Hamburg. Werftenverbund hat künftig Standorte in allen fünf norddeutschen Bundesländern. Bewerbung um Auftrag des Verteidigungsministeriums.

Die Übernahme von Blohm+Voss hat für die Lürssen Werft eine große strategische Bedeutung: Das 1875 gegründete Unternehmen im Familienbesitz hat künftig in allen fünf norddeutschen Bundesländern große Neubau-Kapazitäten in sechs Werften.

Kommentar zur Übernahme

Hauptsitz des Unternehmens mit 1800 Mitarbeitern ist Bremen-Vegesack. Dazu kommen Standorte in Berne, Bremen-Aumund, Lemwerder und die Jade-Werft in Wilhelmshaven. In Hamburg gehört seit 2012 die Norderwerft zur Lürssen-Gruppe. Mit der Peene-Werft in Wolgast ist sie in Mecklenburg-Vorpommern präsent, mit der Rendsburger Krögerwerft in Rendsburg (Schleswig-Holstein).

Neubauten von Yachten weniger nachgefragt

Lürssen ist spezialisiert auf die Konstruktion und Fertigung von Yachten ab 60 Metern Länge, auf Marineschiffe sowie Küstenwachboote. Das zivile und militärische Neubaugeschäft wird ergänzt durch umfangreiche Serviceangebote, darunter Reparaturen, Erneuerungen, Instandsetzungen sowie weltweite Logistikdienstleistungen. Unter anderem hat die Werft mit der 180 Meter langen „Azzam“ die größte private Yacht der Welt für einen Scheich gebaut. Für den Oracle-Chef Larry Ellison fertigte Lürssen die 138 Meter lange Luxus-Yacht „Rising Sun“ mit einem umfangreichen Weinkeller sowie einem Kinosaal.

Reaktionen auf den Verkauf von Blohm + Voss

Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos)

Die Übernahme ist eine große Chance für den maritimen Standort Hamburg. Damit wird der Werftbetrieb auf ein solides Fundament für die Zukunft gestellt. Es ermöglicht Blohm+Voss, neue Kunden zu gewinnen und dadurch dauerhaft Beschäftigung am Standort Hamburg zu sichern. Blohm+Voss und der Schiffbau in Hamburg haben wieder eine Perspektive.

Jens Meier, Hamburgs Hafenchef

Das ist eine geniale Entscheidung. Ich habe die Lürssen Werft schon mehrfach besucht und konnte mich dort von der exzellenten Qualität überzeugen. Die Übernahme stärkt den Hamburger Hafen und das maritime Cluster.

Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste:

Für Blohm+Voss ist das eine gute Nachricht, aber wir erwarten nun nähere Informationen, wie der Standort weiter entwickelt werden soll, vor allem im Hinblick auf die Beschäftigung und die Arbeitsplätze.

Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen in der Bürgerschaft

Ein erfahrenes und bereits lange geschäftlich verbundenes Unternehmen wie Lürssen ist nahezu ein idealer strategischer Partner. Jetzt geht es darum, die beiden Puzzleteile gut zusammenzufügen. Wenn dies gelingt, wird sich die Übernahme sehr positiv auf den Kundenstamm sowie die langfristige Planbarkeit bei Blohm+Voss auswirken. Dies kann auf die ganze maritime Wirtschaft ausstrahlen.

Rüdiger Kruse, Beauftragter für maritime Wirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

 Die Entscheidung für die Lürssen-Gruppe kann als Gewinn für den norddeutschen Raum gesehen werden, die Kompetenzen strategisch bündelt und auch die Wertschätzung der Leistung und Erfahrung der Mitarbeiter im Auge hat. Den Schiffbaustandort Deutschland wird dieser Zusammenschluss langfristig stärken.

Joachim Seeler, hafenpolitischer Sprecher der SPD in der Bürgerschaft:

Der Zusammenschluss bietet Blohm+Voss eine verlässliche Perspektive. Insofern ist dieser Schritt aus Hamburger Sicht zu begrüßen. Schon in der Vergangenheit haben sich beide Unternehmen bei zahlreichen Projekten ergänzt und gut zusammengearbeitet.

Norbert Hackbusch, hafenpolitischer Sprecher der Linken in der Bürgerschaft:

Die Übernahme gibt Anlass zur Besorgnis. Das Yachtgeschäft droht in Bremen zentralisiert zu werden. Hamburg dagegen droht zur Rüstungsschmiede zu werden. Lürssen ist immerhin einer der größten Rüstungslieferanten für menschenrechtsverletzende Regime wie das von Saudi-Arabien.

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Neubauten von Yachten seien derzeit allerdings weniger nachgefragt, sagte der technische Geschäftsführer der Werft, Klaus Borgschulte, vor Kurzem dem Abendblatt. Umso besser laufen Lürssens Geschäfte in der Marinesparte. Bekannt ist, dass das Unternehmen derzeit mit Genehmigung der Bundesregierung zahlreiche Schnellboote für Saudi-Arabien baut. Gemeinsam mit Blohm+Voss fertigt Lürssen zudem vier Fregatten des Modells F-125 für die Deutsche Marine. Zudem bewirbt sich die Werft in einer Kooperation um einen Auftrag des Verteidigungsministeriums, neue Mehrzweckkampfschiffe zu entwickeln und zu bauen.

Lürssen ist im Familienbesitz

Anders Blohm+Voss, das bereits in den 70er-Jahren an ThyssenKrupp ging und seitdem von angestellten Managern geleitet wird, ist Lürssen in Familienbesitz und wird in vierter Generation von den Cousins Peter und Friedrich Lürßen geführt. An ihrer Seite steht Klaus Borgschulte, der vor seinem Wechsel zu Lürssen Chef bei Blohm+Voss war. Borgschulte kennt den Übernahmekandidaten also sehr gut – und soll nun auch die Integration vollziehen.