Berlin. Der Coronavirus belastet Unternehmen in Deutschland. Verbände fordern unbürokratische Hilfe für Betroffene. Wie könnten die aussehen?
Hannover Messe, Internationale Tourismusbörse in Berlin, Internorga in Hamburg, Leipziger Buchmesse, Handwerksmesse in München oder die Eisenwarenmesse in Köln – immer mehr Großveranstaltungen in Deutschland werden abgesagt oder verschoben. Unternehmen streichen Geschäftsreisen nach China, Südkorea oder Italien.
Airlines kürzen angesichts weniger Reisender ihre Flugpläne. Börsennotierte Konzerne erwägen, Hauptversammlungen zu verlegen. Das Coronavirus nimmt die Wirtschaft zunehmend in den Griff und belastet Firmen. Jene, die in China produzieren, aber auch Mittelständler in Deutschland, deren Geschäfte leiden. Wie stark Branchen betroffen sind.
Coronavirus: Firmen verzeichnen hohe Einbußen
Durch Absagen von Großveranstaltungen sind Hotels, Eventcaterer und Gastronomen vor allem in Messestädten „massiv betroffen“, berichtet die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga, Ingrid Hartges, unserer Redaktion. Zunehmend gibt es auch Stornierungen von Firmenveranstaltungen in kleineren Städten. Zudem fehlen Neubuchungen durch Geschäftskunden. Die private Nachfrage ist mit Ausnahmen vergleichsweise stabil.
Tausende Firmen der Branche verzeichnen hohe Einbußen. Manche kleinere Unternehmen kämpfen schon mit Zahlungsschwierigkeiten. Die Dehoga-Chefin fordert von der Bundesregierung, den betroffenen Betrieben schnell und unbürokratisch zu helfen – durch Liquiditätshilfen, Förderprogramme und eine Vereinfachung der Kurzarbeiterregelung. Es sollte auch Steuererleichterungen geben wie die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent für die Gastronomie. „Es darf nicht zugelassen werden, dass Existenzen vernichtet werden.“
Weltweit führt die Epidemie zu zahlreichen Flugstreichungen und Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe. Auch die Lufthansa, Easyjet und Ryanair streichen ihre Flugpläne zusammen, da viele Fluggäste ihre Flüge nicht antreten oder Geschäftsreisen erst gar nicht gebucht werden. Lufthansa und Eurowings haben ihren Flugplan um 150 Flugzeuge gestutzt.
Damit legt der Konzern rechnerisch jeden fünften Flieger still. Betroffen sind vor allem Strecken nach Asien und Italien. Zudem prüft Lufthansa, Kurzarbeit anzumelden. Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) erwartet ein „schwieriges Jahr“. Viele Urlauber sind verunsichert, zu welchen Zielen sie noch reisen können, ohne sich anzustecken oder bei der Rückkehr selbst in Quarantäne genommen zu werden.
Industrie: Die Corona-Epidemie ist für die Industrie ein Stresstest, da mehrere Lieferketten nicht mehr bestehen. Rund 5000 deutsche Unternehmen in China sind derzeit in Beschaffung, Produktion und Absatz stark eingeschränkt, berichtet der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Betroffen sind Firmen mit Produktion in China sowie jene, die Vorprodukte von dort beziehen. Der weltgrößte Chemiekonzern BASF rechnet mit Belastungen durch Corona, auch bei Bayer gab es Auswirkungen auf die Produktion.
Autowirtschaft: Die Krise trifft den Autoabsatz vor allem im Ursprungsland des Coronavirus mit voller Wucht: Der chinesische Automarkt ist allein im Februar um 80 Prozent eingebrochen – so stark wie noch nie. In den ersten beiden Monaten beträgt der Rückgang 41 Prozent, berichtet der Branchenverband CPCA. Von diesem Rückgang auf dem größten Automarkt der Welt sind auch die deutschen Autobauer wie VW, Daimler oder BMW massiv betroffen, da China zu ihren wichtigsten Absatzmärkten gehört. Laut chinesischem Industrieministerium werde die Produktion derzeit „im Wesentlichen“ wieder aufgenommen. In Deutschland sanken die Neuzulassungen im Februar um zehn Prozent.
Einzelhandel und Außenhandel: Der Außenhandelsverband BGA berichtet von Liefer- und Produktionsengpässen. Anders der Handelsverband HDE: „In Deutschland gibt es bisher keine Auswirkungen auf den Konsum“, sagte ein HDE-Sprecher. Die Versorgungslage sei normal, auch wenn es in einzelnen Lebensmittelgeschäften aktuell eine höhere Nachfrage nach länger haltbaren Produkten und Getränken gibt. Alle Bestände würden im Rahmen der routinemäßigen Belieferung der Geschäfte wieder aufgefüllt. Einschränkungen bei der Warenverfügbarkeit gäbe es nicht.
Handwerk: Im Handwerk gibt es noch keine tiefgreifenden Auswirkungen. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Ob Bäcker oder Metzger – noch steht kein Betrieb unter Quarantäne. Dramatisch ist die Lage im Messebau. „Wenn eine große Messe abgesagt wird, reißt das ein Riesenloch in die Auftragsbücher“, berichtet der Fachverband Messe- und Ausstellungsbau. Der Schaden belaufe sich bereits auf mehr als 426 Millionen Euro.
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