In der Euro-Krise setzen Deutsche auf “Betongold“ und lassen die Kassen der Baubranche klingeln. Kehrseite für Verbraucher: Preise steigen.

Wiesbaden. Gute und sichere Geldanlage gesucht: Die Baubranche in Deutschland profitiert vom steigenden Interesse an einer sicheren Geldanlage in Immobilien. Das erste Halbjahr 2012 brachte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Zuwächse sowohl bei den Auftragseingängen als auch beim Umsatz, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte.

Die Aufträge erhöhten sich preisbereinigt um 5,5 Prozent, der Gesamtumsatz des Bauhauptgewerbes lag mit gut 39 Milliarden Euro um 0,5 Prozent über dem Niveau der ersten sechs Monate des Jahres 2011.

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Hauptgrund für den Aufschwung: Viele Investoren flüchten wegen der turbulenten Märkte in vermeintlich sicheres „Betongold“ und stecken Geld in Immobilien. „Der Wohnungsbau ist unglaublich stark, das ist ganz klar die treibende Kraft der konjunkturellen Entwicklung – nicht flächendeckend, aber vor allem in den Ballungsräumen“, erklärte Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Sprecher des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

Nach Berechnungen des Verbandes wurden in Großstädten und ihrem Umland von Januar bis Ende Juni dieses Jahres insgesamt gut 41 Prozent mehr neue Wohnungen in Mehrfamilienhäusern genehmigt als in den ersten sechs Monaten 2011. Damit lag die Wachstumsrate etwas mehr als doppelt so hoch wie in Gesamtdeutschland mit rund 20 Prozent. Ausgewertet hat die Bauindustrie dabei die Daten für Hamburg , Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt/Main, die Region Hannover, Köln, den Stadtkreis Stuttgart sowie München (Stadt und Landkreis).

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„Bei den Immobilienpreisen in Deutschland gibt es noch Luft nach oben, auch weil es hier nicht diese Blasen gab wie etwa in Spanien und Irland. Das lockt auch ausländisches Kapital nach Deutschland“, sagte Stiepelmann. „Das führt dann dazu, dass Investitionen oft im höherpreisigen Segment stattfinden: Wenn gebaut wird, wird eher teurer gebaut. Wohnungsbaugesellschaften, die auch preisgünstigere Wohnungen anbieten wollen, haben da oft Schwierigkeiten.“ Städtetag und Wohnungsunternehmen hatten kürzlich Alarm geschlagen: Wer wenig verdiene, habe zunehmend Probleme, bezahlbare Wohnungen zu finden.

Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) beobachtet zudem den Trend, dass in großen Städten zunehmend leerstehende Büros zu Wohnungen umfunktioniert werden. „Steigende Wohnungsmieten begünstigen den Prozess“, analysieren die Helaba-Experten.

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Den Unternehmen des Hoch- und Tiefbaus mit insgesamt 731 000 Beschäftigten (Ende Juni) kommt die große Nachfrage gelegen. „Wir sind zufrieden. Anfang des Jahres sah es bei den Umsätzen nicht so gut aus, das dreht sich jetzt“, sagte Stiepelmann.

Nach einem Dämpfer im Mai knüpfte der Juni an den guten Jahresstart an, wie aus den Zahlen des Bundesamtes hervorgeht: Die Auftragseingänge lagen real um 4,0 Prozent über dem Vorjahresniveau. Der Umsatz in dem Monat kletterte um 6,4 Prozent auf gut 8,5 Milliarden Euro. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass wir unsere Umsatzprognose von nominal vier Prozent Plus für das Gesamtjahr erreichen können“, sagte Stiepelmann.

Während der Wohnungsbau boomt – mit zweistelligen Zuwachsraten bei den Auftragseingängen im Juni (plus 31,4 Prozent) und im ersten Halbjahr insgesamt (plus 12,1 Prozent) – hält sich der Wirtschaftsbau (Fabriken, Werkstätten, Büros) zumindest etwas über dem Vorjahr.

Nur mit der Entwicklung im öffentlichen Bau ist die Branche nicht zufrieden: Hier lagen die Erlöse im ersten Halbjahr um 8,4 Prozent unter Vorjahr. „Den Kommunen, die für 60 Prozent der öffentlichen Baumaßnahmen stehen, fehlt das Geld. Sie stehen weiter auf der Investitionsbremse“, erklärte Stiepelmann.