Streng abgeschirmt von der Außenwelt beraten 2500 Teilnehmer im kleinen Bergdorf Davos über die Zukunft der Finanzbranche.
Davos. Dank Staatshilfen von rund fünf Billionen Dollar entfernt sich die Weltwirtschaft zwar allmählich vom Abgrund. Aber die Sorgenliste der Reichen und Mächtigen für ihr Treffen in Davos ist so lang wie nie. Die größte Unbekannte dürfte sein, wie reibungslos die Zentralbanken rund um den Globus in diesem Jahr ihren geldpolitischen Kurs zurückfahren, mit dem sie die Finanzmärkte 2009 noch vor dem Kollaps bewahrt haben. Für heftige Debatten beim Weltwirtschaftsforum in dem Schweizer Nobelskiort dürften auch die Pläne von US-Präsident Barack Obama sorgen, Großbanken hochspekulative Geschäfte zu verbieten.
Bis Sonntag treffen sich rund 2500 Experten, darunter Staats-, Regierungs- und Konzernchefs, zum 40. Jubiläum des Weltwirtschaftsforums. Streng abgeschirmt auf über 1500 Metern in den verschneiten Bergen hat sich die Elite aus Wirtschaft und Politik nicht weniger vorgenommen als den „Zustand der Welt zu verbessern„: „Überdenken, umgestalten, erneuern“ lautet das Motto. Dabei dürfte es auch darum gehen, welche Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen sind. US-Präsident Obama preschte jüngst mit mehreren Vorschlägen vor und will damit vor allem die Finanzbranche stärker an die Kandare nehmen. In ersten Reaktionen signalisierten die Regierungen aus Berlin, London und Paris zurückhaltende Zustimmung.
Von den großen US-Banken scheuen aber viele Top-Manager den Weg nach Davos, und das bereits im zweiten Jahr in Folge. Die Institute werden durch ihre hochriskanten Geschäfte als Auslöser für die Finanzkrise verantwortlich gemacht. Zahlreiche Spitzenvertreter der Wall-Street-Banken halten sich dennoch für unschuldig und haben dafür heftige Kritik geerntet. Auf Ablehnung stoßen auch die Pläne der Banken, noch vor Ende der Krise wieder Boni im Milliarden-Höhe auszuschütten.
Beobachter gehen davon aus, dass die Bank-Chefs lieber das Bild vermitteln wollen, fleißig in der Heimat am Schreibtisch zu arbeiten statt beim Après-Ski in der Glitzerwelt der Schweizer Berge fotografiert zu werden. „Da will niemand gesehen werden, wie er mit dem U2-Sänger Bono herumhängt“, sagt Michael Robinson, Experte für Krisen-PR bei Levick Strategic Communications. Von den großen US-Banken werden nur zwei Konzernchefs erwartet: Vikram Pandit von der Citigroup und Brian Moynihan von der Bank of America.
Als Spitzenbanker aus Deutschland reisen etwa der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Martin Blessing, und Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann an, der unter anderem mit Google-Chef Eric Schmidt den Vorsitz über die Konferenz hält. Aus den Topetagen der deutschen Großkonzerne kommen unter anderem E.ON-Chef Wulf Bernotat und Jürgen Großmann von RWE, Jürgen Hambrecht von BASF und Bayer-Chef Werner Wenning mit seinem designierten Nachfolger Marijn Dekkers.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verzichtet diesmal auf eine Teilnahme, dafür wird ihre Regierung vertreten durch Außenminister Guido Westerwelle, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (beide FDP) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).
Zur Eröffnung der Konferenz spricht Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, mit dabei sind auch der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak und Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper, die den Vorsitz über die G-20-Staaten der führenden Wirtschaftsnationen und Schwellenländer beziehungsweise den Vorsitz über die G-8-Staaten haben. Ebenfalls erwartet werden IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn und Notenbanker wie EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton dürfte als UN-Sonderbeauftragter für Haiti die Werbetrommel rühren für Investitionen im Erdbebengebiet auf der Karibikinsel.