Wurden iPhone und iPad kopiert oder nicht? Drei Wochen hatten die Anwälte, um die Jury zu überzeugen. Jetzt entscheiden neun Bürger.
San Jose. Eine außergerichtliche Einigung ist nicht mehr möglich: Im großen Patentprozess von Apple und Samsung in Kalifornien haben jetzt die Geschworenen das Wort. Sie müssen über die gegenseitigen Ideenklau-Vorwürfe der beiden Smartphone-Schwergewichte entscheiden. In der letzten Verhandlung am Dienstag versuchten beide Seiten in ihren Schlussplädoyers noch einmal, mit wuchtigen Worten die neun Geschworenen zu überzeugen.
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Apple-Anwalt Harold McElhinny bekräftigte laut US-Medienberichten den Vorwurf, Samsung habe in wenigen Monaten kopiert, woran Apple bei der Entwicklung des iPhone fünf Jahre lang gearbeitet habe. Er stützte sich dabei auch auf eine interne Analyse der Südkoreaner, in der von einer Design-Krise bei Samsung die Rede war und die Übernahme von iPhone-Funktionen empfohlen wurde.
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„Sie haben eine Milliarde Dollar für das Nachahmen unserer Entwicklungen ausgegeben und zeigen es in aller Welt herum, so dass das Apple-Design nicht mehr als einzigartig wahrgenommen wird“, wetterte McElhinny. Kein Samsung-Manager und kein echter Designer sei aus Südkorea zum Prozess gekommen, stattdessen habe Samsung nur Anwälte geschickt. Für Apple waren unter anderem Chef-Designer Jony Ive und Marketingchef Phil Schiller als Zeugen aufgetreten.
Samsung-Anwalt Charles Verhoeven konterte, Apple versuche, den Konkurrenzkampf vor Gericht statt am Markt auszutragen. Dabei appellierte er an die Mentalität der Amerikaner: „Wettbewerb ist das, was dieses Land erbaut hat.“ Zugleich erklärte der Samsung-Anwalt, die betroffenen Patente von Apple dürften gar keine Gültigkeit haben, weil es schon entsprechende frühere Erfindungen gegeben habe. Apple glaube, „ein Monopol auf Rechtecke mit abgerundeten Ecken und Touchscreen haben zu dürfen“, kritisierte Verhoeven.
Bei Technik folge aber die Form dem Verwendungszweck: Schließlich sähen sich alle Fernsehgeräte in einem Elektromarkt auch ähnlich. Apple „Gerede“ vom Kopieren sei eine Ablenkung: Sie wüssten, dass niemand die Geräte der beiden Hersteller beim Kauf verwechsele.
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Den Geschworenen steht jetzt viel Arbeit bevor: Sie müssen unter anderem bei jedem einzelnen Gerät entscheiden, ob es bestimmte Punkte der genannten Patente verletzt. Das ist wichtig, um die Höhe eventueller Schadenersatzzahlungen feststellen zu können. Bei manchen Fragen geht es um mehr als zwei Dutzend Samsung-Geräte. Der Entscheidungs-Vordruck für die Geschworenen ist deshalb rund 20 Seiten lang und erinnert an einen Prüfungsbogen.
Zunächst hörten sich die Geschworenen die rund 100 Seiten langen Anweisungen für ihre Arbeit an. Richterin Lucy Koh ließ sie dabei mehrfach aufstehen, damit sie wach und konzentriert bleiben. Die sieben Männer und zwei Frauen sollten am Mittwoch mit ihren Beratungen beginnen. Beobachter stellten sich auf mehrere Tage oder sogar Wochen ein, die bis zu einer Entscheidung vergehen könnten.
Die Geschworenen waren so ausgesucht worden, dass sie nicht zu tief in der Technologiebranche involviert sind – gar nicht so einfach in dem berühmten Silicon Valley. Am Ende landeten auf der Geschworenenbank unter anderem ein Stadt-Angestellter, ein Sozialarbeiter, ein Ingenieur, ein Angestellter des Telekom-Riesen AT&T und ein arbeitsloser Videospiele-Fan, der Softwareentwickler werden will.
Apple wirft Samsung vor, Design und Software von iPhone und iPad kopiert zu haben, und verlangt über 2,5 Milliarden Dollar (2,0 Mrd Euro) Schadenersatz. Der südkoreanische Konzern bezichtigt Apple im Gegenzug, mehrere technische Patente verletzt zu haben, und fordert rund 400 Millionen Dollar.
Der Prozess in San Jose – nur wenige Kilometer vom Apple-Hauptquartier in Cupertino entfernt – ist der bisherige Höhepunkt in dem weltweit geführten Streit, der mit zahlreichen Verfahren auch in Deutschland ausgetragen wird.
Mit Material von dpa/dapd