Die Kommission aus Demokraten und Republikanern schafft es nicht, eine Lösung zur Haushaltskrise in den USA auszuarbeiten.
Washington. Es war ein vergeblicher Versuch eine gemeinsame Linie zu finden. Im Kampf gegen die wachsenden Staatsschulden versuchten sich Demokraten und Republikaner in monatelangen Verhandlungen in einer überparteilichen Kommission auf einen Kompromiss zu einigen. Ohne Erfolg. Das sogenannte „Super-Komitee“ schaffte es nicht, eine gemeinsame Vorlage zu präsentieren, hieß es am Montagabend. US-Präsident Barack Obama reagierte verärgert. Er sagte: "Wenn wir jetzt nichts tun, werden die Steuern im nächsten Jahr für jeden einzelnen Amerikaner steigen. Ich habe nicht vor, das zuzulassen."
Aufgabe des Komitees war es, sich auf Einsparungen von mindestens 1,2 Billionen Dollar (880 Milliarden Euro) für die kommenden zehn Jahre zu einigen. Ohne einen Kompromiss drohen automatische Einsparungen in den Budgets ab 2013 – große Brocken davon im Verteidigungs- und Sozialbereich. Die US-Schulden belaufen sich derzeit auf rund 15 Billionen Dollar. Hauptstreitpunkt bei den Beratungen des Ausschusses waren die Steuern. Die Demokraten bestehen darauf, einen Gutteil des Defizitabbaus durch Steuererhöhungen zu erzielen und Kürzungen im Sozialbereich zu begrenzen. Die Republikaner lehnen höhere Steuern kategorisch ab.
Fitch droht mit Bonitätsabwertung
Nicht ohne Konsequenzen: Die Ratingagentur Fitch droht den USA bereits mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit. Der Rückschlag im Kampf gegen die Schuldenkrise in den USA könnte „möglicherweise ein negatives Rating zur Folge haben“, teilte die Agentur Fitch am Dienstag mit. Die Entscheidung hierzu werde noch bis zum Ende des Monats gefällt. Fitch bewertet die USA derzeit mit der Bestnote „AAA“ und der Ausblick steht auf „stabil“.
Dagegen sprachen sich die anderen großen Ratingagenturen Standard and Poor’s (S&P) und Moody’s gegen eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA aus. Allerdings hatte S&P den USA bereits im August die Bestnote „AAA“ entzogen und die Kreditwürdigkeit nur noch mit der zweitbesten Bewertung „AA+“ eingestuft. Damals hieß es seitens der Agentur, dass die angepeilte Einsparungen für eine Konsolidierung der US-Staatsfinanzen nicht ausreichen. Derzeit steht der Ausblick von S&P für die USA auf „negativ“. Damit ist eine weitere Herabstufung in den kommenden Monaten möglich.
In einer am Montagabend veröffentlichten Mitteilung von Standard and Poor’s heißt es, dass die gescheiteren Verhandlungen keine weitere Herabstufung der Bonität der USA zur Folge haben werden. Der Misserfolg der überparteilichen Kommission führe zu „automatischen Einsparungen im Haushalt“ in Höhe von 1,2 Billionen Dollar. Hiervon dürften vor allem der Verteidigungsbereich und der Sozialbereich betroffen sein.
Die Beratungen der sogenannten „Superkommission“ seien nicht entscheidend, schreiben Experten der Ratingagenturen Moody’s in einer Stellungnahme. Auch hier hieß es zur Begründung, dass nach dem Scheitern der Verhandlungen automatische Kürzungen im Staatshaushalt greifen werden. Die Agentur Moody’s hatte den Ausblick für die Kreditwürdigkeit der USA allerdings bereits im August auf „negativ“ gesenkt.
Einigungsfrist bis Mittwoch
Die Kommission hatte sich eine offizielle Frist bis zum Mittwoch gesetzt, das ist ein Tag vor dem bedeutenden Feiertag Thanksgiving. Aber Republikaner und Demokraten waren so tief gespalten, dass sie ihre Spargespräche bereits vor Ablauf dieser Frist aufgaben und das Handtuch warfen. Es sei zuletzt nur noch um die Frage gegangen, wie das Scheitern verkündet werden solle, berichteten US-Medien unter Berufung auf Mitarbeiter beider Seiten. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen begannen bereits vor dem offiziellen Ende der Gespräche. Beide Seiten beharrten am Montag auf ihren Positionen. Der republikanische Senator Jon Kyl warf den Demokraten in einem Interview des Senders CNN vor, Renten sowie die staatliche Krankenversicherung für Senioren und Bedürftige zum Spar-Tabu zu erklären. „Sie wollten nichts ohne Steuererhöhungen tun“, klagte er.
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Kyls demokratischer Kollege John Kerry wiederum lastete den Republikanern an, durch ihr striktes Nein zu Steuererhöhungen für Reiche jeglichen Fortschritt blockiert zu haben. Es könne nicht angehen, Älteren und Bedürftigen Opfer abzuverlangen, aber die Reichen ungeschoren davonkommen zu lassen. „Dazu haben wir uns nicht an den Tisch gesetzt“, sagte der Senator. Im Wahljahr 2012 erwarten Experten eine noch größere politische Blockade, zumal die strittige Steuerfrage zu einem beherrschenden Wahlkampfthema werden dürfte.
Das „Super-Komitee“ war im Sommer eingesetzt worden, um – in letzter Minute – eine drohende Staatspleite abzuwenden. Die Republikaner hatten damals einer Anhebung des Schuldenlimits nur unter der Bedingung zustimmen wollen, dass ein solcher Schritt mit drastischen Sparmaßnahmen gekoppelt wird. Wegen der eklatanten Differenzen in der Steuerfrage kam aber nur ein begrenztes Sparprogramm zustande. Das von beiden Parteien zu gleichen Teilen besetzte „Super-Komitee“ sollte weitere konkrete Sparschritte ausarbeiten. Das Komitee sollte auch über die Verlängerung einer ausgeweiteten Arbeitslosenhilfe und über Abgabenerleichterungen entscheiden. Die Gesetze müssten nach einem Scheitern bis zum Jahresende einzeln durch den Kongress verabschiedet werden, was als sehr schwierig gilt.
US-Medien sprechen unverblümt vom "Versagen“ - eine Schmach für die politische Klasse am Potomac. Es waren keine Hinterbänkler, die in monatelangen Verhandlungen den Kompromiss suchten. Der einstige demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry gehörte ebenso dazu wie die Nummer zwei der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Kyl. Die zwölf erfahrenen Volksvertreter haben einen Ruf zu verlieren. So beeilten sich viele von ihnen bei Talkshow-Auftritten am Sonntag, der Gegenseite die Schuld an dem Scheitern zu geben - noch bevor es offiziell eingestanden wurde.
"Wenn es nicht so ernst wäre, ich könnte lachen“, sagte Kerry dem TV-Sender NBC. Sichtlich verärgert warf der Senator den Republikanern den Versuch vor, über die Kommission neue Steuersenkungen für Reiche durch den Kongress zu schmuggeln und dabei Sozialausgaben zu kürzen. Die Demokraten hätten nicht wirklich sparen, sondern nur die Steuern erhöhen wollen, meinte dagegen der republikanische Co-Vorsitzende der Gruppe, Jeb Hensarling. "Das sind keine Schuldzuweisungen, das sind Fakten.“ Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte.