Berlin. Die wachsende Coronavirus-Krise schwächt die Wirtschaft. Doch es gibt auch Profiteure der Epidemie – nicht nur an der Tankstelle.

Kunden brauchen in diesen Tagen Geduld. Wer sich in Berlin seine Lebensmittel nach Hause bringen lassen möchte, muss bei dem Lieferdienst Bringmeister von Edeka bis Anfang nächster Woche warten. Frühestens Montag sind wieder Lieferungen möglich. Bei Rewe gibt es sogar erst vom 18. März an freie Termine. Der Grund dafür ist die angespannte Lage durch das neue Coronavirus Sars-CoV-2.

„Wir haben bundesweit eine verstärkte Nachfrage nach lang haltbaren Lebensmitteln, Nährmitteln, Konserven und Drogerieartikeln“, berichtet Rewe, einer der fünf großen Lebensmittelkonzerne. Analog zum stationären Handel verzeichne auch der hauseigene Lieferservice eine deutlich erhöhte Nachfrage.

Coronavirus: Supermärkte machen deutliches Umsatzplus

Die Lebensmittelkonzerne und Discounter zählen zu den wenigen Gewinnern der Krise, die zunehmend die gesamte Wirtschaft infiziert. Zahlreiche Menschen kaufen derzeit Lebensmittel oder auch Toilettenpapier auf Vorrat, um für mögliche Quarantänemaßnahmen gewappnet zu sein.

So haben die Deutschen in der vergangenen Woche rund 70 Prozent mehr Nudeln, Fisch- und Obstkonserven gekauft, 80 Prozent mehr Gemüse in Dosen und mehr als doppelt so viele Fertigsuppen als in der Vorwoche, berichtet das Forschungsin­stitut GfK. Die Situation führt zumindest vorübergehend zu einem deutlichen Umsatzplus. Welche Gefahr ein Ökonom in den Hamsterkäufen wegen des Coronavirus sieht.

Hamsterkäufe wegen Coronavirus- Gibt es Grund zur Panik?

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    Hersteller von Medizin-Produkten dank Coronavirus ebenfalls obenauf

    Mit dramatischen Lieferengpässen ist dennoch nicht zu rechnen. So haben die meisten Lebensmittelhändler die Frequenz ihrer Belieferung der Filialen erhöht. Zwar kann es hier und da zu Lieferengpässen für einzelne Produkte kommen, berichtet der Handelsverband HDE. Grundsätzlich sei die Versorgung der Bevölkerung aber gewährleistet.

    Einige Hersteller von Desinfektionsmitteln haben aufgrund der höheren Nachfrage ihre Produktion hochgefahren.
    Einige Hersteller von Desinfektionsmitteln haben aufgrund der höheren Nachfrage ihre Produktion hochgefahren. © Bloomberg via Getty Images | Bloomberg

    Während zahlreiche Konzerne wie Apple, Adidas, Puma oder die Autoindustrie seit dem Ausbruch des Virus über Umsatzeinbußen klagen, gibt es auch Unternehmen, die in der Krise profitieren. Neben dem Lebensmittelhandel gehören hier vor allem Firmen dazu, die medizinische Produkte herstellen, welche in der Krise stark gefragt sind – wie Desinfektions- und Reinigungsmittel, Mundschutz, Hygienespender oder medizinische Schutzkleidung.

    Atemschutzmasken werden derzeit rund um die Uhr gefertigt

    So hat das Traditionsunternehmen Hartmann die Produktion von Desinfektionsmitteln kurzfristig hochgefahren. Auch der Lübecker Medizintechnik-Hersteller Dräger verzeichnet eine stärkere Nachfrage nach Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräten für Krankenhäuser. Besonders die Produktion von Intensivbeatmungsgeräten läuft auf Hochtouren. Hier sei ein Allzeithoch erreicht, sagte Vorstandschef Stefan Dräger.

    Gefragt seien auch die sogenannten FFP-Schutzmasken, die derzeit rund um die Uhr in Schweden und Südafrika gefertigt würden. Damit auch die ausländischen Kunden in der Krise nicht leer ausgehen, hat das S-Dax-Unternehmen bereits auf das Exportverbot der Bundesregierung für Schutzausrüstungen reagiert. So würden Kunden in Deutschland weiter aus dem Frankfurter Distributionslager bedient, die weltweiten Kunden aus den Fabriken im Ausland.

    Wer erfindet als Erster ein Mittel gegen das Coronavirus?

    Wer als erstes Unternehmen ein Gegenmittel oder einen Impfstoff gegen das Virus entwickelt, dürfte sich mittelfristig ebenfalls über steigende Umsätze freuen. Noch ist kein Durchbruch in Sicht. Selbst die großen Pharma- und Chemiekonzerne sehen sich hier noch nicht als Sieger.

    Unterdessen setzen manche Anleger auf Biotech-Firmen – wie das kalifornische Unternehmen Gilead Sciences, dessen antivirales Medikament Remdesivir gute Ergebnisse bei Tests auf Zellebene erzielt hat. Auch der Kurs des Konkurrenten Vir Biotechnology schoss vorübergehend in die Höhe. Deutsche Forscher wollen dieses Medikament gegen das Coronavirus testen.

    Homeoffice- und Videotechnik seit Coronavirus-Sorge gefragt

    Neuen Aufwind erhalten auch Unternehmen, die Technik für Homeoffice und Videotechnik anbieten – zumal immer mehr Geschäftsreisen gestrichen werden und Konferenzen oder Treffen über vernetzte Bildschirme stattfinden. Ins Visier von Anlegern ist dabei beispielsweise das Göppinger Unternehmen Teamviewer geraten, das Software für Videokonferenzen und die Fernwartung von Computern entwickelt. Der Finanzinvestor Permira hatte das Un­ternehmen im vergangenen Jahr an die Börse gebracht – es war der größte Börsengang seit dem Platzen der Dotcom-Blase.

    Auch der Videokonferenz-Dienst Zoom wird seit dem Coronavirus-Ausbruch stärker genutzt. „Wir sehen definitiv einen Aufwärtstrend bei der Nutzung“, sagte die Finanzchefin Kelly Steckelberg. Der Chef von Zoom, Eric Yuan, ist sogar überzeugt, dass durch die Krise nicht nur Geschäftsleute die Nützlichkeit von Videokonferenzen erkennen: „Das wird die Landschaft dramatisch verändern.“ An Popularität dürften auch Streamingdienste wie Netflix und Co. gewinnen, sollte es zur Abschottung ganzer Regionen aufgrund von Quarantänen kommen wie in Italien.

    Coronavirus und Grippe im Vergleich

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      Benzin-Preise sinken – und es ist noch Spielraum nach unten

      Von der Krise profitieren auch Millionen Autofahrer und Heizölnutzer. Seit dem Ausbruch des Virus sind die Rohölmärkte eingebrochen. Die Konzerne haben daraufhin auch die Preise an den Tankstellen gesenkt. Ein Liter Super E10 kostete am Freitag im Durchschnitt noch 1,355 Euro. Das sind 3,4 Cent weniger als in der Vorwoche.

      Für einen Liter Diesel werden 1,207 Euro verlangt – 3,1 Cent weniger. „Die Mineralölkonzerne haben die Spritpreise aufgrund der gesunkenen Rohölpreise weitgehend angemessen gesenkt“, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel. „Allerdings gibt es noch durchaus einen Spielraum nach unten.“

      Coronavirus – mehr zum Thema:

      Die hohe Nachfrage bei manchen Produkten führt mitunter auch zu Lieferengpässen. Doch man kann auch selber aktiv werden: So machen Sie Desinfektionsmittel selbst. Woran erkennt man eigentlich, dass man womöglich infiziert ist? Coronavirus: Symptome, Behandlung, Verlauf der Erkrankung. Wer noch mehr wissen will: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Coronavirus. Stets auf dem Laufenden bleibt man mit unserem Coronavirus-Newsblog.