Hamburg/Berlin. Mehrere Politiker hatten Maßnahme ins Gespräch gebracht. Druck auf GDL-Chef Weselsky wächst. Auch Gewerkschaft EVG droht mit Ausstand.

Der Rekordstreik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geht am Dienstag in seinen zweiten Tag und betrifft nach dem Güterverkehr nun auch den Personenverkehr.

Bundesweit weiteten die Lokführer den achten Streik des laufenden Tarifkonflikts in der Nacht auf den S-Bahn, Regional- und Fernverkehr aus. Er soll wie bei dem am Montag bei der Güterbahn begonnen Ausstand bis Sonntag, 9 Uhr, dauern und wäre damit der längste in der Geschichte der Deutschen Bahn.

Ersatzfahrplan der Deutschen Bahn und Liste der Zugausfälle als PDF

Kern des Streits ist es, dass die GDL auch Zugbegleiter und Rangierführer vertreten will, für die auch die größere Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandeln will. Die Bahn lehnt verschiedene Verträge für die gleiche Beschäftigtengruppe ab.

Rekord-Bahnstreik beginnt

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    Die Bahn hat Ersatzfahrpläne aufgestellt. Demnach soll noch etwa jeder dritte Fernzug im Einsatz sein. Im Regionalverkehr will die Bahn 15 bis 60 Prozent des regulären Angebots aufrechterhalten, wobei mit den größeren Ausfällen in Ostdeutschland gerechnet wird. Im Westen der Republik gibt es unter den Lokführern noch einige Tausend Beamte, die nicht streiken dürfen. Auch die S-Bahnen sind von der Arbeitsniederlegung betroffen.

    Achter Streik: Welche Rechte haben Bahnfahrer?

    Für den Regional- und Fernverkehr wird eine kostenfreie Erstattung von Fahrkarten angeboten. Online-Tickets können über ein Formular auf der Internetseite der Bahn erstattet werden. Alle anderen Fahrkarten können in Reisezentren der Bahn zurückgegeben werden.

    Hier finden Sie das nächste Deutsche Bahn Reisezentrum

    Liveticker mit aktuellen Informationen zum Bahnstreik:

    Abendblatt.de hält Sie über den Bahn-Streik auf dem Laufenden:

    Union hält gesetzliche Zwangsschlichtung für nicht machbar

    13.58 Uhr: Führende Unions-Politiker halten eine gesetzliche Zwangsschlichtung zur Lösung von Tarifkonflikten für nicht durchsetzbar. Sie verstehe angesichts des Streiks der GDL zwar entsprechende Forderungen, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt in Berlin. Eine solche Verpflichtung zur Schlichtung sei aber "verfassungsmäßig sehr bedenklich, weil sie ein Eingriff ins Streikrecht wäre", sagte sie. Dieses ist im Grundgesetz verankert.

    Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Union-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, verwies auf das Grundgesetz. Angesichts der "immensen Schäden" für die Wirtschaft durch den Streik bei der Deutschen Bahn mahnte er eine Mediation an. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine Schlichtung im Bahnstreit angeregt.

    Im Fernbus wird es enger und teurer

    13.54 Uhr: Wegen des Bahnstreiks steigen viele Reisende auf Fernbusse um. Mehrere Anbieter verzeichnen eine sprunghaft angestiegene Nachfrage seit der Ankündigung des Streiks. Marktführer MeinFernbus Flixbus etwa verbuchte seitdem fünfmal mehr Zugriffe auf seine Webseite und etwa 150 Prozent mehr Buchungen. Der Anbieter Postbus verkaufte nach eigenen Angaben drei- bis viermal so viele Tickets wie sonst. Auch Konkurrent BerlinLinienBus registrierte für die kommenden Tage 135 Prozent mehr Kunden.

    Beonders nachgefragt sind die Metropolverbindungen zwischen den Großstädten, insbesondere von und nach Berlin. Die Strecke mit dem größten Nachfragezuwachs war bei MeinFernbus Flixbus die Route Freiburg-Lörrach. Bei BerlinLinienBus waren einzelne Fahrten schon früh komplett ausgebucht. Etwa ein Dutzend Busse wurde daher zusätzlich gechartert, um die Kapazitäten auf diesen Strecken zu erweitern. Wer sicher ein Ticket haben will und günstig fahren will, muss sich nach Angaben der Anbieter vor allem bei Fahrten am Freitag und am Wochenende beeilen.

    Die Ticketpreise steigen dabei, je voller der Bus wird. Zwar versichert etwa MeinFernbus Flixbus: „Die Preise sind dieselben wie immer, die Spanne ändert sich nicht.“ Allerdings richten sie die Kosten nach dem noch verfügbaren Kontingent, und die Sparpreise sind schnell vergriffen. Auch bei Postbus und BerlinLinienBus sind die Preise an die Auslastung gekoppelt.

    Dobrindt offen für strengere Streik-Regeln bei der Bahn

    13.43 Uhr: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat sich angesichts des fast einwöchigen Lokführerstreiks offen gezeigt für eine strengere Reglementierung im Bereich der Verkehrsnetze. „Das Ausmaß eingeschränkter Mobilität, das wir in diesem Tarifkonflikt erleben, kann man sich nicht ständig wiederholend leisten“, sagte der CSU-Politiker dem „Münchner Merkur“. „In anderen europäischen Ländern gibt es deswegen auch besondere Regeln für Netzbereiche. Ich habe auch in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass ich dafür Sympathie habe.“

    An neuen Regeln, die derzeit intensiv debattiert würden, nannte er „die Vorschläge einer unumgänglichen Schlichtung, Ankündigungsfristen oder die Aufrechterhaltung einer Grundversorgung“. Dobrindt sagte weiter, eine Schlichtung funktioniere nur dann, wenn beide Tarifparteien dazu bereit seien. Die Deutsche Bahn habe ihre Bereitschaft signalisiert, die GDL dagegen nicht. „Ich würde eine Schlichtung für dringend geboten halten. Für die Verweigerung fehlt mir das Verständnis.“

    Tarif-Experte: Zwangsschlichtung nicht möglich

    12.51 Uhr: Die beim Lokführerstreik ins Spiel gebrachte Zwangsschlichtung ist im bundesdeutschen Tarifsystem nicht vorgesehen. „Eine Schlichtung muss von den Partnern in allen Details vereinbart werden und absolut freiwillig sein“, sagt der Tarif-Experte der gewerkschaftlichen Boeckler-Stiftung, Reinhard Bispinck. Ein Einfluss des Staates wie auf die 1923 eingeführte Zwangsschlichtung in der Weimarer Republik wäre aus seiner Sicht „absolut verfassungswidrig“. Im Grundgesetz habe man sich bewusst für die Vereinigungsfreiheit und Tarifautonomie entschieden.

    In einigen Branchen- und Haustarifen gibt es laut Bispinck freiwillige Schlichtungsvereinbarungen. Lediglich im Bauhauptgewerbe kann eine Seite die andere per „Einlassungszwang“ in die Schlichtung bewegen. Allerdings ist auch hier der mögliche Schlichterspruch keineswegs bindend für die Parteien. Schlichtungen würden vergleichsweise selten angestrengt, führten dann aber sehr häufig auch zum Abschluss. Meist ist die Schlichtungsphase mit einer Friedenspflicht verbunden, das heißt es darf nicht gestreikt werden.

    Eines der bekanntesten Beispiele einer nicht angenommenen Empfehlung ist die Schlichtung bei der Deutschen Bahn im Jahr 2007. Damals hatten die CDU-Größen Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler einen Schlichterspruch verkündet, doch die Lokführergewerkschaft GDL mit Manfred Schell und die Deutsche Bahn mit Hartmut Mehdorn an der Spitze stritten noch mehrere Monate weiter.

    ADAC warnt vor Staus in Ballungsgebieten

    11.39 Uhr: Pendler müssen aufgrund des Lokführerstreiks gerade in den Ballungsräumen mit mehr Staus rechnen. Zu den Stoßzeiten morgens und nachmittags könne die Fahrt zur Arbeit deutlich länger dauern als gewöhnlich, sagte eine Sprecherin des ADAC in München. „Wer keine Alternative zum Auto hat, steht fast zwangsläufig im Stau.“ Eine genau Zahl und Länge der Staus anzugeben, sei aber nicht möglich. „Das ändert sich minütlich“, sagte die Sprecherin. Der Autoclub empfiehlt, möglichst auf andere Verkehrsmittel umzusteigen.

    3000 Schüler von "Jugend trainiert für Olympia" betroffen

    11.29 Uhr: Der Streik der Lokführer trifft auch gut 3000 Schüler auf ihrem Weg nach Berlin zum Schulwettbewerb Jugend trainiert für Olympia und die Paralympics. Die Beteiligten organisierten viel selbst, Eltern würden ihre Kinder etwa zu den Bahnknotenpunkten fahren, erklärte Thomas Poller von der Deutschen Schulsportstiftung am Dienstag.

    Die Deutsche Bahn, die seit 2012 Hauptsponsor des Wettbewerbs ist, habe zusätzliche Busse gechartert, teilte das Unternehmen mit. Ob Wettkämpfe verschoben werden müssen, werde erst am Dienstagabend entschieden, sagte Poller.

    Das Bundesfinale findet ab Mittwoch bis zum Sonnabend in der Hauptstadt statt. Die Sportler treten im Badminton, Basketball, Gerätturnen, Handball, Tischtennis und Volleyball sowie im Goalball, Rollstuhlbasketball und Tischtennis gegeneinander an.

    Wie die Ölsardinen in Hamburger S-Bahn

    10.50 Uhr: Wenn wegen des Streiks der Lokführer nur jede zweite S-Bahn fährt, müssen rechnerisch doppelt so viele Menschen in einen Zug. Was das „rechnerisch“ in der Praxis bedeutet, können die Hamburger nun im Berufsverkehr erleben. Dienstagmorgen an der Station Hamburg-Wilhelmsburg, Richtung Zentrum: Die S 3 fährt ein, die Türen gehen auf, aber nichts bewegt sich.

    Rufe: „'tschuldigung, ich muss hier raus“. Den Rufern schallt entgegen: „Rückt doch mal zusammen, ich muss hier rein.“ Also erst die im Weg Stehenden raus, dann die, die aussteigen wollen, aber gefühlt immer im hintersten Winkel stehen. Danach müssen die wieder rein, die weiterfahren wollen und am Ende stehen die, die eigentlich ganz gerne zusteigen würden, wieder draußen. Die Lösung ist pragmatisch: „Einfach schieben“, ruft eine junge Frau. Und am Ende passt es tatsächlich. Mancher blank geputzte Schuh hat jetzt einen Abdruck. Aber niemand schimpft. Das ist Streikroutine.

    Auch Hofreiter kritisiert Schwarz-Rot

    9.58 Uhr: Die Bundesregierung ist nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter für die Eskalation des Tarifkonflikts bei der Bahn mit verantwortlich. Als Eigentümer der Bahn moderiere die Bundesregierung den Konflikt nicht, sondern ergreife einseitig Partei, sagte Hofreiter dem Südwestrundfunk (SWR). Zusätzlich gieße sie mit dem geplanten Tarifeinheitsgesetz „Öl ins Feuer“. Das Gesetz habe, obwohl es noch gar nicht in Kraft sein, schon eine ganze Reihe von Tarifkonflikten massiv verschärft. Es verführe die Gewerkschaften zum verstärkten Konkurrenzkampf.

    Ökonomen: Bahnstreik bremst Konjunktur im zweiten Quartal

    9.54 Uhr: Der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn wird die deutsche Konjunktur Ökonomen zufolge bremsen. Die Kosten in dem aktuellen Bahnstreik könnten sich auf bis zu 750 Millionen Euro summieren, wie Konjunkturexperte Stefan Kipar von der BayernLB am Dienstag erklärte. Damit dürfe die Wachstumsrate des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal um etwa 0,1 Prozentpunkte geringer ausfallen als ohne Streik.

    Insgesamt ändere der Bahnstreik zwar die positive Konjunkturerwartung in Deutschland nicht. Allerdings sei ein möglicher Reputationsverlust des Standorts Deutschland bei ausländischen Investoren ein großes Risiko.

    Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hatte am Montag gesagt, dass der deutschen Wirtschaft durch den Arbeitskampf Schäden von täglich 100 Millionen Euro drohten. Wie Kipar betont, nehmen die täglichen Kosten zu, je länger der Streik dauert: „Grund hierfür ist, dass mit steigender Dauer über Zweitrundeneffekte eine wachsende Anzahl an Betrieben die Produktion drosseln oder einstellen müsste, womit die Verluste pro Tag zunehmen.“

    Bahn: Ersatzfahrpläne "stabil angelaufen"

    9.15 Uhr: Der Zugverkehr nach Ersatzfahrplänen sei am Morgen „stabil angelaufen“, teilte die Bahn in Berlin mit. Demnach fuhren im Fernverkehr etwa ein Drittel der Züge und im Regionalverkehr zwei Drittel. Besonders vom Streik betroffen seien die ostdeutschen Bundesländer und der Güterverkehr. Als Schwerpunkte des Streiks nannte die Bahn Berlin, Halle, Frankfurt am Main und Mannheim.

    Im Raum Halle, Leipzig und Dresden fuhren nach Bahn-Angaben am frühen Morgen nur 15 Prozent der Regionalzüge. Später sagte ein Bahnsprecher, es könnten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen etliche Züge mehr fahren als geplant, weil mehr Lokführer zur Arbeit erschienen seien als erwartet. Anders als im Westen der Republik gibt es im Osten unter den Lokführern fast keine Beamte, die nicht streiken dürfen.

    Auch die S-Bahnen waren stark beeinträchtigt. In Hamburg fuhren sie auf den Stammlinien im 20-Minuten-Takt. In Berlin wurde etwa die Hälfte der Linien ebenfalls im Abstand von 20 Minuten bedient.

    Geißler gibt Schwarz-Rot Mitschuld

    8.50 Uhr: Nach Ansicht des früheren CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler ist das sogenannte Tarifeinheitsgesetz der schwarz-roten Bundesregierung mitverantwortlich für die Eskalation im Tarifkonflikt. "Man kann diesen Arbeitskampf nur entschärfen, wenn die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf über die Tarifeinheit zurückzieht", sagte Geißler dem "Münchner Merkur". Kleinere Gewerkschaften könnten ihr Streikrecht nicht mehr ausüben, wenn das Gesetz wie geplant in Kraft trete.

    Geißler bezeichnete den vorgelegten Gesetzentwurf als "Frechheit". Er werde ohnehin nie gültig werden, da er verfassungswidrig sei. Das Tarifeinheitsgesetz soll Konflikte lösen, die dadurch entstehen, dass mehrere Gewerkschaften innerhalb eines Betriebs für ein und dieselbe Berufsgruppe Tarifforderungen aushandeln wollen. In letzter Konsequenz soll demnach notfalls die Gewerkschaft mit der größeren Mitgliederbasis ermittelt und deren Abschluss zwangsweise auf alle übertragen werden. Kleinere Spartengewerkschaften, aber auch große Arbeitnehmervereinigungen wie Verdi haben bereits Verfassungsbeschwerden angekündigt.

    Auch Gewerkschaft EVG droht mit Streiks

    8.44 Uhr: Die Bahngewerkschaft EVG schließt Streiks im Bahnverkehr in der laufenden Tarifrunde ebenfalls nicht aus. Der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner bekräftigte im ARD-Morgenmagazin: „Wenn am Ende des Prozesses wir feststellen, dass aufgrund der Eskalation das, was wir wollen, nämlich eine einheitliche Erhöhung für alle Beschäftigten um sechs Prozent und mindestens 150 Euro, nicht realisierbar ist über Tarifverhandlungen, schließen wir natürlich einen Streik auch nicht aus.“

    Die Gewerkschaft wolle verhindern, dass die unteren Einkommensgruppen im Tarifkonflikt abgehängt werden. „Das sind Kolleginnen und Kollegen, die für 1100 netto und 800 Euro Miete ihr Leben fristen müssen. Da kann es nicht sein, dass einzelne Berufsgruppen versuchen, aus diesem Kuchen, der zu verteilen ist im Bahnkonzern, mehr raus zu holen.“ Streik sei ein probates Mittel, wenn es am Verhandlungstisch nicht mehr gehe, betonte Kirchner. Im Gegensatz zur GDL streike die EVG allerdings nicht, um Strukturen zu ändern, sondern für mehr Geld.

    Weniger Straßenchaos als befürchtet

    8.36 Uhr: Zumindest in Hessen und Rheinland-Pfalz ist das befürchtete Chaos auf den Straßen wegen des Bahnstreiks zunächst ausgeblieben. Generell sei zwar mehr Verkehr zu verzeichnen, es gebe aber nicht erheblich mehr Störungen, teilte Hessen Mobil auf Anfrage am Dienstagmorgen mit. „Es läuft ein bisschen schwieriger“, sagte ein Sprecher.

