Berlin. Die weltweiten Turbulenzen an den Finanzmärkten haben auch Auswirkungen auf Anleger und Verbraucher. Experten geben wichtige Tipps.

Die Krise durch das Coronavirus zieht die Wirtschaft zunehmend in Mitleidenschaft. Die Aktienkurse sind weltweit im Sinkflug. Der Rohölmarkt ist nach einem Streit zwischen Saudi-Arabien und Russland über die Kürzung der Fördermengen um fast 30 Prozent eingebrochen. Wie treffen die Turbulenzen die Bürger? Was sollten Verbraucher jetzt beachten? Unsere Redaktion befragte Experten und beantwortet wichtige Fragen.

Wie stark belastet das Coronavirus die Wirtschaft? Sind Jobs in Gefahr?

Das Coronavirus scheint die deutsche Wirtschaft recht kräftig zu erfassen, berichtet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Vor allem die Industrie sei betroffen, aber auch Dienstleistungen, wie die Gastronomie, Hotels, die Reisebranche oder Luftfahrtindustrie.

Messen werden abgesagt, Lieferketten sind unterbrochen – viele Unternehmen verzeichnen sinkende Absätze und Umsätze. Manche Unternehmen haben bereits Kurzarbeit angekündigt. „Wahrscheinlich ist, dass Deutschland in diesem Jahr eine Rezession erfährt – darunter wird die Beschäftigung sichtbar leiden“, sagt der DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. Die Bundesregierung will die Hürden für die Kurzarbeit senken.

In der Industrie werde voraussichtlich die Stammbelegschaft gehalten, aber kaum mehr Zeitarbeit nachgefragt werden. Im Bereich der Dienstleistungen ist auch ein Stellenabbau denkbar. Der Sanierungsexperte Lucas Flöther warnt bereits vor einem rasant steigenden Insolvenzrisiko. Dabei seien Firmen besonders gefährdet, die sich schon seit Jahren vor allem dank des Niedrigzinses über Wasser halten.

Sollte man jetzt Aktien verkaufen? Oder sind dies schon wieder Einstiegskurse?

Bei Aktienanlagen sollte man grundsätzlich langfristig denken. Idealerweise braucht man das angelegte Geld nicht zur Finanzierung einer bevorstehenden Anschaffung. Wie weit die Kurse noch nach unten gehen, können auch Finanzexperten nicht seriös voraussagen. Angst ist in jedem Fall ein schlechter Ratgeber.

„Wer jetzt panisch verkauft, steigt wahrscheinlich zu niedrigen Kursen aus, und steigt möglicherweise später wieder ein, wenn alle wieder von Höchstständen träumen“, rät Marcus Drost vom Verbraucher-Ratgeber Finanztip. Wenn Anleger das Geld kurz- oder mittelfristig nicht benötigten, sollten Anleger die Krise besser aussitzen.

Sind unsere Renten noch sicher?

Renten sind als Umlagesystem organisiert. Das heißt, sie hängen an den Einkommen. Wenn die Corona-Krise absehbar endet und die Gewinneinbrüche der Unternehmen überschaubar bleiben, dürfte da nicht viel passieren, ist Drost überzeugt. Sind Beschäftigte aufgrund einer Corona-Infektion krank, haben sie Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung.

„Während dieser Zeit erhalten sie das Gehalt in voller Höhe weiter, so dass bei einem normalen Krankheitsverlauf sich keine Auswirkungen in den Ansprüchen gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung ergeben“, sagt eine Sprecherin vom Deutschen Rentenversicherung Bund. Bei schwereren Verläufen könnte sich gegebenenfalls ein Anspruch auf eine Rehabilitation oder einer Erwerbsminderungsrente ergeben.

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    Werden die Immobilienpreise sinken?

    Der Bauboom in Deutschland hält bislang an. Preissenkungen deuten sich nicht an. Die Finanztip-Experten erwarten deshalb auch keine Preissenkungen. Eher das Gegenteil, sagt Drost: „Immobilien gelten als sicher. Deshalb steigt in Zeiten der Unsicherheit die Nachfrage eher noch.“ Gleichzeitig sinken derzeit die Bauzinsen weiter nach unten. Beides hat eher einen preissteigernden Effekt.

    Cai-Nicolas Ziegler, Geschäftsführer der Immowelt AG, geht von „noch schneller steigenden Preisen für Wohnimmobilien aus.“ Kapital, das von den Börsen abzogen werde, könne in Immobilieninvestitionen fließen und den anhaltenden Preistrend verstärken. Allerdings könnten andere Segmente, etwa Hotelimmobilien, kurzzeitig an Wert verlieren, warnt Ziegler.

    Insbesondere bei den Hotels trübt sich die Stimmung ein, wie aus dem aktuellen Immobilienklima hervorgeht. Unternehmer sind offenbar besorgt, das Hotelklima sackte im März um 10,5 Prozent auf einen historischen Tiefstand von 100,5 Punkten ab.

