Ein Hamburger Herzpatient leidet an schweren Komplikationen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Eimsbütteler CardioCliniC.
Eimsbüttel. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen die Eimsbütteler CardioCliniC eingeleitet. Sie prüft, ob sie Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung erheben soll. Der heute 79 Jahre alte Eduard Gerland, der 2011 zweimal in der zur Asklepios gehörenden CardioCliniC am Herzen operiert wurde, behauptet: „Die Ärzte haben ein OP-Tuch in meiner Brust vergessen.“
Bei dem ersten Eingriff – einer Bypass-Operation – soll das passiert sein. Zunächst seien heftige Beschwerden aufgetreten, dann sei die Wunde aufgeplatzt, was zu einem Herzstillstand geführt haben soll. Gerland musste notoperiert werden. Was dabei genau geschah, bekam er nicht mit. Aber unter den Folgen leide er bis heute, sagt er. Der Rentner hat kaum noch Kraft, nach wenigen Schritten ist er außer Atem, jeder Herzschlag macht ihm zu schaffen.
Aus Eduard Gerlands Sicht hat es sich so zugetragen: Wenige Tage nach der Notoperation kommen die behandelnden Ärzte zur Visite in sein Zimmer. „Einer der Ärzte sagte, dass bei der ersten OP ein Tuch in meinem Brustkorb vergessen wurde, das die Komplikationen ausgelöst hat“, sagt Gerland.
Mit dabei sind auch seine Frau Karin und der gemeinsame Sohn Kay. Dieser hält das Gespräch in einem Gedächtnisprotokoll fest. Mit dieser Version der Visite und der Äußerung des Arztes stehen die Gerlands bis heute allein da.
In den kommenden Wochen musste Gerland noch weitere Male operiert werden. Die handflächengroße Wunde auf seiner Brust wuchs nicht richtig zusammen. In mehreren Schritten wurde ihm Gewebe aus Bein, Bauch und Rücken entnommen, das die Wunde schließen soll. Weil Gerland nicht hinnehmen will, was passiert ist, schaltet er den Hamburger Anwalt Jens-Arne Reumschüssel ein, der auf Medizinrecht spezialisiert ist. Dieser wendet sich in einem Schreiben an die CardioCliniC und bekommt eine Antwort von dem Haftpflichtversicherer des Krankenhauses. „Einen Anhalt für anderes belassenes Fremdmaterial ergibt die Aktenlage nicht“, ist zu lesen. Stattdessen heißt es: „Aufgrund des Übergewichts kombiniert mit einem Diabetes mellitus und durch die Beanspruchung des Brustbeins, bedingt durch das postoperative Durchgangssyndrom, kam es bei diesem Risikoprofil zu einer Knochenlockerung mit konsekutivem Wunddefekt.“ Zudem habe die Einnahme gerinnungshemmender Medikamente zu einer „vermehrten Blutungsneigung“ geführt.
Doch Gerlands Anwalt Jens-Arne Reumschüssel bleibt dran. Bei der Staatsanwaltschaft stellt er eine Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. Außerdem leitet er ein Zivilverfahren ein, um Schmerzensgeldzahlungen zu erwirken. Der Streitwert liegt bei 30.000 Euro. Im Zuge der Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile ein Gutachten in Auftrag gegeben. Anwalt Reumschüssel liest daraus die Bestätigung der Schilderung seines Mandanten: „Das Gutachten kommt zu dem eindeutigen Schluss, dass ein Fremdkörper im Brustraum des Klägers vergessen wurde und es dadurch zu einem daumenendgliedgroßen Loch im Herzmuskel von Herrn Gerland kam, das ihn eigentlich hätte sein Leben kosten müssen“, sagt Reumschüssel. Am Ende des Schriftstücks werde zur endgültigen Abklärung zwar empfohlen, ein zweites radiologisches Gutachten hinzuzuziehen. Reumschüssel ist überzeugt, dass ein zweites Gutachten zu demselben Ergebnis kommen würde.
Die CardioCliniC, beziehungsweise die Asklepios GmbH, äußerte sich bisher wie folgt: „Uns hat Ende vergangener Woche eine beim Landgericht Hamburg eingereichte Klageschrift diesen Fall betreffend erreicht, die jetzt eingehend geprüft wird“, sagt Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz. Zwei Wochen hat die Klinik nun Zeit, anzuzeigen, ob sie sich gegen die Klage verteidigen möchten. Für die Einreichung einer Klagerwiderung gibt es dann eine Frist von weiteren drei Wochen.
„Aufgrund der Komplexität des Falls sowie der vielen Beteiligten, von denen einige gar nicht mehr für die CardioClinic tätig sind, ist es derzeit aus recherchetechnischen Gründen nicht möglich, im Detail zu antworten“, so Eberenz weiter. „Im Detail äußern können wir uns, sobald die Recherche intern abgeschlossen ist, uns alle Gutachten vorliegen und Klarheit darüber besteht, ob strafrechtlich ermittelt wird. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen uns hier keine vollständigen und gesicherten Informationen vor.“
Ob die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, ist noch ungewiss. Gegenüber dem Abendblatt äußert sich eine Sprecherin wie folgt: „Das Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung läuft noch. Wann es zu einer Entscheidung kommt, ist unklar.“