Hamburg. Betriebsräte sind pessimistisch. Grundsätzlich sei die Branche für junge Leute nach wie vor sehr attraktiv.
Rund 40.000 Menschen arbeiten in Hamburg in der Luftfahrt, die Hansestadt ist drittgrößter Standort weltweit. „Wir erleben von Jahr zu Jahr einen Beschäftigungszuwachs“, sagt Thorsten Ludwig, Forschungsleiter der Agentur für Struktur und Personalentwicklung (AgS), am Mittwoch bei der Vorstellung einer Umfrage unter 21 Betriebsräten der Luft- und Raumfahrtindustrie im Norden mit zusammen mehr als 30.000 Beschäftigten.
Meinhard Geiken warnt dennoch davor, dass der Beschäftigungsaufbau im Norden ins Stocken gerät. „Während im Süden fast die Hälfte der Betriebe weitere Arbeitsplätze schaffen will, plant dies im Norden nur ein Viertel“, sagt der Leiter der IG Metall Küste. Dabei liege der Auslastungsgrad der Betriebe bei fast 100 Prozent. Die Unternehmen müssten jetzt die Weichen für die Zukunft stellen. Und insbesondere an die Nachwuchsförderung denken. „Die Ausbildungsquote von 3,8 Prozent ist für die Branche unhaltbar“, sagt Geiken.
Branche für junge Leute sehr attraktiv
Damit würden nicht einmal die Altersabgänge ersetzt. Die Quote müsse mindestens bei acht Prozent liegen, um das Beschäftigungsniveau zu halten. Grundsätzlich sei die Branche für junge Leute nach wie vor sehr attraktiv. Der Gewerkschafter kritisierte zudem die in den norddeutschen Bundesländern höher als im Bund liegenden Quoten bei Leiharbeitern und Werkverträgen. Der Frauenanteil sei – wie auch deutschlandweit – mit 15,4 Prozent zu niedrig.
Mit der bundesweit guten Entwicklung in der Luft- und Raumfahrtindustrie hält der Norden nicht mit. Nur gut jeder vierte Betriebsrat erwartet in den nächsten zwei Jahren eine Verbesserung der Auftragslage seiner Firma, jeder dritte sogar eine Verschlechterung. In dieser Einschätzung wird der größte Unterschied zur Stimmung im Rest der Republik deutlich. Dort rechnen mit 17 Prozent nur halb so viele mit einer Eintrübung bei den Aufträgen. „Die Einschätzung der Betriebsräte im Norden sind deutlich skeptischer als im Bund“, sagt Ludwig.
Steigender Kostendruck
Das liege zum einen daran, dass mit OHB und Airbus im Norden zwei Raumfahrtunternehmen große Spieler sind, dieser Zweig aber durch die Kommerzialisierung in den USA stark unter Druck steht. Zum anderen gibt es mit dem Militärtransporter A400M und dem A380 zwei Flugzeugprogramme, die mit sinkenden Produktionsraten kämpfen. Darunter litten insbesondere die Zulieferer in der Region.
In der Umfrage berichteten die Betriebsräte über einen hohen und teilweise steigenden Kostendruck. Der Airbus-Zulieferer Diehl hatte vor wenigen Wochen angekündigt, einen Teil der Produktion von Finkenwerder nach Ungarn zu verlagern und rund die Hälfte der 1100 Arbeitsplätze an der Elbe zu streichen. Als ein Grund gilt, dass Airbus bei Zulieferern wolle, dass ein Produktionsstandort im kostengünstigen Ausland liege. Geiken lehnt dieses Vorgehen ab: „Wenn bei Zulieferern die Schrauben weiter angezogen werden, werden ganze Standorte geschlossen.“ Erst ziehe die Produktion weg, dann Forschung und Entwicklung.