Hamburg. Warum es so lange dauerte, einen Käufer für die Hamburger Schiffstechnik-Firma Noske-Kaeser zu finden.

Erst gerät die Firma so tief in Finanznot, dass sie sich aus eigener Kraft daraus nicht mehr befreien kann, dann erklärt sie sich für zahlungsunfähig. Anschließend wird sie entweder komplett abgewickelt, filetiert oder von neuen Geldgebern gerettet. So laufen Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Zumeist ist das Verfahren nach einigen Monaten abgeschlossen.

Bei der Hamburger Firma Noske-Kaeser lief es ganz anders. Eines der weltweit bekanntesten Unternehmen für Klimatechnik und Brandschutz auf Schiffen und in U-Booten beantragte bereits 2008 Insolvenz. Die Krise in der maritimen Wirtschaft erfasste damals das Unternehmen, schwere Managementfehler kamen hinzu.

Leidenszeit endet

Erst jetzt – fast zehn Jahre später – ist der Hamburger Traditionsbetrieb gerettet. Das Unternehmen mit 210 Mitarbeitern, davon 150 am Stammsitz Hamburg, hat einen neuen Eigentümer: Der französische Mitbewerber Engie Axima, eine Tochterfirma des französischen Mischkonzerns Engie, hat Noske-Kaeser übernommen. Damit endet für den Hamburger Betrieb mit dem in der Branche bekannten Namen eine lange Leidenszeit.

Dass er mehr als neun Jahre brauchen würde, das Unternehmen aus der Insolvenz in neue Hände zu übergeben, hatte sich der bekannte Hamburger Insolvenzverwalter Jan Wilhelm nicht träumen lassen, als er 2008 den Fall übernahm. „In erster Linie ging es darum, den Betrieb aufrechtzuerhalten“, sagt Wilhelm. „Schon das war schwierig genug.“ Denn auf Kredite von Banken konnte Noske-Kaeser nicht hoffen. Wer gibt schon einem insolventen Unternehmen frisches Geld?

Probleme begannen 2007

„Unser großes Glück war, dass uns die Kunden die Stange gehalten haben“, sagt Geschäftsführer Jürgen Matthes. „Noske-Kaeser hat in der Branche einen guten Namen.“ 1879 hatte Robert Ferdinand Noske in Altona seine Werkstatt zum Bau von Lüftungs- und Zentral­heizungsanlagen eröffnet. Früh verlegte sich das Unternehmen auf den Einbau von Dampfheizungsanlagen in Schiffen. Die „Imperator“, die „Bremen“ und viele weitere bekannte Schiffe fuhren mit Noske-Anlagen. 1976 übernahm die Werft Blohm + Voss Noske und führte das Unternehmen mit der Kaeser Klimatechnik zusammen.

Die Probleme begannen 2007. Damals verkaufte der Blohm+Voss-Mutterkonzern Thyssenkrupp Noske-Kaeser an den neuseeländischen Finanzinvestor Titan Hunter. 340 Mitarbeiter beschäftigte das Unternehmen damals noch, davon 310 in Hamburg. Titan Hunter wechselte die Geschäftsführung aus und begann das Unternehmen zu zerlegen. Die Fertigung wurde ausgelagert, Neubau und Service voneinander getrennt. In der Folge sanken die Umsätze. Hinzu kam die Schifffahrtskrise und schließlich die Insolvenz.

Lange gab es keine Angebote

Dass das Geschäft dennoch weiterlief, verdankte Noske-Kaeser auch einem Auftrag der Meyer Werft in Papenburg: drei Aida-Kreuzfahrtschiffe wurden mit Klima- und Lüftungs­anlagen ausgestattet. Zudem verhalf die Erweiterung des Angebots auf das Offshoregeschäft­ zu neuen Aufträgen. 2011 wurde eine Service-Plattform im Meer klimatisiert. In Indien und Australien war Noske-Kaeser weiter gut am Markt vertreten. Und in der Türkei erhielt die Hamburger Firma viele Aufträge im Marineschiffbau. Der Jahresumsatz wuchs auf mehr als 40 Millionen Euro.

„Einen guten Käufer hatten wir damit aber immer noch nicht“ sagt Insolvenzverwalter Wilhelm, der auch die spektakuläre Pleite des Energiedienstleisters Care Energy aufgearbeitet hat, des zahlungsunfähigen Musicalveranstalters Stella Entertainment sowie die Insolvenz des bekannten Hamburger Reeders Hermann Ebel. Eines, sagt Wilhlem heute, sei von Anfang an klar gewesen. „Ein Verkauf an einen Finanzinvestor war mit mir nicht zu machen. Ich wollte den Betrieb und die Arbeitsplätze retten.“ Allerdings waren strategische Investoren lange Zeit rar: „Aus dem Kreis der Wettbewerber gab es keine Angebote für Noske-Kaeser. Entweder die Konkurrenten steckten selbst in der Bredouille, oder sie hatten kein Interesse.“

Die Hamburger passen gut zu uns, sagen die Franzosen

Und so dauerte es mehr als neun Jahre, bis mit Engie Axima ein Käufer gefunden wurde. „Unsere Unternehmen ergänzen sich wunderbar“, sagt Philippe Le Berre, Chef der Sparte Schifffahrt, Öl und Gas bei dem französischen Konzern mit Sitz bei Paris. „Es gibt kaum Überschneidungen, und mit dem Geschäft stärken wir unsere Position auf dem Schiffbaumarkt für Kreuzfahrtschiffe, Fähren und Marineschiffe.“

Auch Wilhelm ist froh, seine längste Insolvenzverwaltungsverpflichtung so beenden zu können. „Engie Axima übernimmt die Mitarbeiter von Noske-Kaeser, deren Verträge mit allen Rechten sowie mit zusätzlichen Pensionsverpflichtungen.“ Zum Preis der Übernahmen äußert sich Wilhelm nicht. Sind ihm in den vielen Jahren auch mal Zweifel gekommen, ob er Noske-Kaeser retten kann? „Mir nie, meiner Buchhaltung immer“, sagt er mit einem Augenzwinkern.