Der Importeur Goldgas will den deutschen Markt mit günstigerem Flüssig-Erdgas aufmischen. Industriekunden profitieren, Verbraucher meist nicht.
Hamburg. Die Preise für Gasimporte kannten wegen des weltweiten Überangebots und der Wirtschaftskrise in den vergangenen Monaten nur eine Richtung: Sie gingen deutlich nach unten . So sank nach Berechnungen der Bundesnetzagentur der Preis im deutschen Großhandel von mehr als drei Cent je Kilowattstunde auf die Hälfte. Während Industriekunden durch niedrigere Einkaufspreise davon profitierten, gingen die deutschen Verbraucher jedoch meistens leer aus. Zwar sanken nach Erhebungen der Netzagentur die Gastarife für Haushaltskunden in der Grundversorgung im Schnitt von 7,1 im April 2009 auf 6,5 Cent je Kilowattstunde ein Jahr später. "Das ist aber bei Weitem nicht das, was bei Industrie- und Gewerbekunden ankommt, und bei Weitem nicht das, was am Großhandel passiert", sagte Agenturchef Matthias Kurth der "Süddeutschen Zeitung".
Während einige Versorger in der Vergangenheit zwar Einsparungen weitergegeben haben und ihre Tarife senkten oder - wie etwa der norddeutsche Anbieter E.on Hanse - sie stabil ließen, haben zum 1. Oktober nochmals 74 Gasversorger ihre Preise um durchschnittlich neun Prozent erhöht, wie das Verbraucherportal verivox.de ermittelt hat. Kurth rät in solchen Fällen zum Anbieterwechsel.
Preisbindung von Gas ans Heizöl wird zunehmend aufgeweicht
Früher war die Gaspreisfindung in Deutschland einfach. Importeure wie Ruhrgas haben mit ihren Lieferanten wie etwa Russland langfristige Verträge abgeschlossen. Die Preise richteten sich mit zeitlicher Verzögerung nach denen für leichtes Heizöl. Mit der Liberalisierung des Marktes kamen jedoch Gasmengen vom preisgünstigeren Spotmarkt ins Land. Das Angebot übertraf die Nachfrage. Die Folge davon ist jetzt, dass die Bindung zwischen Heizöl- und Gaspreis auf dem Papier zwar noch besteht, aber in Wirklichkeit Gas billiger ist als Öl (siehe Grafik).
Goldgas will von 2013 an erstmals flüssiges Erdgas einführen
"Der Wettbewerb auf dem Gasmarkt ist endlich in Gang gekommen", sagt Rainer Wiek, Chefredakteur vom Branchendienst Energie Informationsdienst (EID). "Wer die Gelegenheit hat, deckt sich derzeit mit günstigen Mengen auf dem Spotmarkt ein." Goldgas, ein kleiner Gasimporteur aus Nürnberg, will die Branche jetzt noch einmal richtig aufmischen. Das Unternehmen will von 2013 an Liquefied Natural Gas (LNG) über eine Pipeline aus Belgien nach Deutschland einführen und erstmals seinen bundesweit derzeit 250 000 Kunden anbieten. LNG ist verflüssigtes Erdgas, das in Tankern verschifft und weltweit verkauft wird. "Nur noch nicht in Deutschland, weil es hier als dem einzigen Küstenland in der EU noch keine Regasifizierungsanlage gibt, die LNG wieder gasförmig macht", sagt Rezzo Schlauch, ehemals Grüner Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Beiratsmitglied bei Goldgas. "In vielen Ländern wie Holland, Spanien oder Großbritannien ist LNG schon lange auf dem Markt."
Tatsächlich besitzen die Energiekonzerne E.on und RWE bereits seit 30 beziehungsweise 20 Jahren ein Grundstück am Wilhelmshavener Hafen, auf dem ein Terminal sowie eine Regasifizierungsanlage für LNG gebaut werden könnte. RWE arbeitet gerade an einer Machbarkeitsstudie und ist zudem an einem Projekt vor der norwegischen Küste beteiligt. Dort wird Gas gefördert und schon auf hoher See durch Abkühlung in das flüssige LNG umgewandelt. E.on hat sich am Rotterdamer Terminal Gate beteiligt, das 2011 fertiggestellt sein soll und flüssiges Gas wieder gasförmig machen soll. Es habe bisher nicht genügend Abnehmer in Deutschland für LNG gegeben, begründeten beide Firmen, warum sie im Bundesgebiet noch kein eigenes Terminal haben.
Ausbau der Förderung von Flüssiggas macht Markt noch flexibler
Derzeit befindet sich weltweit ein hohes Angebot von flüssigem Erdgas auf dem Markt. Zudem arbeitet Algerien am Ausbau seiner Kapazitäten. Goldgas-Chef Michael Notzon glaubt deshalb, dass mit LNG die Gaspreise eher sinken werden. "Die Flexibilität auf dem Markt steigt", sagt Wiek. Allerdings schließt er auch negative Folgen nicht aus. "Die Tanker mit Flüssiggas fahren immer dort hin, wo es für sie am günstigsten ist, also der höchste Preis erzielbar ist." Das bedeutet: Wenn künftig aufstrebende Staaten wie China oder Indien mehr für das Gas bezahlen, steigen auch in Deutschland die Preise.