Hamburg. Jens Meier gibt sich bei der Bilanzvorlage optimistisch. 2018 hat Hamburg Marktanteile an Rotterdam und Antwerpen verloren.
Es herrschte Aufbruchsstimmung unter den Männern, die sich um die Entwicklung und das Wachstum des Hamburger Hafens bemühen. Den Anlass dafür lieferten die vor wenigen Tagen begonnenen Arbeiten für die Elbvertiefung. „Ich werde den Kunden deutlich machen, dass sie den Hamburger Hafen wieder ansteuern können“, blickte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) voraus auf eine Asienreise, bei der er Anfang März unter anderem große Reedereien besuchen wird, um bei ihnen für die Hansestadt und ihren Hafen zu werben.
Jens Meier, der Chef der Hafenbehörde HPA, schlug sogar leicht kämpferische Töne an. „Jetzt greifen wir wieder richtig an im Markt“, frohlockte er bei der Jahresbilanz des Hafen Hamburg Marketing (HHM) am Montag. Man habe die Phase, in der der Hafen in den vergangenen Jahren beim Güterumschlag stagnierte oder sogar Rückgänge hinnehmen musste, gut genutzt, um die Infrastruktur auszubauen und so die Basis zu schaffen, um die nach der sogenannten Fahrrinnenanpassung wieder wachsenden Umschlagmengen bewältigen zu können, versicherte Meier. Nun würden bald noch größere Schiffe die Elbe hinauf bis in den Hafen kommen.
Weltgrößter Containerfrachter
„Wir bereiten uns bereits auf 23.000-TEU-Schiffe vor“, sagte Meier. Damit soll Hamburg fit werden, in absehbarer Zeit die dann weltweit größten Containerfrachter abfertigen zu können. Reedereien wie MSC und CMA CGM haben bereits eine ganze Reihe noch größerer Containerfrachter bei asiatischen Werften geordert. Die ersten, die bis zu 23.000 Standardcontainer transportieren können, sollen noch im Laufe dieses Jahres in Dienst gestellt werden. Die bislang größten in Hamburg abgefertigten Schiffe haben eine Kapazität von gut 20.770 Boxen – können wegen der zu geringen Tiefe der Elbe allerdings nicht voll beladen in den Hafen einfahren.
An drei der vier großen Containerterminals in Hamburg liefen bereits die Vorbereitungen für die neuen Megafrachter, sagte Meier. Das Terminal Altenwerder allerdings werden sie nicht erreichen können. Die Köhlbrandbrücke ist zu niedrig. Wann die zunehmend altersschwache Brücke durch eine neue, höhere oder durch einen deutlich teureren Tunnel ersetzt wird, steht noch nicht fest. Rolf Habben Jansen, der Chef der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd, hatte in der vergangenen Woche eine zügige Entscheidung darüber angemahnt. „Es kommt jetzt darauf an, in welchem Umfang der Bund sich an der Finanzierung beteiligt“, sagte der Wirtschaftssenator über den Stand des Verfahrens. Wann genau die Entscheidung zwischen Brückenneubau oder Tunnel gefällt werde, stehe aber noch nicht fest.
„Wir freuen uns auf die großen Schiffe. Sie werden mehr Ladung nach Hamburg bringen, und dann steigen auch wieder die Containerzahlen“, sagte Meier. Im vergangenen Jahr war die Zahl der im Hafen abgefertigten Boxen abermals gesunken. Um ein Prozent auf 8,73 Millionen Stück. Es war das vierte Jahr in Folge, in dem der Containerumschlag weitgehend stagnierte. 2015 und 2017 waren es jeweils 8,82 Millionen Boxen gewesen, 2o16 hatte es mit 8,91 Millionen ein aber nicht nachhaltiges Zwischenhoch gegeben.
Seegüterumschlag ging zurück
Die Gesamtzahl der Boxen gibt allerdings keine genaue Auskunft über die Entwicklung. „Die Zahl der beladenen Container ist gegenüber den beiden Vorjahren stabil geblieben“, sagte Axel Mattern, einer der Chefs des Hafen-Marketings. Gesunken sei 2018 nur die Zahl der leer transportierten Boxen.
Allerdings: Der gesamte Seegüterumschlag in Hamburg, zu dem neben Containern auch Stück- und Massengut gezählt werden, ging ebenfalls zurück – um ein Prozent von 136,5 auf 135,1 Millionen Tonnen. Und im Containerumschlag fällt Hamburg gegenüber den beiden größeren Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen weiter zurück. Die Häfen in den Niederlanden und in Belgien legten im vergangenen Jahr deutlich zu und gewannen Marktanteile. Hamburg dagegen büßte insgesamt 0,9 Prozent Marktanteil ein.
Doch nun – und noch bevor die Ausbaggerung der Fahrrinne und der Bau einer Begegnungsbox für große Schiffe im Zuge der Elbvertiefung abgeschlossen sind – sollen die Ladungsmengen wieder deutlich steigen. Vor Jahresfrist hatten Mattern und Ingo Egloff, der Co-Chef des Hafen-Marketings, eine Jahresprognose wohlweislich noch vermieden. Für dieses Jahr erwarten sie nun „drei bis vier Prozent Wachstum“ beim Containerumschlag und ein stabiles Ergebnis beim Massengut.
Den Anlass für diesen Optimismus bieten neben der Elbvertiefung insgesamt fünf neue Liniendienste in Hamburg. Einer davon führt nach Asien, die anderen vier an die Ostküste der USA und in mexikanische Häfen. Diese vier Dienste werden bereits seit dem Jahreswechsel bedient. „Sie haben das Potenzial für bis zu 500.000 Container pro Jahr“, sagte Mattern. Damit könnte ein herber Rückschlag beim Containerverkehr zwischen Hamburg und den USA mehr als ausgeglichen werden. Er war 2018 um mehr als 34 Prozent eingebrochen.
Der Grund: „Der Hafen hatte einen wichtigen Liniendienst in die USA verloren“, sagte Mattern. Er und Egloff erhoffen sich von einer tieferen Elbe zudem eine Belebung des schrumpfenden Exportgeschäfts. Viele Chemieunternehmen, so die Marketingmanager, würden „liebend gerne“ ihre Produkte über den Hafen exportieren. Weil Chemikaliencontainer aber oft besonders schwer seien, könnten die Frachter bislang weniger davon transportieren als von der Industrie erwünscht.
Opposition kritisiert die Hafenstrategie des Senats
Während bei der Jahresbilanz viel von Optimismus die Rede war, kritisierte die Opposition in der Bürgerschaft die aktuellen Zahlen. „Der Hamburger Hafen hat 2018 erneut an Boden verloren. Die Zahlen wiegen doppelt schwer, weil die Konkurrenzhäfen deutlichen Zuwachs verzeichnet haben“, klagte FDP-Fraktionschef Michael Kruse. Ebenso wie der CDU-Hafenexperte Ralf Niedmers warf er dem Senat vor, keine zeitgemäße Hafenstrategie zu verfolgen.