Hamburg. Der Fiskus kassiert bis zu 28 Prozent. Das muss man wissen über Freibeträge, Aktien, Dividenden und Lebensversicherungen.

Deutschlands Aktionäre werden in den nächsten Monaten belohnt. Denn die Ausschüttung der Dividenden beginnt. Laut einer aktuellen Analyse erwartet Allianz Global Investors (AGI) für das laufende Jahr Ausschüttungen in Höhe von rund 359 Milliarden Euro von europäischen Firmen. Doch ob Dividenden, Zinsen oder Kursgewinne: Meist will der Staat seinen Anteil an den Erträgen.

Wie werden Finanzanlagen besteuert? Welche Freibeträge gibt es? Wie wird die Kapitallebensversicherung besteuert? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Es gibt kaum noch Zinsen, werden die auch noch besteuert?

Prinzipiell ja, aber angesichts der minimalen Zinseinnahmen hat das für Sparer kaum Relevanz, sofern sie keine anderen Kapitaleinkünfte wie Dividenden oder Kursgewinne aus Aktienverkäufen haben. Denn jeder Sparer hat einen jährlichen Sparerfreibetrag, der 801 Euro beträgt. Für steuerlich Zusammenveranlagte verdoppelt sich der Betrag auf 1602 Euro. Bis zu dieser Summe fallen von Kapitaleinkünften keine Steuern an, sofern man der Bank einen Freistellungsauftrag erteilt hat.

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An einem Beispiel sieht das so aus: Für ein zweijähriges Festgeld gibt es noch einen Durchschnittszins von 0,20 Prozent. Ein Ehepaar könnte also 800.000 Euro anlegen und die Zinseinnahmen würden mit jährlich 1600 Euro den Freibetrag noch nicht überschreiten. Ein Single kann 400.000 Euro verzinst anlegen, ohne Steuern zahlen zu müssen.


Wie werden Anleihen besteuert?

Die Zinsen unterliegen ebenfalls der Abgeltungsteuer. Das gilt auch für Kursgewinne, wenn die Anleihen vorzeitig verkauft werden.


Was ist mit Gewinnen aus Aktienverkäufen?

Die Besteuerung hängt vom Kaufzeitpunkt ab. „Bei Aktien, die ich vor 2009 erworben habe und jetzt verkaufe, sind die Gewinne steuerfrei“, sagt Katrin Dorn, Steuerberaterin bei der Hamburger Kanzlei Möhrle Happ Luther. „Eine zeitliche Befristung dieser Regelung gibt es derzeit nicht.“

Wie sieht die Regelung bei später gekauften Aktien aus?

„Die Gewinne aus diesen Aktienverkäufen, also wenn die Papiere nach dem 31.12.2008 angeschafft wurden, unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer, sofern der Sparerfreibetrag schon ausgeschöpft ist“, sagt Dorn. Die Abgeltungsteuer beträgt 25 Prozent. Zusätzlich müssen auf den zu versteuernden Betrag noch Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent) und eventuell Kirchensteuer (in Hamburg neun Prozent) bezahlt werden. Maximal liegt die Belastung dann bei rund 28 Prozent, ohne Kirchensteuer bei 26,4 Prozent. Diese Steuer behält die Bank gleich ein, führt sie an das Finanzamt ab. Darüber erstellt die Bank jährlich eine Bescheinigung für den Kunden.

Was genau wird besteuert?

Steuerpflichtig ist der Gewinn aus der Veräußerung der Aktien. „Die Kosten für Kauf und Verkauf können vom Gewinn abgezogen werden“, sagt Dorn. Beispiel: Ein konfessionsloser Anleger verkauft die Aktien mit einem Gewinn von 1200 Euro. Da der Sparerpauschbetrag schon vorher vollständig ausgeschöpft war, unterliegt der Gewinn in voller Höhe der Besteuerung. Die Bank behält einen Betrag von 300 Euro sowie den auf diesen Betrag anfallenden Solidaritätszuschlag in Höhe von 16,50 Euro ein und führt ihn ans Finanzamt ab.

Was ist, wenn ich vorher mit dem Verkauf von Aktien Verluste hatte?

Die Bank führt sogenannte Verlusttöpfe. Wenn eine Aktie mit Verlust verkauft wird, so wird das bei der Bank vermerkt. Beim nächsten Aktienverkauf mit einem Gewinn, wird dann zunächst der Verlust mit verrechnet. Wenn also noch Verluste in Höhe von 400 Euro zu verrechnen sind, so müssen von den 1200 Euro Gewinn nur 800 Euro versteuert werden.

Müssen die Verluste bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verrechnet sein?

„Bislang gibt es keine Regelung, welche eine zeitliche Befristung für die Verlustnutzung vorsieht“, sagt Dorn. Aber seit Jahresbeginn existiert eine neue Regelung, nachdem Totalverluste nur noch bis zu einem Betrag von 10.000 Euro pro Jahr mit Gewinnen verrechnet werden können. Allerdings ist nicht einfach zu beurteilen, was im steuerlichen Sinne ein Totalverlust ist. Eine Aktie, die um 85 oder 90 Prozent gefallen ist, gilt jedenfalls noch nicht als Totalverlust.

