Hamburg. Landgericht in Bonn sieht Forderungen nicht als verjährt an. Warum die Privatbank nicht angeklagt ist – aber dennoch zahlen soll.

Für die traditionsreiche Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co wird es jetzt eng. Dem Geldinstitut droht die Einziehung eines hohen dreistelligen Millionenbetrages durch das Landgericht Bonn wegen der Verwicklung in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte. Angeklagt in dem Verfahren sind zwar zwei britische Aktienhändler wegen Steuerhinterziehung, aber das Hamburger Geldinstitut ist in das Verfahren als sogenannter Einziehungsbeteiligter involviert.

Eine neue Rolle, die die Gesetzgebung erst seit wenigen Jahren ermöglicht. Man ist zwar nicht angeklagt, muss aber dennoch mit hohen finanziellen Forderungen rechnen, die das Gericht gleichzeitig mit dem Urteil gegen die zwei Angeklagten verfügen kann. Eventuell kann eine solche Einziehung von Geldern auch schon vor Verfahrensabschluss angeordnet werden.

Gericht sieht keine Anzeichen für Verjährung

„Das Gericht hat am Mittwoch ein Zwischenfazit des bisherigen Verfahrens gezogen“, sagt Gerichtssprecher Gerichtssprecher Tobias Gülich dem Abendblatt. „Es gibt bisher keine Anzeichen dafür, dass die Steuerforderungen verjährt sind.“ Auch könnten die Beteiligten nicht fehlende Kenntnis der Zusammenhänge gelten machen.

Es könnte also viel dafür sprechen, dass das Gericht die Einziehung anordnet. Nach derzeitigem Verfahrensstand gelte dies auch für eine Einziehung bei der M.M.Warburg & Co Gruppe. Insgesamt geht es bei der Bank in den Jahren 2007 bis 2011 um ein Anrechnungsvolumen bei der Kapitalertragsteuer von 278 Millionen Euro, das eingezogen werden könnte.

Kapitalertragsteuer durch Cum-Ex-Geschäfte unberechtigt kassiert

Bei den Cum-Ex-Geschäften geht es um den Handel mit Aktien um den Dividendenstichtag, an dem die Ausschüttung an die Aktionäre erfolgt. Zwischen mehreren Beteiligten wurden die Dividendentitel mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch hin- und hergeschoben. Die Finanzämter erstatteten deshalb an die Aktienbesitzer mehrfach Kapitalertragsteuer, obwohl nicht in jedem Fall ein Anspruch darauf bestand. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden. Eine Reihe von Banken war an diesen Geschäften beteiligt.

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Das Bankhaus rechnet offenbar inzwischen fest mit einer Einziehung der Gelder aus den Cum-Ex-Geschäften. Bereits am Dienstag hatte die Bank erklärt, alle Risiken aus den Wertpapiertransaktionen umfassend abzusichern. „Dies wird durch die Leistungsfähigkeit ihrer Mehrheitseigentümer, Christian Olearius und Max Warburg, gewährleistet“, heißt es in einer Mitteilung der Bank. Damit will sie offenbar Spekulationen um die Zukunft der Bank vorbeugen. Die Zukunft der Bank im Familieneigentum soll unter allen Umständen gewährleistet werden.

Warburg hat bereits Rückstellungen für Zahlungen gebildet

Für eventuelle Rückzahlungen hat die Bank bereits Rückstellungen von rund 50 Millionen Euro gebildet. Auf die beiden Mehrheitseigentümer, die zusammen mehr als 80 Prozent der Anteile halten, kommen damit womöglich noch Forderungen von bis zu 228 Millionen Euro zu, die aus dem Privatvermögen beglichen werden müssten.

Parallel zu dem Verfahren in Bonn verhandelt die Bank mit der Finanzbehörde in Hamburg über die Rückzahlung von Geldern aus den umstrittenen Dividendengeschäften. Die Bank wollte dazu keine Stellung nehmen. Allerdings hatte ihr Anwalt Christian Jehke, schon Mitte Dezember eine „gütliche Einigung“ in den Raum gestellt. Die Bank führe bereits Gespräche mit den zuständigen Finanzbehörden mit dem Ziel, „dass alle mit diesen Geschäften erzielten Gewinne unverzüglich an den Fiskus ausgekehrt werden“.

Weitere Verhandlungstage sind angesetzt

Die Bereitschaft zu Zahlungen stelle aber kein Schuldeingeständnis dar, so ein Sprecher der Bank damals. Auch das Gericht würde eine solche Einigung akzeptieren. „Wenn die Forderungen erfüllt sind, kann keine Einziehung mehr angeordnet werden“, sagt der Gerichtssprecher. Bis zu einem Urteil dürfte noch etwas Zeit vergehen. Zunächst sind weitere Verhandlungstage bis zum 19. Februar angesetzt.

Zu den Einziehungsbeteiligten in dem Verfahren in Bonn gehört aus Hamburg auch die Fondsgesellschaft Hansainvest. Die Gesellschaft habe nie für das eigene Buch solche Geschäfte gemacht und somit nie Kapitalertragssteuern erhalten, sagte ein Sprecher auf Anfrage.