Was passiert mit Hochtief und den 81.000 Arbeitnehmern, wenn der spanische Großaktionär ACS den Führungswechsel vollzieht?

Düsseldorf. Der spanische Großaktionär ACS soll nach dem Willen der Arbeitnehmervertreter im Hochtief-Aufsichtsrat seine Pläne für den Essener Baukonzern offelegen.

Die Vertreter der Gewerkschaft IG Bau setzten darauf, dass die Interessen der Arbeitnehmer gewahrt würden, sagte ein IG-Bau-Sprecher am Dienstag vor der Sitzung des Hochtief-Aufsichtsrats, bei der über die Ablösung von Hochtief-Chef Frank Stieler entschieden werden soll.

Stieler soll durch den von ACS in den Vorstand entsandten Marcelino Fernandez Verdes ersetzt werden. Verdes solle erläutern, welche Strategie er einschlagen wolle, sagte der Sprecher. Auch Aufsichtsratschef Manfred Wennemer steht bei Hochtief vor dem Abschied. In der Belegschaft waren immer wieder Befürchtungen laut geworden, der unter Milliarden-Schulden leidende ACS-Konzern könnte Hochtief zerschlagen.

Der erst seit Mai 2011 als Vorstandschef amtierende Stieler habe sich mit Wennemer auf ein „einvernehmliches Ausscheiden„ verständigt, hatte Hochtief bereits in der Nacht zum Sonnabend mitgeteilt. Darüber hinaus liefen Gespräche über die Wahl von Verdes zum neuen Vorstandschef.

Verdes war in der Vergangenheit Mitglied im Hochtief-Aufsichtsrat, ACS hatte ihn dann im April 2012 in den Hochtief-Vorstand abgestellt. Dort hatte er sich vor allem um das Amerika-Geschäft gekümmert. Verdes gilt als enger Vertrauter von ACS-Chef Florentino Perez. ACS kontrolliert 54,28 Prozent der Hochtief-Aktien, Stieler und Wennemer waren im Zuge der Hochtief-Übernahme auf ihre Posten gerückt. Der Hochtief-Aufsichtsrat soll nun am Nachmittag in Essen über die Vorstandspersonalien beraten. In Kreisen des Kontrollgremiums hatte es geheißen, es werde mit einer lebhaften Debatte gerechnet.

ACS hatte sich nach einem langen Übernahmekampf im vergangenen Jahr die Mehrheit an Hochtief gesichert. Daraufhin ging Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter, der sich vehement gegen das Ende der Unabhängigkeit des mehr als 81.000 Mitarbeiter starken Traditionskonzerns gewehrt hatte.

Perez hatte Hochtief auch übernommen, um das Geschäft von ACS international auf eine breitere Basis zu stellen und seinen Konzern unabhängiger vom spanischen Heimatmarkt zu machen. Dort ist die Baukonjunktur eingebrochen. Durch den rigiden Sparkurs der Regierung in Madrid könnten die öffentlichen Ausgaben und Aufträge weiter sinken.

Der mit rund 9,2 Milliarden Euro verschuldete spanische Baukonzern hatte erst vor kurzem eingeräumt, dass er einen großen Teil seiner Hochtief-Aktien an die Großbank BBVA verpfänden musste. Lange hatte Hochtief wegen Problemen mit der Australien-Tochter Leighton ACS keine Freude bereitet.

Im dritten Quartal hatten die Essener wieder schwarze Zahlen geschrieben und dadurch die ACS-Bilanz aufpoliert. Analysten und Aktionärsschützer rechnen aber damit, dass ACS bei Hochtief Kasse machen will. Neben dem Flughafengeschäft und einer Immobilientochter, die bereits seit Jahren auf der Verkaufsliste stehen, könnte ACS auch eine Trennung von der Tochter Leighton oder den Hochtief-Beteiligungen in Nordamerika erwägen.

Sorge bereitet Hochtief derzeit das Europageschäft. Der Auftragseingang liegt dort unter den Erwartungen. Die „Wirtschaftswoche“ hatte berichtet, Hochtief wolle rund 700 Stellen streichen. „Die laufende Analyse des Europageschäfts ist noch nicht abgeschlossen“, betonte dagegen ein Firmensprecher. „Es gibt erst recht keine Beschlüsse in irgendeine Richtung.“