VW kann sich von der Absatzkrise in Europa dank der guten Übersee-Zahlen noch abkoppeln. Doch es zeigen sich erste Dellen.

Wolfsburg. Die guten Absatzzahlen in den USA und Asien schützen Europas größten Autoproduzenten vor der schwächelnden Nachfrage in Westeuropa.

Bis Ende Oktober lieferte die Kernmarke VW-Pkw insgesamt 4,72 Millionen Autos aus. Das waren 11,2 Prozent mehr als vor einem Jahr, wie die Wolfsburger am Dienstag berichteten. Im Oktober selbst kamen sie auf eine Steigerung von 16,3 Prozent. Während die Verkäufe in Übersee erneut anzogen, musste der Autobauer in seiner Heimatregion herbe Einbußen hinnehmen.

„Das Bild in Europa gestaltet sich weiterhin schwierig“, sagte Vertriebsvorstand Christian Klingler zu den Folgen der Schuldenkrise, die potenzielle Kunden von einem Autokauf abhält. Der Konzern setzt große Hoffnungen in die siebte Auflage seines Bestsellers Golf. Für das neue Modell, das am vorigen Wochenende in Deutschland startete, gibt es nach VW-Angaben inzwischen mehr als 40 000 Vorbestellungen.

Einstweilen bleibt die Lage in Ländern wie Spanien, Italien, Griechenland oder Portugal jedoch heikel – auch für die sonst so erfolgsverwöhnten Niedersachsen. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres konnte vor allem die boomende Nachfrage aus den zentral- und osteuropäischen Staaten (plus 28,8 Prozent) die Einbrüche im Westen des Kontinents (minus 6,0 Prozent) abfedern. Für den September hatte das Unternehmen nach langer Zeit zudem einen Rückgang in Deutschland gemeldet, nun gelang wieder ein leichter Zuwachs (plus 0,6 Prozent).

Ganz anders in den entfernteren Märkten: Im Gegensatz zu eher auf Europa fixierten Konkurrenten wie PSA oder der General-Motors-Tochter Opel profitiert VW besonders in China und den USA von der Kauflust der Kunden. So stand die Region Asien-Pazifik zuletzt mit einem Plus von 17,4 Prozent in der Vertriebsstatistik, in China als wichtigstem Automarkt der Welt war es noch ein Prozentpunkt mehr. Derweil fuhr VW in den Vereinigten Staaten eine Steigerung von 35,6 Prozent ein.

Spurlos geht die Angst vor einer längeren Auto-Rezession in Europa aber auch nicht an Deutschlands größtem Industriekonzern vorbei. Vorstandschef Martin Winterkorn hatte wiederholt betont, man müsse den Trend genau beobachten. Im September war VW im Vergleich zum Vorjahresmonat auf ein Fünftel weniger Neuzulassungen in Deutschland gekommen. Absatz- und Produktionsziele wurden nach unten korrigiert, im Betriebsergebnis des dritten Quartals zeigten sich erste Dellen.

Dennoch steuert das Management 2012 für alle Marken nach dem bisherigen Rekordabsatz von knapp 8,4 Millionen Autos im vergangenen Jahr einen neuen Bestwert bei den Auslieferungen an. Den operativen Gewinn von 11,3 Milliarden Euro will Volkswagen dabei stabil halten.

Auch für die VW-Oberklasse-Töchter werden konsumfreudige Chinesen eine immer wichtigere Klientel. So übertraf Audi in China nach zehn Monaten das Absatzniveau des gesamten Vorjahres, global lag das Plus seit Januar bei fast 13 Prozent. Porsche erreichte beinahe schon den Wert von 2011, in China konnten die Schwaben im Oktober 57,8 Prozent mehr verkaufen. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman dürfte das Reich der Mitte bis 2025 noch an Bedeutung zulegen.