    Doch abseits der Hotelimmobilien ist auch Axel Seidenschwarz von der Deutschen Hypothekenbank davon überzeugt, dass die hohe Nachfrage bestehen bleibt: „Die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen durch das Corona-Virus sind für die EZB ein Grund mehr, die Zinsen nicht zu erhöhen. Und das spricht zunächst für eine anhaltend hohe Nachfrage am Immobilienmarkt.“

    Andreas Schulten vom Marktforschungsinstitut bulwiengesa AG sagte unserer Redaktion: „Es ist für ein langfristiges Investitionsgut noch ein bisschen früh, um konkrete Aussagen zu machen. Zu erwarten ist, dass die wirtschaftliche Abkühlung auch spürbare Folgen für den Immobilienmarkt haben wird.“ Andererseits, führte Schulten fort, „dürfte - nach Lehrbuch - der Immobilienmarkt ähnlich reagieren wie der Anleihemarkt, also mit Druck auf das Rendite- und Zinsniveau.“

    Was bedeuten die Krankheit und der Kursrutsch für Lebensversicherungen?

    „Zum heutigen Zeitpunkt ist es noch zu früh, um die Folgen der Covid-19-Erkrankung auf die Versicherungsnehmer valide zu bewerten“, sagte eine Sprecherin vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Stirbt ein Versicherter an der Infektion, bedeute die Corona-Epidemie „keinerlei Einschränkung“ bei der Leistung der Versicherung.

    Die Lebensversicherer selbst legen ihr Kapital vor allem in festverzinsliche Wertpapieren an. Nur ein vergleichsweise geringer Teil des Kapitals fließen in Aktien oder Aktienfonds. Zum 30. September 2019 belief sich der Aktienanteil an den gesamten Kapitalanlagen der Lebensversicherer auf 5,1 Prozent. Dementsprechend dürften sich die Folgen des aktuellen Kursverfalls auf die Überschussbeteiligung der Versicherten in Grenzen halten.

    Wie sicher ist Gold als Wertanlage?

    Gold gilt bei Investoren als Krisenwährung und profitiert deshalb aktuell von der Unsicherheit durch steigende Kurse. Allerdings schwanken auch die Goldkurse stark. Das bedeutet: Sobald sich die Lage wieder beruhigt, kann es auch bei dem Edelmetall schnell wieder abwärts gehen. Sicher ist nur für jene, die Barren oder Münzen kaufen, dass das physische Gold nicht einfach verschwindet – doch der Wert kann deutlich schwanken.

    Sollte man jetzt tanken und Heizöl bestellen?

    Als Folge des massiven Preisverfalls an den Rohölmärkten werden die Preise für Mineralölprodukte in den nächsten Tagen sinken. „Wenn die Preise an den Rohölmärkten steigen, geht das immer relativ schnell. Wenn sie sinken, schlägt sich das auch nieder – allerdings in der Regel mit Verzögerung“, sagte ein ADAC-Sprecher.

    Im Klartext: Tanken dürfte für Autofahrer deutlich billiger werden, aber auch Heizöl. Die Tanks in den nächsten Tagen zu füllen, ist deshalb nicht nur für Schnäppchenjäger ein gutes Geschäft.

    Darf man Benzin einlagern?

    Auch wenn die günstigen Spritpreise zum Einlagern animieren, rät der Automobilclub ADAC ausdrücklich davon ab, zu Hause einen Vorrat an Benzin und Diesel anzulegen. „Zum einen unterliegen Benzinpreise ständigen Schwankungen, zum anderen spricht der Sicherheitsaspekt gegen das Horten“, sagte ein ADAC-Sprecher unserer Redaktion.

    Ein Reservekanister darf in Privatfahrzeugen maximal 60 Liter Sprit fassen und muss dicht, fest verschließbar und bruchsicher sein. Maximal dürfen 240 Liter in Privatfahrzeugen befördert werden. Allerdings, rät der ADAC, sollte man aus Sicherheitsgründen nicht mehr als zehn Liter an Bord eines Autos haben. Der Kanister sollte dann so weit wie möglich von den Personen im Auto entfernt stehen – idealerweise im Kofferraum.

    Kann man Sprit in Garagen lagern?

    In Kleingaragen dürfen bis zu 200 Liter Diesel und bis zu 20 Liter Benzin in dicht verschlossenen, bruchsicheren Behältern aufbewahrt werden. Dennoch warnt der ADAC: Kraftstoffe daheim zu lagern, kann lebensgefährlich sein, da schnell entzündliche Dämpfe leicht aus den Reservebehältern entweichen können.

    Bei Diesel ist deutlich mehr erlaubt, weil er nicht so leicht entzündlich und deswegen nicht so gefährlich ist. Wichtig sei es, nicht irgendwelche Kunststoffbehälter zu nutzen, sondern nur Gefäße mit einer sogenannten RKK-Zulassung zu benutzen.

    Mehr zum Coronavirus:

    Das Coronavirus hat auch in Deutschland erste Todesfälle gefordert. Am Montag starben zwei Menschen, die Zahl der Infizierten wuchs weiter. Wirtschaftlich sorgte das Virus am Montag für einen Börsenschock: An der Wall Street wurde sogar zwischenzeitlich der Handel unterbrochen. Wenn sich die Krise zuspitzt, tritt ein Drei-Stufen-Plan der Regierung in Kraft. Die Wirtschaft ist angeschlagen, doch es gibt auch Gewinner der Epidemie.