Hamburg. Für Politiker kommt das Aus für den Riesenflieger nicht überraschend. Die Konsequenzen, die sie fordern, sind jedoch unterschiedlich.

Erfahren hat Frank Horch vom Ende des A380 nachts aus dem Radio. Überrascht sei er nicht gewesen, sagt der frühere Wirtschaftssenator dem Abendblatt. Schließlich hätten die Medien ja schon länger über das Ende der Produktion spekuliert. Und bereits zu seiner Amtszeit wäre viel über die unsichere Zukunft des A380 intern gesprochen worden – zwischen Politik und Unternehmensvertretern. Dennoch stimme ihn die Tatsache, dass Airbus den Riesenflieger einstellt, ein wenig sentimental. „Das ist schon ein Einschnitt.“ Zudem hat er auch selbst mehrfach als Passagier im A380 gesessen. Horch spricht von einem „tollen Erlebnis mit besonderer Note“.

Der frühere Wirtschaftssenator kennt das Hamburger Werk gut, hat die eigene kleine Airbus-Stadt auf Finkenwerder mehrfach besucht. Und wenn er an die Produktionsvielfalt in dem Werk denkt, wird ihm auch nicht bange: „Airbus ist auf Finkenwerder gut aufgestellt. Um die Gesamtentwicklung mache ich mir keine Sorgen.“ Neue Jobs könne er sich unter anderem in der Produktion der A320-Familie vorstellen.

Arbeitsplätze bei Airbus erhalten

Ähnlich äußerte sich am Donnerstag auch Horchs Nachfolger. „Der A380 ist für den Standort Hamburg eine Erfolgsgeschichte. Die im Rahmen der Erweiterung für den A380 getätigten Investitionen sind nachhaltig und kommen auch den anderen Produktions- linien zugute“, sagte Michael Westhagemann (parteilos). Die Hansestadt sei heute weltweit die Nummer eins in der A320-Produktion. Offensichtlich setzt also auch Westhagemann darauf, dass Airbus Beschäftigte, die für die A380-Produktion nicht mehr gebraucht werden, an anderen Stellen im Konzern einsetzen kann.

Die Opposition in der Bürgerschaft will sich mit Blick auf Ersatzarbeitsplätze nicht allein auf Airbus verlassen. „Damit als Folge der bedauerlichen Entwicklung bei Airbus nicht Tausende arbeitslos werden, ist nun auch der Hamburger Senat gefragt“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Michael Westenberger. Hamburg müsse in Zukunft alles daransetzen, um die Trendwende für die Industrie und das produzierende Gewerbe zu erreichen. „Dafür braucht es eine Wirtschaftsoffensive für einen starken Standort Hamburg. Politik kann nur den Rahmen schaffen und Probleme wie beim A380 nicht verhindern“, so Westenberger weiter.

Senat steht in der Pflicht

Auch die FDP in Hamburg nimmt den rot-grünen Senat in die Pflicht. „Es ist bedauerlich für den Luftfahrtstandort Hamburg, dass die A380-Produktion eingestellt wird. Der Senat ist jetzt aufgerufen, Airbus in Hamburg bestmöglich bei der Umstellung der Produktionslinien zu unterstützen“, sagte FDP-Fraktionschef Michael Kruse. Zugleich zeigt er sich davon überzeugt, dass Hamburg als drittgrößter Luftfahrtstandort der Welt auch diese Herausforderung erfolgreich meistern werde. Die weitere Stärkung der Luftfahrtforschung in Hamburg dürfte dazu maßgeblich beitragen, so Kruse.

Linien-Airbus A380 schwebt erstmals in Fuhlsbüttel ein

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    Die SPD in der Bürgerschaft fordert, dass Airbus schnell Klarheit mit Blick auf die Zukunft der Jobs schafft. „Das Unternehmen muss nun zügig Gespräche mit den Sozialpartnern bezüglich der Stellen aufnehmen, die in den kommenden drei Jahren von dieser Entscheidung betroffen sein könnten“, sagte Hansjörg Schmidt, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Airbus in Hamburg fehle es derzeit sicherlich nicht an Arbeit, denn an der Elbe sei das Zentrum der A320-Produktion. Jeder zweite Flieger der Reihe werde hier gebaut und die Zukunft sehe weiter gut aus. „Airbus sollte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun schnell klare Perspektiven bieten.“

    Bundesregierung reagiert gelassen

    Auch die Grünen in Hamburg sehen Airbus insgesamt auf einem guten Weg trotz des Aus für den A380. „Die wichtige Nachricht ist: Airbus ist insgesamt sehr erfolgreich. Das ist für den Standort Hamburg und für die Beschäftigten ebenso wichtig wie für die ökologische Weiterentwicklung der Flugzeugtechnik. Dass sich der A380 als zu groß, zu laut und zu sprithungrig erwiesen hat, ist ein wichtiges Signal an die Industrie, dass es sich lohnt, die Luftfahrt leiser und sparsamer zu gestalten“, so Dominik Lorenzen, der wirtschaftspolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion.

