Zum Januar werden Verbraucher für Strom deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Ursachen sind Ökostromabgaben und Netzentgelte.
Köln. Es steht bereits seit Monaten fest – die Strompreise in Deutschland werden zum 1. Januar deutlich steigen. Diesmal ist es nicht nur eine Minderheit der rund 1000 Anbieter in Deutschland, die die Stromkunden zur Kasse bitten: Von Stadtwerken bis zu den Regionalversorgern und den Energieriesen, von Discountern bis hin zu den Ökostromanbietern.
Viele wollen oder müssen die gestiegenen Kosten durch die höhere EEG-Umlage und Netzentgelte sowie andere Abgaben ganz oder teilweise auf die Endkunden abwälzen, um ihre Renditen zu sichern. „Bei den Margen kommt praktisch keiner an einer Erhöhung vorbei”, ist sich Ralph Kampwirth vom Ökostromanbieter Lichtblick sicher.
Nach Berechnungen der Internetvergleichsportale Verivox, Toptarif und Check24 hatten bis zum Freitagabend (16. November) knapp 400 Unternehmen Preisanpassungen angekündigt – darunter Vattenfall, EnBW (zum 1. Februar), EWE, Mainova oder auch der RWE-Discounter Eprimo.
Betroffen seien mehr als die Hälfte aller Haushalte in Deutschland, sagt Dagmar Ginzel von Verivox. Spätestens bis zum Dienstag (20.11.) müssen die Versorger ihre Kunden über Preiserhöhungen informieren, damit die Anpassungen zum 1. Januar wirksam werden können. Daniel Dodt von Toptarif geht davon aus, dass es am Ende mehr als 500 Versorger sein werden.
Im Schnitt liegen die Aufschläge bei rund 11,7 Prozent. Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden errechnen sich daraus zusätzliche Belastungen in einer Größenordnung von rund 125 Euro. Dabei erreichen die Aufschläge bis zu 20 Prozent in der Spitze.
Die Stromriesen Eon und RWE halten sich noch bedeckt. RWE will die Preise für seine Kunden in der Grundversorgung „bis ins neue Jahr“ stabil halten. Nur Festpreisverträge, wovon jeder fünfte von insgesamt 2,5 Millionen RWE-Kunden betroffen sind, sollen angepasst werden. Branchenprimus Eon gibt sich wortkarg: „Wir beobachten weiterhin den Markt“, sagt ein Sprecher. Immerhin versorgen die sechs Regionalgesellschaften des Unternehmens rund 6 Millionen Kunden in Deutschland mit Strom und Gas.
Dauerhaft können die Stromanbieter allerdings kaum aus der Preisrunde ausscheren. Branchenkenner erwarten, dass im Februar, März oder April auch die Nachzügler ihre Strompreise heraufsetzen. Denn der Spielraum im Einkauf, mit günstigeren Konditionen die zusätzlichen Belastungen zu kompensieren, ist gering. Dass in der Branche wegen der Energiewende ohnehin mit einem Preisanstieg zu rechnen war, darauf weisen Experten schon länger hin.
„Ich wüsste nicht, wie das noch zu vermeiden wäre“, sagte RWE-Chef Peter Terium unlängst dem Magazin der „Stern“. Die Politik habe die Bevölkerung über den wahren Preis der Energiewende im Dunkeln gelassen. Dabei zeigt sich jetzt, dass ausgerechnet der Bund, der Deutschland nach der Katastrophe von Fukushima auf den neuen Energiepfad setzte, der große Profiteur der Strompreisrunde ist.
Hauptverursacher des Anstiegs seien nicht Erneuerbare Energien, schreibt Oliver Hummel vom Ökostromanbieter Naturstrom in einer Preisankündigung an die 220 000 Kunden des Unternehmens. Es seien vielmehr die Sonderregelungen für Industrie- und Netzbetreiber und die Steuer, die den Staat am Ausbau der Erneuerbaren kräftig mitverdienen lässt.
Allein die Mehrwertsteuer auf die EEG-Umlage soll 2013 eine Summe von 1,4 Milliarden Euro einspielen. „Es ist nicht nachzuvollziehen, dass die Industrie entlastet wird, die Verbraucher aber eine Umlage zahlen und darauf noch Steuern berappen müssen“, sagt Dodt von Toptarif.
Eine ganz andere Rechnung macht der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf: In diesem Jahr werden die Staatslasten am Strompreis ein Volumen von 23,8 Milliarden Euro erreichen, teilte der Verband vor wenigen Tagen mit. Im kommenden Jahr könnten es schon 30 Milliarden Euro sein, plus Mehrwertsteuer.
Verbraucherschützer sehen deshalb nur einen Ausweg aus der Misere - kurzfristig müsse es zu deutlichen Entlastungen kommen, fordert die Verbraucherzentrale Bundesverband. Hierzu gehöre der Abbau von Vergünstigungen beim EEG und den Netzentgelten ebenso wie die Streichung der Stromsteuer.