Mega-Deal in der Gesundheitsbranche: Fresenius kauft Rhön-Kliniken. Der Hamburger Asklepios-Konzern wollte die Übernahme stoppen. Schaltet sich die EU ein?

Frankfurt/Hamburg. Rückschlag für den Hamburger Klinikbetreiber Asklepios. Der Gesundheitskonzern Fresenius kauft für gut drei Milliarden Euro einen Großteil der Rhön-Kliniken und schafft damit einen Krankenhaus-Giganten, womöglich den größten in Europa. Mit dem Geschäft, das beide Konzerne am Freitag um 0.52 Uhr verkündeten, nimmt der monatelange Kampf um die Vorherrschaft am deutschen Klinikmarkt eine unerwartete Wendung. „Die Blockade ist aufgehoben – die Kuh ist vom Eis“, sagte ein Beteiligter.

Fresenius war 2012 mit der Übernahme von Rhön-Klinikum gescheitert, weil sich der Konkurrenten Asklepios in letzter Minute bei der fränkischen Klinikkette eingekauft hatte. Kürzlich kündigte der Medizintechnikkonzern B. Braun an, seinen Anteil an Rhön auf über 25 Prozent aufzustocken, womit der Konzern einen Rhön-Verkauf dauerhaft hätte verhindern können. Braun und Asklepios wollten so die Schaffung eines übermächtigen Anbieters auf dem deutschen Klinikmarkt verhindern.

Die Spitzen von Fresenius und Rhön haben in den vergangenen Monaten mit ihren Juristen jedoch in aller Stille einen Plan ausgeheckt, der alle überrascht: Der Dax-Konzern übernimmt nicht den gesamten Rhön-Konzern, sondern nur den Großteil seiner Kliniken. Die Aufsichtsräte und Vorstände beider Unternehmen hätten das Geschäft bereits abgesegnet und entsprechende Verträge unterschrieben, sagte ein Fresenius-Sprecher. Eine Zustimmung der Rhön-Aktionäre sei nicht mehr nötig.

Fresenius erwirbt 43 Kliniken und 15 medizinische Versorgungszentren, die im laufenden Jahr zusammen einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 250 Millionen Euro und einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro erzielen sollen – das entspricht rund zwei Dritteln der Gesamterlöse von Rhön. Fresenius legt dafür 3,07 Milliarden Euro auf den Tisch.

Rhön will sich in Zukunft vor allem auf Krankenhäuser konzentrieren, an denen Spitzenmedizin und universitäre Forschung betrieben wird. Die Basis des nun deutlich kleineren Konzerns bilden die Häuser in Bad Berka und Frankfurt/Oder, der Stammsitz in Bad Neustadt sowie die Universitätskliniken in Gießen und Marburg. Die „neue Rhön“ startet mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro und rund 15.000 Mitarbeitern.

Das Bundeskartellamt muss noch grünes Licht für das Geschäft geben. Bei bestimmten Krankenhäusern ist auch die Zustimmung der ehemaligen Eigentümer nötig, meist die der jeweiligen Kommune. Fresenius will den „überwiegenden Teil der Transaktion“ bis Ende des Jahres über die Bühne bringen.

Die Fresenius-Tochter Helios wird nach der Übernahme mit 117 Kliniken und einem Umsatz von rund 5,5 Milliarden Euro der größte private Klinikbetreiber in Europa sein. In Deutschland wird Helios als erster Anbieter ein flächendeckendes Kliniknetz betreiben und kann somit Angebote wie eine private Zusatzversicherung für gesetzlich Versicherte einführen. Damit wäre ein großer Traum von Rhön-Gründer Eugen Münch erfüllt, der den Verkauf an Fresenius vor rund zwei Jahren einfädelte.

„In Zukunft wird die Mehrheit der Menschen in Deutschland binnen einer Stunde eine Helios-Klinik erreichen können“, erklärte Fresenius. Zudem will der Konzern künftig eng mit den verbliebenen Rhön-Kliniken zusammenarbeiten und ist offen, auch weitere Krankenhäuser in dieses Netzwerk aufzunehmen. Die Übernahme sei „ein bedeutender Schritt im weiteren Ausbau unseres Krankenhausgeschäfts“, sagte Fresenius-Chef Ulf Schneider. Der Zukauf, der ausschließlich über Fremdkapital finanziert wird, werde sich bereits im ersten vollen Jahr nach seinem Abschluss positiv auf das Ergebnis je Aktie auswirken. Einmalaufwendungen von rund 80 Millionen Euro vor Steuern sind dabei allerdings nicht eingerechnet.

Schneider hat den Konzern aus dem hessischen Bad Homburg in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Milliarden-Übernahmen zu einem globalen Firmenkonglomerat ausgebaut. Die in aller Öffentlichkeit gescheiterte Übernahme von Rhön-Klinikum 2012 war für ihn ein großer Rückschlag, den er aber allem Anschein nach bestens weggesteckt hat.

Möglicherweise müsste sich sogar die EU-Kommission mit dem deak befassen. Dies ist angezeigt, wenn die Umsätze der an einer Fusion beteiligten Konzerne bei über fünf Milliarden Euro liegen. Allein Fresenius hatte 2012 einen Gesamtumsatz von 19,3 Milliarden Euro eingefahren. Landen die Pläne tatsächlich bei der Europäischen Kommission, kann das Bundeskartellamt aber einen Antrag stellen, die Fusion selbst zu prüfen, da in erster Linie der deutsche Markt betroffen ist. Die Unternehmen können aber auch selbst den Brüsseler Wettbewerbshütern mitteilen, dass aus ihrer Sicht eine Prüfung durch das Bundeskartellamt möglich wäre – dies könnte das Verfahren beschleunigen.

Die Übernahme hat Rhön-Klinikum im frühen Handel an die MDax-Spitze katapultiert. Die Aktien legten bei Lang & Schwarz am Freitag um 25,2 Prozent zu. Im vorbörslichen Frankfurter Handel stiegen die Titel ebenfalls um 25 Prozent. „Das war echt eine Überraschung – nach dem monatelangen Machtkampf hat damit wohl keiner mehr gerechnet. Und der Preis, den Fresenius für die Kliniken auf den Tisch legt, ist ordentlich“, sagte ein Händler.