    A380: Ein Überblick über Höhenflüge und Absturz

    Juni 1994

    Unter dem Codenamen A3XX beginnt Airbus mit dem Entwurf für das Design des neuen Fliegers.

    Juli 2000

    Emirates bestellt als erste Fluggesellschaft verbindlich den A3XX.

    Dezember 2000:

    Airbus gibt offiziell den Startschuss für das Projekt: Aus A3XX wird der Name A380.

    Januar 2001

    Der US-Logistikkonzern FedEx bestellt die erste Fracht-Version.

    2001 bis 2003

    Um die Werkserweiterung für den Bau des A380 zu ermöglichen, lässt Hamburg gegen Proteste von Naturschützern

    Mai 2004

    Die Hauptproduktion läuft.

    April 2005

     Der A380 meistert von Toulouse aus seinen Jungfernflug.

    Juni 2005

    Airbus kündigt an, dass sich die ersten Auslieferungen um bis zu sechs Monate verzögern werden. Grund: Probleme mit Elektronik und Kabine.

    2. Juli 2006

    Noël Forgeard, Co-Chef der Mutter EADS, und Airbus-Chef Gustav Humbert treten zurück.

    September 2006

    Der A380 absolviert seinen ersten Flug mit Passagieren. Am selben Tag verliert Charles Champion, Chef des A380-Programmes, seinen Job.

    September 2006

    Airbus kündigt neue Verzögerungen an; das Projekt liegt nun ein Jahr hinter dem Zeitplan zurück.

    Oktober 2006

     Airbus verschiebt die ersten Auslieferungen um ein weiteres Jahr. Damit liegt man zwei Jahre zurück.

    September 2007

    British Airways bestellt zwölf A380.

    Oktober 2007

    Singapore Airlines erhält mit Verzögerung den ersten A380.

    Juli 2008

    Erstauslieferung eines A380 in Hamburg an Emirates. Die Airline nimmt den Jet in den Linienflugbetrieb.

    November 2010

    A380-Jets müssen wegen Triebwerksproblemen notlanden.

    Januar 2012:

    Qantas und Singapore Airlines entdecken Risse an Tragflächen.

    Mai 2012

    Die Haarrisse beim A380 verursachen große Kosten. Sie summieren sich bis dahin auf 263 Millionen Euro.

    November 2012

    Wegen Triebwerksproblemen muss ein A380 notlanden.

    Dezember 2014

    Fabrice Brégier, Chef der Flugzeugsparte, weist Spekulationen über ein Aus des A380 zurück.

    Juli 2016

    Das Management von Airbus stellt sich vorübergehend auf eine deutliche Abschwächung der Nachfrage ein.

    Dezember 2017

    Airbus erwägt eine Drosselung der Produktion auf sechs bis sieben Maschinen pro Jahr. Der Höhepunkt hatte bei 30 Flugzeugen gelegen.

    Januar 2018

    Die Fluggesellschaft Emirates bestellt 20 Maschinen und rettet damit vorerst die Zukunft des Fliegers.

    März 2018

    Airbus kündigt den Abbau von bis zu 3720 Stellen an. Die Produktion war von zwölf Maschinen (2018) auf acht (2019) zurückgefahren worden.

    Oktober 2018

    Emirates setzt den A380 erstmals von Hamburg nach Dubai ein.

    31. Januar 2019

    Emirates erwägt, einige A380-Aufträge in Orders für den kleineren A350 umzuwandeln.

    7. Februar 2019

    Qantas zieht ihre Order zum Kauf von acht A380 zurück.

    14. Februar 2019

    Airbus kündigt das Aus für den Riesenjet an.

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    Ähnlich wie die Landespolitiker fürchtet die Bundesregierung durch das A380-Aus keinen größeren Arbeitsplatz-Abbau hierzulande. „Der größte Teil der betroffenen A380-Stellen entfällt auf Frankreich. In Deutschland geht es um rund 1000 Jobs“, sagte der Luftfahrt-Koordinator der Bundesregierung, Thomas Jarzombek. „Wir gehen davon aus, dass die Jobs weitgehend erhalten bleiben und die Beschäftigten an anderen Flugzeugtypen arbeiten, zum Beispiel dem A350, dem neuesten Flugzeug im ganzen Markt, oder dem A330 neo.“ Man rede mit Airbus und mache Druck. „Unser Interesse ist, dass sich die Produktion der anderen Modelle im gleichen Verhältnis auf die europäischen Länder verteilt.“

    Die Start- und Landebahn des Airbus-Werks auf Finkenwerder. Ein Teil des Mühlenberger Lochs wurde extra zugeschüttet für das A380-Projekt – eine nicht unumstrittene Maßnahme.
    Die Start- und Landebahn des Airbus-Werks auf Finkenwerder. Ein Teil des Mühlenberger Lochs wurde extra zugeschüttet für das A380-Projekt – eine nicht unumstrittene Maßnahme. © imago stock