    Die Lage sei bislang nicht so schlimm wie bei den vergangenen Streiks, erklärte auch die Polizei Mainz. Allerdings verzeichne man ein zunehmendes Verkehrsaufkommen. „Kurz vor acht Uhr läuft es so langsam zu“, sagte ein Polizeisprecher.

    Hamburger Logistiker im Routinestress

    8.26 Uhr: Hamburger Logistikunternehmen arbeiten derzeit daran, ihren Kunden andere Transportwege anzubieten. „Nach dem siebten Streik in Folge haben wir darin schon eine gewisse Übung“, sagt der Geschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure, Stefan Saß. Er befürchtet, dass der Arbeitskampf zu einer „nachhaltigen Schädigung des Verkehrsträgers Schiene“ führt. Mit jedem Streik geht Ladung verloren, und zwar langfristig“, sagt Saß. Bereits 2014 seien 2,3 Prozent weniger Güter auf der Schiene transportiert worden als 2013. „Schuld daran war der Arbeitskampf im Herbst“, so Saß. Ein Ausweg sei einzig die Verlagerung auf die Straße. „Aber die wollen wir doch eigentlich entlasten“, so Saß.

    600 streikende Lokführer im Norden

    8.08 Uhr: Auch in Hamburg und Schleswig-Holstein fallen zahlreiche Züge aus, allerdings hat die Deutsche Bahn einen Ersatzfahrplan eingerichtet. Dennoch mussten viele Reisende und Pendler auf das Auto oder Busse umsteigen. „Wir gehen davon aus, dass im Fernverkehr etwa ein Drittel der Züge fährt, im Nahverkehr sind es 50 Prozent“, sagte eine Sprecherin der DB Nord. In Hamburg-Altona steht ein Hotelzug der Bahn bereit. Dieser sei mit zehn Personen aber nur gering ausgelastet gewesen.

    Die GDL war am Dienstagmorgen mit dem Streikbeginn zufrieden. „Ich kann Ihnen sagen, die Straßen waren heute Morgen voll. Wir gehen davon aus, dass auch dieses Mal in ganz Norddeutschland etwa 600 Lokführer die Arbeit niederlegen werden“, sagte Hartmut Petersen, Bezirksvorsitzender GDL Nord.

    Bahnvorstand Weber beharrt auf Schlichtung

    8.01 Uhr: Im Tarifkonflikt ist weiter keine Annäherung in Sicht. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber erklärte am Morgen im Deutschlandfunk, es müsse eine Schlichtung in der Sache geben. "Wir werden darauf beharren, dass wir in ein solches Verfahren gehen." Er wolle "gern verstehen, welche Argumente die GDL einzubringen hat. Ich habe bisher keine gehört, die gegen eine Schlichtung sprechen".

    GDL-Chef Claus Weselsky hatte eine auch von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Verkehrsminister Alexander Dobrindt geforderte Schlichtung am Montag abgelehnt. "Wir werden in keine Schlichtung gehen, weil wir grundgesetzlich geschützte Rechte in keine Schlichtung bringen", hatte er erklärt. Der Konflikt schwelt seit fast einem Jahr.

    Forderungen nach Zwangsschlichtung

    7 Uhr: Mehrere Unionspolitiker fordern eine Zwangsschlichtung des Tarifkonflikts gefordert. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs (CDU), spricht sich in der „Bild“ für die Einführung eines gesetzlichen Schlichtungsverfahrens im Bahn- und Luftverkehr aus. „Bevor gestreikt wird, sollen die Parteien miteinander reden – wie erwachsene Menschen.“

    Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, fordert Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf, „diese Auseinandersetzung mit einer Zwangsschlichtung“ zu beenden. Künftig sollten „klarere Regeln für Arbeitskämpfe“ gelten. „Ein Mediationsverfahren sollte immer Vorbedingung von Streiks sein, ergänzt um eine angemessene Ankündigungspflicht von vier Tagen“, sagte er.