Das gilt auch für Mittelstandsanleihen von insolventen Emittenten, solange das Insolvenzverfahren nicht abgeschlossen ist und nicht feststeht, was die Gläubiger solcher Papiere eventuell noch bekommen. „Steht fest, dass es sich um einen Totalverlust handelt, so können die Verluste bis zu 10.000 Euro pro Jahr mit Gewinnen aus Kapitaleinkünften, also auch Zinsen, verrechnet werden“, sagt Dorn.

Wie werden Dividenden besteuert?

Sie unterliegen ebenfalls der Abgeltungsteuer. Beispiel: Ein konfessionsloser Anleger hat 100 Siemens-Aktien. Der Konzern schüttet Anfang Februar 3,90 Euro je Anteilsschein aus. „Von der Bruttodividende, also von 390 Euro, werden 97,50 Euro abgezogen“, rechnet Steuerberaterin Dorn vor. Auf die 97,50 Euro werden noch 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag fällig, also 5,36 Euro. So bleiben für den Anleger rund 287 Euro übrig.

Gibt es Unterschiede bei ausländischen Dividenden?

„Dividenden, die im Ausland erzielt werden, unterliegen dort in der Regel einer Quellenbesteuerung. Die Höhe der Quellensteuer ist vom Staat abhängig, wobei einige Staaten, wie zum Beispiel Irland, Großbritannien, Luxemburg oder die Niederlande, keine Quellensteuern auf Dividenden erheben“, sagt Dorn. Im Grundsatz gilt, dass sich die Anleger diese Quellensteuer auf die inländische Steuer (jedenfalls anteilig) anrechnen lassen können.

Dafür teilt die Bank die Höhe der anrechenbaren Quellensteuer in der jeweiligen Jahressteuerbescheinigung mit. Bei Dividenden aus den USA oder der Schweiz gibt es im Ergebnis keine Unterschiede zu deutschen Aktien. Beide Länder verfügen über dividendenstarke Aktien.

Wie werden Aktienfonds besteuert, die mindestens zu 50 Prozent Aktien enthalten?

Die Besteuerung von Investmentfonds ist ein besonders kompliziertes Kapitel, weil die Fonds vorab 15 Prozent Körper­schaft­steuer für deutsche Dividenden abführen müssen. „Das Investmentsteuergesetz sieht deshalb für Privatanleger eine Steuerbefreiung von 30 Prozent vor“, sagt Dorn. Angenommen der Aktienfonds würde an den Anleger 390 Euro ausschütten, dann unterliegen nur 273 Euro der Abgeltungsteuer.

Wie erfolgt die Besteuerung einer Kapitallebensversicherung?

„Ob die Auszahlung steuerpflichtig ist, hängt davon ab, ob der Vertrag vor 2005 geschlossen wurde und wie die Auszahlung erfolgt – ob in einer Summe oder als monatliche lebenslange Rente“, sagt Christian Biernoth von der Verbraucherzentrale Hamburg. Stichtag für Altverträge ist der 31.12.2004.

Wie wird die Rentenzahlung besteuert?

"Wird eine Police als monatliche Rente ausgezahlt, so muss nur der sogenannte Ertragsanteil versteuert werden“, sagt der Verbraucherschützer. Der Ertragsanteil nimmt mit dem Alter ab. Wird die Rente ab dem 63. Lebensjahr bezogen, beträgt der Ertragsanteil 20 Prozent (s. Grafik). Bei einer monatlichen Rente von 500 Euro müssten also 100 Euro versteuert werden. Wie hoch die Steuer darauf ausfällt, richtet sich nach dem übrigen Einkommen und dem persönlichen Steuersatz.

Bei Rentenbeginn mit 67 Jahren sind es nur 17 Prozent. Die Rente muss in der Steuererklärung in der Anlage R angegeben werden. Seit 2005 melden die Versicherungsunternehmen alle Rentenzahlungen an die Finanzämter.

Was ist, wenn ich mir eine Kapitalabfindung auszahlen lasse?

Bei einer Altpolice mit Abschluss vor 2005 wird auf den Ertrag, also die Differenz zwischen eingezahlten Beiträgen und ausgezahlter Summe, keine Steuer fällig. Voraussetzung ist, dass der Vertrag mindestens zwölf Jahre lief und die Beiträge mindestens fünf Jahre lang gezahlt wurden.

Wie sieht es bei jüngeren Policen ab 2005 aus?

Grundsätzlich unterliegen die Erträge wie auch Zinsen und Aktien der Abgeltungsteuer, zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventueller Kirchensteuer. Der Betrag wird von der Versicherung einbehalten. Wahrscheinlicher ist aber eine ermäßigte Besteuerung, wenn der Vertrag mindestens zwölf Jahre lief und erst nach dem 60. Lebensjahr ausgezahlt wird. Dann ist nur die Hälfte der Erträge steuerpflichtig. Doch statt der Abgeltungsteuer gilt in diesem Fall der individuelle Steuersatz.