Frankreichs Staatspräsident teilt auf dem Weltwirtschaftsforum in den Schweizer Alpen kräftig aus. Nicolas Sarkozy spricht von einer “Entartung des Kapitalismus“ und wettert gegen den Freihandel, zumindest, wenn dadurch Länder mit den Waren anderer Staaten überschwemmt werden. Konkret wird er jedoch nicht.
Davos. Ganz sanft ging Nicolas Sarkozy die Sache an. Er sei nach Davos gekommen, weil er wolle, „dass wir alle gemeinsam die Lehren aus der Krise ziehen“, sagt er gleich zu Beginn seiner Rede bei der offiziellen Eröffnung des Weltwirtschaftsforums. Und er bekennt vor Hunderten von Managern und Unternehmern im Davoser Kongresszentrum mit Blick auf die Krise, dass „wir alle dafür verantwortlich sind“. Immerhin.
Doch dann legt der französische Präsident los. Und wie. Was die Menschheit erlebe, sei „nicht eine Krise in der Globalisierung, sondern eine Krise der Globalisierung“. Man könne eine „Entartung des Kapitalismus“ beobachten. Einen „Kapitalismus, in dem es üblich war, bevorzugt mit dem Geld anderer zu spekulieren“. Einen Kapitalismus, in dem „der Unternehmer hinter den Spekulanten trat, in dem der Kapitalanleger wichtiger war als der Arbeitnehmer“. Einen Kapitalismus, in dem „die Gegenwart alles war und die Zukunft nichts mehr zählte“
Munter geht es weiter. Freihandel und Wettbewerb? Schön und gut, so Sarkozy. Aber die seien nur „Mittel zum Zweck, nicht der Zweck an sich“. Und damit eben auch im Zweifel relativ.
„Ich bin für den Freihandel“, fährt Sarkozy denn auch fort, aber der sei obenan gestellt worden, „und dadurch wurde die Demokratie geschwächt“. Und überhaupt, wenn der unbehinderte Güterhandel dazu führe, dass Länder mit den Waren anderer Staaten überschwemmt würden, dann werde „diese Funktionsstörung“ zu protektionistischen Reaktionen führen. Die Drohung dürfte sich vor allem an China richten, auch wenn Sarkozy es vermeidet, konkret zu werden.
Ebenfalls ganz offenbar, wenn auch nicht explizit an China gerichtet: der Vorwurf der „Währungsmanipulation“, den Sarkozy erhebt. China koppelt seine Währung an den Dollar, die meisten Experten halten den Renmimbi daher für unterbewertet – und sehen darin einen zentralen Grund für die hohen chinesischen Handelsüberschüsse.
Im kommenden Jahr werde er den Vorsitz der G 8 und der G 20 übernehmen, dann werde er „die Reform des internationalen Währungssystems auf die Tagesordnung setzen“, so der Präsident. Mit Verweis auf die historische internationale Konferenz, auf der 1944 ein System fester Wechselkurse vereinbart wurde, sagt Sarkozy: „Wir brauchen ein neues Bretton Woods.“ Eine Nummer kleiner geht es natürlich nicht, nicht für Sarkozy.
Auch die anwesenden Unternehmensführer bekommen ihr Fett weg. Manager, die durch Boni am Erfolg ihres Arbeitgebers teilhaben wollten, müssten auch bei Verlusten Verantwortung tragen. Da kommt Beifall auf, ein wenig nur und zum ersten Mal. „Ich danke den zwei Personen, die Beifall gespendet haben“, sagt Sarkozy und erntet dafür immerhin Gelächter. Noch ein bisschen mehr Applaus gibt es sofort danach, als Sarkozy erklärt, niemand könne ihm vormachen, dass „man nicht auch ein Malussystem einführen könnte“. Schließlich, setzt der Präsident nach, müssen „Löhne auch der sozialen Nützlichkeit angepasst werden“.
Was das heißen soll, lässt Sarkozy offen. Ebenso die vielen selbst gestellten Fragen. Etwa: „Was wollen wir eigentlich mit dem Kapitalismus bewirken?“ Oder: „Wie können wir die Wirtschaft in den Dienst des Menschen stellen?“ Darüber können jetzt die Manager und Unternehmer in Davos nachdenken. Sarkozy ist derweil schon längst wieder abgereist.