Hamburg. Wegen des Coronavirus treiben immer mehr Menschen Sport zu Hause. Fitnessstudios sind geschlossen – müssen Kunden weiter bezahlen?

Die Coronakrise verändert den Alltag, auch beim Sport. An den Turngeräten rund um die Alster flattern rot-weiße Absperrbänder – wer hier noch seine Bauchmuskeln stählen will, muss auf Distanz gehen. Das Wasser in den Schwimmbädern ist mit Planen abgedeckt, und an den Türen der Fitnessstudios hängen Schilder mit der Aufschrift „Club vorübergehend geschlossen“.

Stillstand in den Studios: Hamburger treiben zu Hause Sport

Zu Bewegungsmuffeln werden die Hamburger deswegen aber noch lange nicht, sie halten sich fit, wenn auch unter anderen Umständen. Kein Wunder, denn die Hansestadt ist in Sachen Body-Styling rekordverdächtig. Nirgendwo in Deutschland gibt es so viele Fitnessstudios, gemessen an der Einwohnerzahl. Dazu kommen etliche große Vereine, allein Sportspaß zählt 61.000 Mitglieder.

In all diesen Sportstätten herrscht nun aber eher Stillstand als Bewegung, denn wegen Corona hat die Gesundheitsbehörde ab 15. März den Betrieb „auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen“ untersagt. Dies gilt für Clubs, Fitness- und Sportstudios, Schwimmbäder, Saunen, Fußball- und Tennishallen. Die Begründung: Es bestehe ein hohes Ansteckungsrisiko aufgrund der „räumlichen Nähe der Sporttreibenden“.

Viele Hamburger gestalten nun das Wohn- zum Turnzimmer um: „Die Nachfrage nach Heimsportprodukten hat sich vervierfacht, und es werden zeitweise zehnmal so viele Kraftsportgeräte bestellt“, sagte Anne Remy, Sprecherin des Handelskonzerns Otto, über die Kauflaune in der Krise. Besonders beliebt seien Hanteln. Die Handelsgruppe mit Sitz in Bramfeld bietet auch Equipment zum Ausleihen an. Sehr häufig orderten die Kunden nun Indoorausrüstung wie Crosstrainer, Laufbänder und Rudergeräte sowie Boxsäcke.

2500 Bestellungen von Hanteln zusätzlich

Auch der Anbieter von Fitnessgewichten,die Hamburger YAB Fitness (Your Active Body), verzeichnete in der vergangenen Woche 2500 Bestellungen von Hanteln zusätzlich, freut sich Christian Polenz. Der Gründer, der sich auch in der Vox- Sendung „Die Höhle der Löwen“ präsentierte, hat bereits mehrfach ausgezeichnete Gewichte erfunden und sich damit vor einiger Zeit in die Selbstständigkeit gewagt.

Die einen trainieren den Bizeps daheim, andere gehen an die frische Luft. Die Laufstrecke rund um die Alster ist beliebt wie selten, die Jogger kommen sich immer wieder in die Quere. Es hängen bereits Schilder an den Bäumen, die auf den nötigen Sicherheitsabstand hinweisen.

Auch Zubehör fürs Laufen und Radeln erreicht daher (fast) die Beliebtheit von Toilettenpapier und Pasta. Bei Otto ordern die Kunden gerade besonders viele Fahrräder und Produkte aus dem Running-Sortiment, zudem Basketballkörbe und Tischtennisartikel.

Kunden müssen in der Krise nicht zahlen

Die Anbieter von Sportausrüstung, die sich jetzt über steigende Umsätze freuen, gehören zu den Profiteuren der Coronakrise. Dagegen wird es für die bundesweit fast 10.000 Fitnessstudios mit ihren 210.000 Mitarbeitern eng. Kosten wie Mieten und Löhne laufen meist weiter, doch der Betrieb ruht.

In dieser Situation können die Anbieter grundsätzlich auch keine Zahlungen von ihren Kunden verlangen. „Dürfen Fitness- oder Yogastudios, Wellness- oder Sportclubs wegen der Coronakrise nicht öffnen, können die Mitglieder die üblicherweise angebotenen Dienstleistungen nicht nutzen“ heißt es bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Als Mitglied müssen Sie daher keine Beiträge mehr leisten.“

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Meridian-Spa-Fitness-Club erlässt Beiträge im April

Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung sei wegen des vorübergehenden Stillstands in den Betrieben jedoch nicht möglich. „Das Fitnessstudio schließt ja – hoffentlich – nicht dauerhaft.“ Übrigens unterscheidet sich die Rechtslage bei Vereinen. Diese sind ein Zusammenschluss von Mitgliedern, die durch ihre Beiträge den Vereinszweck fördern. „Sie sind als Mitglied zur Zahlung verpflichtet – auch dann, wenn Sie Angebote Ihres Vereins vorübergehend nicht nutzen können“, klären die Verbraucherschützer auf.

Zu den Zahlungsmodalitäten sagt Christin Lüdemann, Geschäftsführerin der Meridian-Spa-Fitness-Clubs: „Für April ziehen wir keine Beiträge ein. Die Mitgliedschaften pausieren so lange, wie die behördliche Anordnung zur Schließung gilt“. Da die Dauer der Coronakrise nicht vorhersehbar sei, habe Meridian über die Hausbanken einen Kredit aus dem KfW-Hilfe–Programm beantragt.

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Fitness First und Elbgym verlangen Solidarität

Fitness First und Elbgym, zwei Schwesterunternehmen unter dem Dach der Life Fit Group, setzen dagegen auf Loyalität in der Krise. „Um die Kosten zu decken, werden Mitgliedsbeiträge der zwölf Studios in Hamburg auch während der Schließung weiter abgebucht“, sagt Martin Seibold, Geschäftsführer der Life Fit Group, die in der Hansestadt 280 Mitarbeiter beschäftigt.

Das Feedback sei überwiegend positiv: „Die Solidarität unserer Mitglieder ist überwältigend“, berichtet Seibold, denn im Gegenzug erhielten die Kunden besondere Gegenleistungen.

Coronakrise: Studio-Betreiber bieten Online-Kurse an

Nicht nur Fitness First bietet jetzt Alternativen wie Online-Kurse oder Ernährungspläne an, fast alle Betreiber in Hamburg, etwa die Eimsbütteler Kaifu Lodge oder der Sports Club Bergedorf, bemühen sich um Kompensation. Die Aspria-Clubs, die ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben, bieten digitale Fitnesstrainings, Foodblogs und Spa -Tipps an. Die Mitglieder erhalten zudem eine Mail, die darauf hinweist, dass sie im Falle der weiteren Beitragszahlung zusätzliche Bonus-Guthaben bekommen.

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Die Summe kann eingelöst werden für Personal Training, Massagen oder Speisen im Restaurant. Natürlich erst, wenn die Anlage wieder öffnet. Die Sportfans müssen sich dabei wohl noch etwas gedulden: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Freitag, dass es zunächst keine Lockerung der Restriktionen geben werde, laut Behörden gilt die Schließung der Clubs, Vereine und Studios bis zum 30. April.

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