Barroso kündigt an, in den kommenden Wochen Vorschläge für eine engere wirtschaftspolitische Koordination aller 27 Länder vorzulegen.

München. Nachdem sich EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bereits in dieser Woche besorgt über die Lage Europas äußerte, fordert er nun als Konsequenz mehr Macht für die Union. Diese sei „nur überzeugend, wenn wir starke Institutionen haben“, sagte Barroso in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung". Gleichzeitig kündigte er an, in den kommenden Wochen Vorschläge für eine engere wirtschaftspolitische Koordination aller 27 Länder vorzulegen. „Es geht mir dabei nicht um mehr Macht für die Kommission nur wegen der Macht an sich, sondern weil ich überzeugt bin, dass Europa nur mit den Institutionen funktioniert, nicht gegen sie“, erklärte er. „Ansonsten setzen wir nicht nur den Euro aufs Spiel, sondern die gesamte Union.“

Barroso warnte zudem vor Alleingängen der 17 Euro-Länder. Die Nicht-Euro-Länder seien über den gemeinsamen Markt an die Euro-Länder gebunden. „Wir müssen verhindern, dass sich zwischen beiden Gruppen ein Graben auftut, weil sonst der Euro eine wichtige Grundlage verliert. Genau das ist das Ziel einer europäischen Wirtschaftspolitik, deren natürlicher Vertreter die Kommission ist.“

Schon zuvor äußerte sich Barroso besorgt um die Situation von Europa. Erst diese Woche sagte er, die EU stehe vor der „größten Herausforderung ihrer Geschichte“. Schuldenkrise, Wirtschaftskrise und Vertrauenskrise haben sie an den Scheideweg getrieben. Er stemmt sich energisch gegen den Plan in Berlin und Paris, eine Wirtschaftsregierung der Eurostaaten zu gründen: Alleingänge der Hauptstädte könnten „zum Tod des geeinigten Europas führen, so wie wir es wollen“, sagte er bei seiner Rede zur Lage der Europäischen Union unter dem tosenden Beifall der europäischen Abgeordneten. (abendblatt.de/Reuters)