    Industrie befürchtet Milliardenschäden

    6.54 Uhr: Deutschlands Konzerne befürchten wegen des einwöchigen Ausstands einen Schaden von bis zu einer halben Milliarde Euro. Besonders betroffen sind nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) die Stahl-, Chemie- und Autobranche, die auf die pünktliche Lieferung von Einzelteilen und Rohstoffen angewiesen seien.

    Weselsky: "Wir haben Druck von innen"

    6.50 Uhr: „Wir wissen, dass die Bahnkunden nicht vor Begeisterung am Bahnsteig stehen und klatschen“, sagt GDL-Chef Claus Weselsky. Er lehnte am Montagabend im Interview der ZDF-Sendung „Wiso“ erneut die von der Bahn vorgeschlagene Schlichtung ab. Es gehe um grundgesetzlich geschützte Rechte der GDL-Mitglieder. „Wir lassen nicht über Grundrechte schlichten.“

    Weselsky verwies auf zwei Urteile der hessischen Arbeitsgerichte aus dem November 2014. „Unser Verhalten ist rechtmäßig, zulässig und verhältnismäßig.“ Die Bahn verhandele mit dem Ziel, keinen Abschluss mit der GDL zu erreichen, weil sie auf das neue Gesetz zur Tarifeinheit warte. Die Bahn weigere sich daher auch, Zwischenergebnisse schriftlich zu fixieren.

    In den ARD-Tagesthemen sagte Weselsky: „Wir haben Druck aus der Gewerkschaft von innen, von unseren Mitgliedern. Viel zulange haben wir verhandelt nach deren Ansicht, viel zu lange wird von Seiten des Bahnmanagements der Druck ignoriert, der auf unseren Leuten lastet.“ Er fügte hinzu: „Wenn das Bahnmanagement unbeeindruckt auf uns zeigt unter der Überschrift "das sind Streikhanseln", dann werden die Mitglieder der GDL - die Lokführer und Zugbegleiter - das Management weiter abstrafen wollen!“

    DGB Nord sieht Bahn-Mitarbeiter vor Zerreißprobe

    6.44 Uhr: Der Deutsche Gewerkschaftsbund im Norden sieht die Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG vor einer betriebsinternen Zerreißprobe. Nur ein solidarisches Vorgehen aller Bahnbeschäftigten und beider Gewerkschaften könne zu echten Verbesserungen im Unternehmen führen, sagte der DGB-Chef Nord, Uwe Polkaehn. „Dieser Egotrip führt zu nichts“, ergänzte er zum Streikaufruf der GDL. Polkaehn forderte die GDL auf, mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Gespräche zur Bildung einer Tarifgemeinschaft aufzunehmen.

    Ein Bahnmitarbeiter am Dienstagmorgen am leeren Stuttgarter Hauptbahnhof
    Ein Bahnmitarbeiter am Dienstagmorgen am leeren Stuttgarter Hauptbahnhof © dpa

    „Wenn die GDL jetzt einen Sechs-Tage-Streik ankündigt, dann tritt sie damit gleichzeitig den Schaffnern, Stellwerkern und allen anderen Beschäftigten in die Kniekehle, die mit der EVG für ihre Rechte kämpfen“, teilte Polkaehn mit. Durch den einseitigen Streikaufruf befürchtet der DGB-Vertreter, dass das Ansehen der Gewerkschaften beschädigt wird.

    Fahrgastverband für neues Vermittlungsverfahrent

    6.32 Uhr: Zur Beendigung des Arbeitskampfes der Lokführer hat der Fahrgastverband "Pro Bahn" eine Moderation anstelle einer Schlichtung vorgeschlagen. Damit könne ein Dialog der Tarifparteien erleichtert werden, zumal das Verständnis bei den Fahrgästen für die Streiks der GDL dramatisch abnehme, sagte Verbandssprecher Karl-Peter Naumann der "Rheinischen Post". Denn bei einer Moderation gehe es nicht um einen Schlichterspruch sondern zunächst darum, die Fähigkeit herzustellen, miteinander zu sprechen. Als Moderator schlug er den früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, vor. Es sollte „jemand mit Charisma sein, der nicht vom Fach ist, der zuhören kann und einfache Fragen“ stelle. Das Verständnis bei den Fahrgästen für die Lokführergewerkschaft GDL nehme dramatisch ab, sagte Naumann. (HA/dpa/rtr)