Postchef Appel mag China und die wirtschaftliche Dynamik. So hat er einfach mal seinen Schreibtisch vom Rhein nach Shanghai verlegt.

Shangha. Lässt sich ein deutscher Dax-Konzern von China aus lenken? Ja, sagt Postchef Frank Appel. Drei Wochen lang hat der Vorstandschef von Deutsche Post DHL in diesen Sommer seine Führungsarbeit aus dem beschaulichen Bonn am Rhein in die brodelnde Hafenstadt Shanghai am Huangpu-Fluss verlegt: Sein Büro, die Vorstandssitzungen und Managementtagungen. Und wie führt sich der weltgrößte deutsche Logistikkonzern aus dem fernen China? „Nicht viel anders“, zieht Appel nach zehn Tagen schon eine positive Bilanz.

Anlass der Umsiedlungsaktion war die Eröffnung des größten Drehkreuzes in Asien am internationalen Flughafen Pudong, der eines Tages zum größten Frachtflughafen der Welt aufsteigen will. Aber Appel wollte mehr: „Als Chef muss ich versuchen, so viel wie möglich über unseren Markt zu lernen – und der beste Weg dafür ist, dort hinzugehen.“ So ist der Spitzenmanager in der boomenden Wirtschaftsmetropole mit Kurieren unterwegs, liefert Pakete aus, trifft Kunden, spricht mit Regierungs- und Behördenvertretern.

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So etwas hat Appel noch nie gemacht. Er freut sich über den Werbeeffekt – und darüber, wie sehr die chinesischen Mitarbeiter, Partner und Offiziellen die besondere Aufmerksamkeit zu schätzen wissen. „Die Chinesen sind da sehr empfindsam.“ Es sei auch ein starker Beweis für seine Zuversicht in die Entwicklung in China - auch in Zeiten, wo das Wachstum im Reich der Mitte etwas schwächelt.

Eins hat Appel schnell über seine chinesischen Kunden gelernt: „Sie sind sehr ähnlich.“ Überhaupt stellt der Postchef viele Ähnlichkeiten in der Mentalität von Chinesen und Deutschen fest: „Sie sind sehr fortschrittsorientiert, sehr verlässlich und qualitätsbewusst.“ Die Kardinaltugenden seien verwandt – zudem sparten sie wie die Deutschen für die Zukunft, fügt Appel hinzu.

Auch im Unternehmen will Appel ein Signal setzen, dass ihm alle Mitarbeiter – ob in Deutschland, China oder sonst wo – wichtig sind. „Wir sind ein globales Unternehmen.“ So rasant wie sich das Geschäft auf dem asiatischen und insbesondere dem chinesischen Wachstumsmarkt entwickelt, ist es für ihn nur eine Frage der Zeit, bis sich das auch personell nicht nur im Management, sondern ebenso in der Konzernspitze widerspiegelt. „Ich habe keinen Zweifel, dass wir früher oder später ein asiatisches Gesicht im Vorstand sehen werden.“

So setzt Appel voll auf China, wo alles möglich erscheint – und spart nicht mit Kritik am Beharrungsvermögen der Deutschen. Er hat wenig Verständnis für den Widerstand gegen neue Landebahnen oder Nachtfluggenehmigungen – wo die Flugzeuge heute doch so viel leiser seien als früher. Es fehle zugleich an Kapazitäten auf der Schiene, und Lastwagen seien nicht umweltfreundlich. „Wir tun unserem Land keinen Gefallen“, sagt Appel. „Wir behindern unsere Kapazitäten für Wachstum.“ Das sei „nicht klug für ein Land“.

Seinen englischen Titel CEO für „Chief Executive Officer“ versteht Appel vielmehr als „Chief Energy Officer“ – oberster Energiechef. Also der Mann, der seine Leute motiviert. „Ich bin dafür zuständig, die Energie des Unternehmens zu steigern“, sagt Appel. „Das ist mein Job.“ Bei seinem vorübergehenden Umzug in die quirlige Hafenmetropole kann der Vorstandschef nebenbei kräftig chinesische Dynamik tanken, um die Deutsche Post auch künftig richtig auf Trab zu halten.