Hamburg. Drogeriemarkt-Kette eröffnet unter anderem in Wilstorf, Meinendorf und Altona-Nord. Online-Aktivitäten werden ausgeweitet.
Es passiert nicht oft, dass die Vorstellung von Geschäftszahlen mit einer Betrachtung der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung beginnt. Sebastian Bayer, bei der Drogeriemarkt-Kette dm Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung, nimmt sich Zeit, um die Spaltung in Deutschland zwischen Menschen mit zunehmenden Umweltbewusstsein und der wachsenden Gruppe derer, die an der Grenze zur Armut leben, zu beschreiben. „Das stellt auch den Handel vor große Herausforderungen“, so der Topmanager. Konkrete Antworten auf die wirtschaftlichen und ökologischen Umwälzungen hat er aber nicht. Nur so viel: „Klar ist, dass die Bedürfnisse der Kunden vielfältiger geworden sind und wir uns darauf einstellen müssen.“
Offenbar gelingt das der Drogeriemarkt-Kette ganz gut. Gerade eröffnete in Hamburg der bundesweit 2000. dm-Markt. In ganz Europa hat der Händler knapp 3700 Standorte und mehr als 62.000 Mitarbeiter. Der Gesamtumsatz stieg im Geschäftsjahr 2018/19 (bis 30. September) um 4,6 Prozent auf 11,2 Milliarden Euro. In Deutschland waren es 8,37 Milliarden Euro (plus 3,2 Prozent). Dabei ist Hamburg ein besonders wichtiger Markt für das Unternehmen mit Sitz in Karlsruhe. Mit 82 Millionen Euro erwirtschafteten die dm-Standorte in der Stadt im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Erlösplus von 5,1 Prozent – und liegen mit einem Durchschnittsumsatz von knapp vier Millionen Euro pro Markt über dem nationalen Schnitt.
2000. dm-Markt ist in Hamburg
„Wir sind hier sehr aktiv“, sagt Gerhard E. Stell, der als Gebietsverantwortlicher für Teile von Hamburg und von Schleswig-Holstein zuständig ist. Nach der Eröffnung des Marktes in der Neuen Mitte Altona Anfang Oktober ist dm in Hamburg mit 22 Filialen vertreten. In den nächsten Monaten soll es Eröffnungen in Wilstorf, Meiendorf und an der Stresemannstraße in Altona-Nord geben. „An fünf weiteren Standorten sind wir in Verhandlungen“, so Stell. Mehr will er nicht verraten. Im hart umkämpften Drogeriemarkt kämpfen auch Platzhirsch Budnikowsky mit mehr als 180 Filialen in der Metropolregion, Rossmann und Müller um die besten Lagen. Eine Zielmarke für die Expansion in Hamburg will Stell nicht nennen. „Wir suchen geeignete Standorte.“
Wie nah die Konkurrenz sich auf der Pelle sitzt, lässt sich an der Osterstraße in Eimsbüttel beobachten. In unmittelbarer Nähe des dm-Markts, in den Geschäftsführer Bayer zur Präsentation der Jahreszahlen in Hamburg geladen hatte, gibt es sowohl Budnikowsky und nur wenige Schritte weiter auch Rossmann. dm war erst spät in den Wettbewerb in der Hansestadt eingestiegen. Viele Jahre gab es eine Nord-Süd-Partnerschaft mit Budnikowsky, wo die beliebten dm-Eigenmarken (Balea, Alverde, Denk mit) verkauft wurden. Inzwischen gehen beide Händler getrennte Wege, und seit vergangenem Jahr beschränkt sich die Konkurrenz nicht mehr nur auf die Metropolregion.
Budni macht dm im Stammland Konkurrenz
Budnikowsky, bislang die Nummer vier in deutschen Drogeriemarkt, will national wachsen und hat sich dafür mit Deutschlands größtem Lebensmittelhändler Edeka zusammengetan. Gemeinsam hat die neuen Gesellschaft in diesem Jahr die ersten Filialen im dm-Stammland Baden-Württemberg und in Bayern eröffnet. „Wir schauen uns das mit großem Respekt an“, sagt Marketing-Geschäftsführer Bayer. „Aber verstecken müssen wir uns nicht.“ dm hat nach aktuellen Umfragen Marktanteile von 24,2 Prozent bei Drogeriewaren in Deutschland. Auswirkungen auf Umsätze seien noch nicht zu beobachten. „Dafür sind es noch zu wenige Filialen“, so Bayer. Für Kunden könnte die Konkurrenz auch Vorteile bieten. Die Preisgestaltung in den Filialen werde angepasst, so der Manager. Sprich: Wenn Budnikowsky an einem Standort billiger ist, wird dm nachziehen.
Zudem setzt Deutschlands Branchenprimus verstärkt auf den Ausbau des Onlinehandels. „Unsere Strategie ist es als Omnichannel-Retailer alle Verkaufskanäle miteinander zu verbinden“, so Bayer. Aktuell erwirtschaft dm im Internet Erlöse im dreistelligen Millionenbereich. Gemessen am Gesamtumsatz ist das noch wenig, aber zweistellige Wachstumsraten zeigen das Potenzial.
Online-Bestellungen mit Expressabholung
In München hat das Unternehmen gerade das Pilotprojekt Filialabholung Express gestartet. Die Idee: Kunden bestellen auf der Internetseite ihre Waren und können sie spätestens nach vier Stunden aus der Wunschfiliale abholen. „Wenn das erfolgreich läuft, werden wir den Service bundesweit in den Ballungszentren ausrollen“, sagt Bayer, ohne einen konkreten Zeitpunkt zu nennen.
Als weitere wichtige Entwicklung bezeichnet Bayer die Vermeidung von Plastikmüll bei Verpackungen und von Mikroplastik in Shampoos, Duschgels und Cremes. Nachdem dm bereits 2014 Mikroplastik aus allen Körper- und Zahnpflegeprodukten der Eigenmarken verbannt hat, verzichtet das Unternehmen seit diesem Jahr auch auf wasserlösliche synthetische Polymere – und kennzeichnet dies durch ein Siegel. Mit einem Bündnis aus Industrie und Handel engagiert sich das Unternehmen zudem für eine bessere Kreislaufwirtschaft.
Sohn des Firmengründers ist neuer dm-Chef
„Es ist eine Frage der Zeit, bis der Gesetzgeber aktiv wird“, sagt Christoph Werner, Sohn von Unternehmensgründer Götz Werner und neuer Vorsitzender der Geschäftsführung. Er war im September an die Stelle von Erich Harsch gerückt, der bald zur Hornbach AG wechselt. Werner junior stellte erstmals die Jahresergebnisse am Firmensitz in Karlsruhe vor. „Es ist ein Generationswechsel. Er wird neue Impulse ins Unternehmen bringen“, sagt Sebastian Bayer, der seit Langem mit dem neuen starken Mann zusammenarbeitet.