Der Patentprozess von Apple und Samsung gewährt Einblicke hinter die Design-Kulissen, da wird die juristische Schlacht zur Nebensache.
San Francisco. Der US-Konzern Apple war seit Jahren nicht nur eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt, sondern auch verschlossen wie eine Auster. Die Designabteilung ist ein Hochsicherheitstrakt, die Mitarbeiter erzählen einander nicht, woran sie arbeiten, jedes Produkt soll bis zur großen Vorstellung ein Mysterium bleiben – so führte es der geheimniskrämerische Gründer Steve Jobs ein.
Doch jetzt lüftet der Patentprozess gegen Samsung ein Apple-Geheimnis nach dem anderen und schafft einige Mythen aus der Welt. 100 Seiten Bilder von iPhone- und iPad-Prototypen sind jetzt allgemein zugänglich und zeigen, wie mühsam sich die Apple-Designer zur endgültigen Form der Geräte durchgekämpft haben. Man weiß nun, dass Apple sehr wohl wie alle anderen auch Kundenbefragungen durchführt, anstelle den Nutzern mit einem Anflug von Arroganz das vorzusetzen, was man für richtig hält. Und dass der Konzern in Wirklichkeit schon über ein kleineres iPad nachdachte, als Jobs Geräte dieser Größe grundsätzlich zu „Totgeburten“ erklärte.
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Die Informationen stammen aus den Unmengen an Material, das Apple im Zuge des Verfahrens an Samsung übergeben musste. Allein von Jobs sind mehr als 2000 E-Mails darunter – was die Anwälte der Südkoreaner für immer noch zu wenig halten. Jetzt gelangen sie über Samsung als Beweismittel in die Prozess-Unterlagen, die in den USA grundsätzlich offen zugänglich sind. Die Seiten versuchten zwar, die Papiere großzügig für vertraulich erklären zu lassen, scheiterten aber an Richterin Lucy Koh und einem Antrag der Nachrichtenagentur Reuters.
Samsung will mit den gezielt platzierten Apple-Informationen belegen, dass der US-Rivale auch die Konkurrenz im Auge behalte und sich bei iPhone und iPad von fremden Design-Ideen inspirieren ließ. Das klappte bisher nur bedingt. Denn die ersten Einblicke hinter die Kulissen spielten eher Apple selbst in die Hände. Wenn etwa Apple-Designer Christopher Stringer – langes Haar, heller Anzug – den Geschworenen erzählt, wie sein Team „am Küchentisch“ jongliert, wirkt das so, wie Apple rüberkommen will: Cool. Und die zahllosen verworfenen iPhone-Prototypen wirken sogleich eher als Beleg für die Rastlosigkeit der Designer denn als Fundgrube für verstreute fremde Einflüsse. Und sie bieten Stringer die Gelegenheit den schönen Satz zu sagen, die Designer hätten sofort gespürt, dass sie beim endgültigen Design für das erste iPhone ankamen, weil es schlicht das schönste war.
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Die gelüfteten Geheimnisse sind der Preis, den Apple zahlt, um seine Ideenklau-Vorwürfe durchzufechten. Und das muss auch der notorische Geheimniskrämer Jobs in Kauf genommen haben, denn schließlich war es von Anfang an klar, dass zumindest Samsung massiven Einblick in Apples Innenleben bekommen wird.
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Zugleich passt das aber auch gar nicht so schlecht zum Kurs des heutigen Chefs Tim Cook, dem der Apple-Gründer kurz vor dem Tod den Konzern übergab. In seinem knappen Jahr an der Apple-Spitze hat Cook deutlich gemacht, dass er für mehr Offenheit steht. Das Unternehmen reagierte auf Vorwürfe zu schlechten Arbeitsbedingungen in China mit dem Beitritt zu einer unabhängigen Prüforganisation und veröffentlichte die Liste seiner Zulieferer.
Nur bei künftigen Produkten, da hört die neue Offenheit nach wie vor auf – auch im Gerichtssaal verweigerte Marketingchef Phil Schiller eine Antwort auf eine Frage der Samsung-Anwälte zum Design des für Herbst erwarteten nächsten iPhone. So weiß man auch weiterhin nicht, ob die im Netz aufgetauchten Bilder eines angeblichen iPhone 5 echt sind.