Einige Wochen gab es sinkende Preise freuen – nun geht es wieder aufwärts. Im Jahresdurchschnitt sind Ölprodukte so teuer wie noch nie.
Hamburg. Fast alle Bundesländer haben Sommerferien und an den Wochenenden schwappen die Urlauber-Reisewellen durchs Land. An den Tankstellen herrscht Hochbetrieb. Ungefähr 1,62 Euro müssen die Autofahrer für einen Liter Superbenzin E10 gegenwärtig bezahlen, für Diesel 1,48 Euro je Liter.
Das ist im langfristigen Vergleich sehr teuer, liegt aber immer noch um neun Cent je Liter unter der absoluten Preisspitze von 1,71 Euro für den Liter E10 im Frühjahr dieses Jahres. Doch die Tendenz geht schon seit Ende Juni wieder nach oben. Neue Rekordpreise sind nach Einschätzung von Experten nur eine Frage der Zeit.
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Drei Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle. Zum einen der Rohölpreis, der innerhalb weniger Wochen von 128 auf unter 90 Dollar im Juni dieses Jahres gefallen war. Seitdem steigt er wieder, zuletzt auf rund 104 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent. Verschärft wird diese Tendenz durch den schwachen Euro, der so billig ist wie seit zwei Jahren nicht mehr. „Rohöl ist teurer als vor einem Jahr, wenn wir den Preis von Dollar zu Euro umrechnen“, sagt der Hamburger Energieexperte Steffen Bukold. Das schlage unmittelbar auf die deutschen Preise für Ölprodukte durch. Heizöl zum Beispiel war in den ersten sieben Monaten des Jahres durchgängig teurer als im Vorjahr; 2012 dürfte wieder ein Rekordjahr bei den Heizöl-Preisen werden.
Dazu kommt, dass die Raffinerien in Europa ihre Gewinnmargen beim Benzin ausgeweitet haben. Die Bruttomarge vom Rohöl bis zur Zapfsäule, die beim Benzin zeitweise unter zehn Cent je Liter gefallen war und zu hohen Verlusten bei den Raffinerien führte, erreicht mittlerweile rund 21 Cent. Beim begehrten Diesel liegt sie schon seit längerem in dieser Höhe und oft noch etwas darüber. Die Bruttomarge ist nicht der Gewinn; davon müssen noch die gesamten Kosten der Rohölverarbeitung und des Vertriebs bezahlt werden. Aber das reicht für schwarze Zahlen bei den Raffinerien, zumindest für die Hauptprodukte. „Es sieht gegenwärtig ganz gut aus", sagt auch der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Berlin, Klaus Picard.
Hat also der ADAC recht, der den Mineralölgesellschaften im Wochentakt vorwirft, sie würden bei fallenden Rohöl-Notierungen dem Autofahrer die fälligen Entlastungen vorenthalten und übermäßig in die eigene Tasche wirtschaften? Das ist zumindest umstritten. „Der Wettbewerbsdruck im deutschen Benzinmarkt hat 2012 gegenüber den Vorjahren nachgelassen“, sagt Bukold. Eine mögliche Erklärung: Andere EU-Länder hätten größere wirtschaftliche Schwierigkeiten als Deutschland; dort seien hohe Preise schwerer durchsetzbar. Deshalb liege der deutsche Benzinpreis ohne Steuern mittlerweile über dem EU-Durchschnitt.
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In der Branche gilt eher die Pleite des schweizerischen Raffineriebetreibers Petroplus als einer der Gründe für höhere Margen, weil dadurch die Überkapazitäten in Europa verkleinert wurden. Für BP-Europa-Chef Michael Schmidt gibt es aber keinen Grund zur Entwarnung. „Die Nachfrage nach Kraftstoffen ist seit Jahren rückläufig. Dieser Trend wird sich noch fortsetzen. Bis 2030 erwarten wir einen um 30 bis 40 Prozent geringeren Benzinverbrauch in Deutschland“, sagte er vor einigen Tagen dem „Handelsblatt“.
So richtig reich werden die Konzerne jedenfalls nicht mit Raffinerien und Tankstellen, sondern mit Öl- und Gasförderung. ExxonMobil will sich von seinem deutschen Esso-Tankstellennetz vermutlich trennen. Der österreichische Energiekonzern OMV hat seinen 45-Prozent-Anteil an dem Raffinerieverbund Bayernoil zum Verkauf gestellt. Beide Unternehmen setzen auf Gas und auf Förderaktivitäten.
Mittelfristig kennen die Energiepreise nur eine Richtung – nach oben. „Der Ölmarkt ist aktuell gut versorgt, aber ab 2015 steigt das Risiko einer Ölverknappung deutlich an“, sagt Bukold. Das werde sich schon ab dem kommenden Jahr mit steigenden Ölpreisen bemerkbar machen. Der Hamburger Experte rechnet 2013 mit einem Ölpreis von 150 Dollar je Barrel. Und da nicht so recht erkennbar ist, warum der Euro wieder erstarken sollte, kann es dann für die Autofahrer in Deutschland richtig teuer werden.