Der Containerumschlag soll fast den Höchststand von 2007 erreichen. Risiken sind die Euro-Krise, neue Konkurrenz und der Ausbau der Elbe.
Hamburg. Der Hamburger Hafen wird auch in kommenden Jahr beim Umschlag zulegen. Davon gehen vom Abendblatt befragte Experten in der Hansestadt aus. "Der Welthandel wird zwar mit fünf Prozent 2012 nur noch knapp halb so stark zulegen wie noch 2010. Doch der generelle Wachstumstrend ist ungebrochen", sagt Jörg Hinze, Konjunkturexperte des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). Auch Nikolai Lutzky, der Leiter des Themenfeldes Maritime Wirtschaft beim HWWI, ist optimistisch. "Die Unternehmen sind von der Schuldenkrise bisher kaum betroffen. Davon wird der weltweite Transport auch im kommenden Jahr profitieren."
Die Marketingorganisation des Hafens (HHM) geht derzeit für 2012 von einem Umschlag von 9,7 Millionen Standardcontainern (TEU) aus. Damit würde der Hafen, für den 2011 ein Plus von 7,9 auf neun Millionen TEU erwartet wird, im kommenden Jahr fast den Höchstwert von 2007 erreichen. "Wir rechnen für 2012 genau wie für 2011 mit einem Umschlagwachstum", sagt auch Eurogate-Sprecherin Corinna Romke. Bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gibt es dagegen noch keine Prognose. "Wir bereiten uns wegen der ökonomischen Unsicherheit auf verschiedene Szenarien vor", sagt Sprecher Mark Krümpel.
In der Tat zeichnen sich für Hamburg 2012 gleich mehrere Risiken ab. Zunächst ist offen, ob und wie weit die Euro-Krise das Wachstum in Westeuropa bremsen wird. Klar ist: Die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute erwarten für 2012 bundesweit nur noch ein Plus von 0,8 Prozent. "Die Entwicklung in Westeuropa könnte jedoch durch positive Trends in China, Brasilien, Russland und Indien kompensiert werden", so HWWI-Experte Lutzky.
Hamburgs zweites Risiko 2012 betrifft die neue Konkurrenz. So wird Anfang August in Wilhelmshaven der JadeWeserPort mit zunächst zwei Liegeplätzen eröffnet. Zwar plant Betreiber Eurogate zunächst nur den Umschlag von einigen Hunderttausend Containern pro Jahr. Doch internationale Reedereien haben den neuen Hafen bereits fest auf ihrer Rechnung. Für Schiffe mit Platz für mehr als 12 500 TEU rangiert er nach einer Umfrage der Bank UniCredit vor der Hansestadt.
Zudem ist weiter offen, wann genau die Elbe für die größten Containerfrachter der Welt vertieft werden kann. "Wir rechnen damit, dass der Planfeststellungsbeschluss Anfang 2012 vorliegt", sagt die Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, Susanne Meinecke. Ist dies der Fall, könnte mit dem Baggern begonnen werden. "Nach sechs Monaten würden sich die ersten positiven Auswirkungen für die Schifffahrt zeigen", sagt Meinecke. Eine Klage von Umweltschützern beim Bundesverwaltungsgericht dagegen könnte auch einen Baustopp auslösen. "Der Fluss muss aber ausgebaut werden, weil sonst die Gefahr droht, dass Reedereien ihre Großschiffe aus Hamburg abziehen", sagt HWWI-Experte Hinze.
Die Chancen Hamburgs bestätigt unterdessen eine Studie, die gestern vom unabhängigen niederländischen Forschungsinstitut NEA im Auftrag der Hafenverwaltungen in Rotterdam, Antwerpen und Hamburg vorgelegt wurde. Die Häfen profitieren davon, dass 70 Prozent aller Schiffsladungen für Europa in den Norden gehen. Dazu kommt, dass die von den Häfen aufgebauten Eisenbahnlinien inzwischen in der Lage sind, Container über die Alpen hinweg bis nach Südeuropa zu transportieren.
"Die Untersuchung zeigt, dass der Ausbau der Kapazitäten und der Hinterlandanbindungen von zentraler Bedeutung ist", sagt Jens Meier, der Chef der Hamburger Port Authority (HPA). Am kommenden Montag sollen nun beim 2. Hafengipfel in Hamburg die Ergebnisse der von der Wirtschaftsbehörde eingerichteten Arbeitsgruppen für die künftige Hafenstrategie vorgelegt werden. "Dabei wird auch", versichert Behördensprecherin Meinecke, "die Umschlagentwicklung bis zum Jahr 2025 ein Thema sein."