers unterschrieben“, sagt Kühne.
Hamburg könnte mit Aktienverkauf 1,7 Milliarden Euro erlösen
Seitdem hat er sein Engagement stetig aufgestockt: 2015 hielt er 20,2 Prozent an Hapag-Lloyd, zwei Jahre später waren es 20,5 Prozent und Ende 2018 25 Prozent. Sein derzeitiger Anteil von 29,2 Prozent lässt Analysten aber aufhorchen: Mit 30 Prozent hat man nach dem Wertpapiererwerbsgesetz eine Kontrolle über ein Unternehmen und ist verpflichtet den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten.
Das strebt Kühne aber nach eigenen Worten nicht an: „Die derzeitige Größenordnung von annähernd 30 Prozent aller Hapag-Lloyd-Aktien war das von mir angestrebte Ziel. Ein Übernahmeangebot ist nicht beabsichtigt“, sagte er dem Abendblatt.
Einer der sich über den Aktien-Hype freut, ist die Stadt Hamburg, die 13,9 Prozent an der Reederei hält. Aufgrund ihres Anteils von 24,36 Millionen Stück Aktien würde sie im Falle eines Verkaufs zum aktuellen Kurs rund 1,7 Milliarden Euro erlösen, also fast 600 Millionen Euro mehr als sie einst für ihre Beteiligung bezahlt hatte.
„Ein Verkauf der Aktien ist derzeit aber nicht beabsichtigt“, sagt ein Sprecher der Finanzbehörde. Und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) ergänzt: „Wir sind die Beteiligung seinerzeit eingegangen, um insbesondere Hamburgs Standortinteressen zu wahren, da halten wir Kurs. Wir sind uns sehr sicher, dass auch unsere anderen Partner die Hamburger Interessen bei ihrem Engagement stets im Blick haben.“