Der neue Golf ist auf dem Markt. Es ist das wichtigste Modell für den Autobauer Volkswagen. Ferdinand Piëch macht sich aber Sorgen.
Wolfsburg/Berlin. Steigende Energiepreise können nach Ansicht von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch dem Wirtschaftsstandort Deutschland schaden. „Deutschland läuft aufgrund hoher Energiekosten Gefahr, Industriezweige wie Gießereien und Metall mittelfristig zu verlieren“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Dies bleibe auch für den Autobauer VW nicht ohne Folgen. „Wir bei Volkswagen merken das beim Einkauf zum Teil schon heute, weil wir aufgrund des Kostendrucks auf Lieferanten aus anderen Ländern umsteigen müssen.“ VW-Fahrzeuge würden dadurch „tendenziell“ teurer. Am Sonnabend startete bundesweit der Verkauf für den neuen VW Golf.
„Die Markteinführung ist sehr erfolgreich gestartet“, sagte ein VW-Sprecher am Sonntag: „Die Häuser waren voll und gut besucht.“ Konkrete Zahlen, wie viele der neuen Golf-Modelle geordert wurden, konnte er allerdings noch nicht nennen. Viele Händler organisierten spezielle Premierenveranstaltungen. Bisher wurden nach VW-Angaben europaweit rund 40 000 Modelle des Golf 7 vorbestellt. Anfang September hatte Volkswagen das neue Zugpferd erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Neuauflage des mehr als 29 Millionen Mal verkauften Kompaktwagens soll VW auf dem Weg an die Weltspitze zügig voranbringen und auch im Kampf gegen die europäische Absatzkrise wappnen. Europas größter Autobauer hatte die jüngste Version des Autos Anfang September in Berlin erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Einer möglichen Rabattschlacht auf dem Automarkt sieht der oberste VW-Kontrolleur Piëch gelassen entgegen: „Für uns wird es unblutig sein“, sagte er. Fiat-Chef Sergio Marchionne hatte VW vorgeworfen, ein „Blutbad“ bei den Margen anzurichten. Indem die Wolfsburger aggressive Rabatte gewährten, nutzten sie die Krise, um Marktanteile zu gewinnen. VW hatte die Kritik umgehend zurückgewiesen. Vor kurzem dann hatten Fiat und VW ihren Streit beigelegt.
VW hat auf die Energiewende laut Piëch bereits reagiert: „Wir kaufen preiswerte Wasserkraft und alternative Energien.“ Mit Sorge beobachtet er die Entwicklung der Euro-Krise: „Sorgen machen uns die Regionen südlich der Alpen und westlich vom Rhein. Fünf Prozent Plus oder Minus in Deutschland merkt man kaum, aber zwei Drittel weniger in Spanien schon.“ Im kommenden Jahr rechnet Piëch für seine Branche mit Absatzproblemen auf dem europäischen Markt: „Die Situation speziell in Europa ist von deutlich zunehmender konjunktureller Unsicherheit geprägt. Die Rahmenbedingungen sind und bleiben insofern herausfordernd.“
Piëch hatte in einem am Freitag veröffentlichten „Autobild“-Interview gesagt, er wolle seinen Job an der Spitze des VW-Aufsichtsrats noch etliche Jahre ausüben. „Ich habe Martin Winterkorn gebeten, auch noch den nächsten Golf erfolgreich auf den Markt zu bringen“, sagte der 75-Jährige der Zeitschrift mit Blick auf den VW-Vorstandschef. Piëch wolle „mindestens so lange“ Chef des Kontrollgremiums bleiben. Eine neue Version des Kompaktwagens kommt alle fünf bis sieben Jahre heraus.
Piëch war erst auf der Hauptversammlung Mitte April für fünf weitere Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Damals zog auch seine Ehefrau Ursula Piëch (56) in den Aufsichtsrat ein. Mehrere Anleger hatten mit Kritik reagiert und eine mögliche Vermischung privater und geschäftlicher Interessen moniert. Ferdinand Piëch bekräftigte, dass seine Frau die Aufgabe im Aufsichtsrat „hervorragend machen wird. Denn wie ich steht sie uneingeschränkt zum Volkswagen-Konzern und seinen Mitarbeitern“.