Der Finanzminister aus Den Haag übernimmt den Job von Jean-Claude Juncker und soll den Einfluss der reichen Mitgliedstaaten sichern.

Brüssel. Am Ende ging es doch schneller als erwartet, aber nicht ohne Schrammen: Der niederländische Sozialdemokrat Jeroen Dijsselbloem ist am Montag zum neuen Eurogruppenchef gewählt worden und tritt nun das schwere Erbe von Jean-Claude Juncker an. Auf dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel gab schließlich auch Frankreichs Ressortchef Pierre Moscovici seine Verzögerungstaktik auf. „Der Champagner wird serviert“, hieß es um 22.00 Uhr. „Ich finde diese Entscheidung sehr gut“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Doch einer machte nicht mit bei der Party: Spaniens Minister Luis de Guindos stimmte nicht für Dijsselbloem. Er brachte damit seinen Verdruss zum Ausdruck, dass fast alle Schlüsselämter der Eurozone - von Sparkommissar Olli Rehn bis zum ESM-Boss Klaus Regling – von Vertretern aus AAA-Ländern besetzt werden. Wird der Neuling das Spardiktat der solventen Nordländer noch strenger machen? Der frisch Gekürte werte sich gegen die Unterstellung: „Eine Spaltung zwischen Nord und Süd wird bestimmt nicht mein Ansatz sein“, sagte er. Schließlich sei er ein Sozialdemokrat, und Sparsamkeit und Solidarität müssten sich nicht ausschließen. Es werde unter seiner Führung eine Debatte geben über das Tempo, mit dem konsolidiert werden müsse.

Genau darauf – mehr Zeit – hofft Frankreich, wenn es um die Erfüllung der Brüsseler Stabilitätskriterien geht. Doch eine Festlegung auf Länder oder konkrete Zahlen vermied Dijsselbloem auf seiner ersten Pressekonferenz geflissentlich. Denn mit einer Lockerung der Sparpolitik würde er Berlin verärgern.

„Holt mich hier raus!“

Für den luxemburgischen Regierungschef Juncker war es das letzte Treffen als Strippenzieher der Eurokrise. „Da ist ein bisschen Wehmut dabei, aber vor allem Erleichterung“, sagte der 58-Jährige. Er wisse nicht, ob die Gruppe „ein Irrenhaus ist“. Aber über sechs Monate habe er gerufen: „Holt mich hier raus!“

Seine letzten Worte im Amt galten den Griechen, Portugiesen und Iren, die für die Rettungsprogramme Enormes leisteten. „Ich wünsche mir, dass sie belohnt werden“, sagte Juncker, und drückte seinem Nachfolger ein Küsschen auf die Wange.

Neben der Personalentscheidung befassten sich Schäuble und seine Kollegen mit den Krisenstaaten Zypern und Griechenland. Athen erhielt nach Verabschiedung einer Steuerreform grünes Licht für die nächsten Notkredite von insgesamt neun Milliarden Euro.

Nikosias Hoffnung auf ein baldiges Rettungspaket wurde indes enttäuscht. Er habe gehört, dass der zyprische Präsident jede Form von Privatisierungen ausschließe, sagte Schäuble. „Da fehlt es mir ein wenig an Fantasie, wie man bei den gegebenen Zahlen das Problem überhaupt in Angriff nehmen soll“. Er glaube jedenfalls nicht, „dass es in kurzer Zeit zu Entscheidungen zu Zypern kommt, und ich glaube auch nicht, dass das notwendig ist“. In Ratskreisen wird mit einem Beschluss im März gerechnet – also nach den zyprischen Wahlen im Februar.

Berlin bremst bei Bankenhilfe

Ein kniffliger Punkt auf der Agenda war auch die direkte Bankenhilfe, auf die viele Krisenstaaten setzen. Der irische Finanzminister und amtierende Ratsvorsitzende Michael Noonan erinnerte Schäuble an das Versprechen der EU-Rats- und Regierungschefs vom vergangenen Juni, die direkte Hilfe zu ermöglichen und damit den Teufelskreis aus Banken- und Staatsschulden zu durchbrechen.

Berlin drückt dabei aber auf die Bremse und hält das Instrument erst für einsatzbereit, wenn die EU-Bankenaufsicht im kommenden Jahr ihre Arbeit tatsächlich aufgenommen hat. Das könnte unter anderem für Dublin zu spät kommen, um sich rasch aus der Knute des laufenden Hilfsprogramms zu befreien. „Aber wir dürfen keine falschen Erwartungen wecken“, bekräftigte Schäuble seine Zurückhaltung. Fortschritte auf dem Weg zu einer Bankenunion gehören indes auch zu den Prioritäten von Juncker-Nachfolger Dijsselbloem.