Auf rund 6,5 Milliarden Euro haben sich die Verbindlichkeiten der Hellenen inzwischen getürmt. Troika zu Kontrollbesuch in Athen.

Athen/Berlin. Die Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF hat Griechenland zum Bezahlen offener Rechnungen in Milliardenhöhe aufgefordert. „Es wäre ein erster Schritt, die angehäuften Außenstände zu begleichen“, sagte der deutsche Troika-Chef Horst Reichenbach am Dienstag in Athen. Die Experten der drei Institutionen wollen sich vor Ort über Reformfortschritte informieren und darüber entscheiden, ob das pleitebedrohte Euro-Land die nächste Kredittranche erhalten kann. Die Schuldenkrise hat dazu geführt, dass die von den internationalen Finanzmärkten abgeschnittenen Hellas-Banken nur noch zögerlich Kredite vergeben und der klamme Staat Rechnungen lange liegen lässt, um bei Kasse zu bleiben. Dieses Problem behindere alle Reformfortschritte, sagte Reichenbach.

Lieferanten in der Industrie sitzen auf einem Berg offener Rechnungen von rund 6,5 Milliarden Euro. Die Forderungen reichen von Arzneimittellieferungen der Pharmabranche für Krankenhäuser bis hin zu teuren Bauleistungen für den griechischen Staat. Die Regierung kündigte an, die Zulieferer – wenn möglich – noch in diesem Jahr zu bezahlen. Zudem wolle sie die Rüstungsausgaben senken und den Umbau der Staatsunternehmen vorantreiben, teilte das Finanzministerium mit. Ziel sei es, das Haushaltsdefizit abzubauen und zugleich die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Debatte über Zukunft Griechenlands im Euro

EZB-Direktor Jörg Asmussen hatte die Regierung in Athen zu Wochenbeginn vor einem Aufschnüren des Rettungspakets gewarnt. Der scheidende Chef des Weltbankenverbandes, IIF, Charles Dallara, forderte das Land nun auf, die Bürokratie abzubauen, den Staatssektor zurückzufahren und Privatisierungen beherzt anzupacken. Dem tschechischen Blatt „Hospodarske Noviny“ sagte Dallara, trotz aller Probleme liege die Zukunft des Ägäis-Landes in der Euro-Zone: „Die Griechen haben eine Brücke überschritten und können nicht mehr umkehren.“

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico forderte von allen hilfsbedürftigen Euro-Ländern eine klares Bekenntnis zu Reformen. Sein Land sei nicht bereit, weitere Hilfen zu leisten, wenn die Empfängerländer nicht klar nachwiesen, dass sie ausreichende Reformen unternähmen: „Die Geduld der Öffentlichkeit ist am Ende“, sagte Fico nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. In Zypern, das nach Griechenland, Irland, Portugal und Spanien als fünfter Staat Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm beantragte, nahm die Troika die Prüfung des Finanzbedarfs auf.

Die Euro-Länder sind nach den Worten des niederländischen Europaministers Ben Knapen zwar auf ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone eingerichtet, gehen aber vom Verbleib des Landes im Währungsraum aus. „Technisch sind wir auf alles vorbereitet, aber wir gehen auch heute davon aus, dass die Griechen die Abmachungen einhalten werden“, sagte Knapen im Deutschlandfunk.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Markus Kerber, sagte dem „Handelsblatt“, ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro wäre auch für Deutschland fatal. „Diese wechselseitige Verwundbarkeit ist vielen gar nicht bewusst“, warnte er. Der bayerische Finanzminister Markus Söder hält die Rettungsbemühungen für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone allerdings für gescheitert. „Griechenland kann und will es wohl nicht schaffen“, sagte der CSU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“. Man müsse ein Ausstiegsszenario für Griechenland vorbereiten. Das Land sei wirtschaftlich kaputt und könne mit dem Euro keinen Neuanfang bewältigen. (reuters/abendblatt.de)