In Deutschland sinken die mittelfristigen Konjunkturerwartungen. Der Index rutscht von minus 15,1 Punkten im Juli auf minus 37,6 Punkte.

Mannheim. Die weltweite Schuldenkrise und die anhaltenden Turbulenzen in der Euro-Zone befeuern die Sorgen vor einer Rezession in Deutschland. Im August brachen die ZEW-Konjunkturerwartungen um

22,5 Punkte auf minus 37,6 Zähler ein. Das ist der niedrigste Stand seit Dezember 2008. Der Außenhandelsverband BGA warnte am Dienstag sogar vor einer globalen Wirtschaftskrise bis hin zur Depression.

Solche Warnungen werden aber nicht von allen Ökonomen und Wirtschaftsverbänden geteilt. So befürchtet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) trotz der jüngsten Konjunkturabkühlung keinen Rückfall in die Rezession. Nach Erhebungen des Münchner ifo Instituts plant die deutsche Industrie deutlich mehr Investitionen. Auch Bundesbank und Bundesregierung hatten betont, die deutsche Wirtschaft lege weiter zu, allerdings langsamer als zu Jahresbeginn.

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hatte vornehmlich Finanzexperten befragt. Mit dem erneuten Rückgang haben sich die Konjunkturerwartungen das sechste Mal in Folge eingetrübt. Das ZEW begründete die starke Stimmungseintrübung mit der Angst vor einer US-Rezession, der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA sowie der Krise im Euro-Raum. Auch die „enttäuschenden“ Konjunkturzahlen aus Deutschland drückten die Stimmung.

Volkswirte geben dagegen – ähnlich wie die Bundesbank – eher Entwarnung. Gerade in Phasen großer Nervosität an den Finanzmärkten verringere sich die Aussagekraft des ZEW-Indexes spürbar, „da die befragten Analysten größtenteils im Finanzsektor tätig sind und damit von dortigen Krisen überdurchschnittlich stark betroffen sind“, erklärten Konjunkturexperten der Commerzbank.

Einen „besseren Eindruck von der Realwirtschaft“ gäben die Umfragen bei Unternehmen. Diese deuteten zwar auf eine schwächere Konjunktur hin, „aber bisher nicht auf einen Einbruch“, wie ihn der ZEW-Index befürchten lasse. Das ifo Institut wird seinen mit großer Spannung erwarteten Konjunkturklima-Indikator, der auf Unternehmensbefragungen basiert, an diesem Mittwoch veröffentlichen.

Beim Außenhandelsverband BGA hieß es, derzeit handele es sich zwar lediglich um eine zyklische Abschwächung nach dem stürmischen Wachstum in den vergangenen Monaten. „Doch wenn es uns nicht gelingt, die europäische Schuldenkrise in den Griff zu kriegen, sehe ich die Gefahr einer Rezession, die im schlimmsten Fall zu einer weltwirtschaftlichen Depression führen kann“, sagte BGA-Präsident Anton Börner. Er forderte erneut gemeinsame Staatsanleihen.

Seine Wachstumsprognose für dieses Jahr hob der BGA von 1,75 auf zwei Prozent an. Für 2012 wird aber ein Plus von nur rund einem Prozent erwartet. „Doch was die weiteren Wachstumsaussichten betrifft, befinden wir uns derzeit am Scheidepunkt“, sagte Börner.

Nach Einschätzung des DIHK ist der deutsche Außenhandel sogar weiter auf Rekordkurs. „Bei Ein- und Ausfuhren winken in diesem und nächsten Jahr wieder neue Rekordwerte“, geht aus dem jüngsten Weltkonjunkturbericht der Außenhandelskammern des DIHK hervor.

Nach der DIHK-Prognose dürften die Exporte in diesem Jahr um 11,0 Prozent und im nächsten Jahr um 9,0 Prozent zulegen. Bei den Einfuhren wird von einem Plus von jeweils 11,0 Prozent in beiden Jahren ausgegangen. Die Weltwirtschaft könnte in diesem Jahr um 3,9 Prozent wachsen und 2012 um 4,1 Prozent. Dies liege merklich über dem Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre (3,4 Prozent). „Damit kann das Expansionstempo aus dem Jahr 2010 (fünf Prozent) zwar nicht gehalten werden, aber ein Rückfall in eine Rezession ist nicht zu erwarten.“

Nach einer ifo-Umfrage wollen westdeutsche Industriebetriebe in diesem Jahr rund 14 Prozent mehr investieren als im Vorjahr. „Der sich für dieses Jahr abzeichnende Investitionsanstieg ist breit angelegt: Fast alle Branchen haben eine Anhebung ihrer Ausgaben für neue Bauten und Ausrüstungsgüter geplant“, hieß es.

Vor allem größere Unternehmen planten mehr Investitionen. Das Geld solle in diesem Jahr weniger in Kapazitätserweiterungen gesteckt werden. Stattdessen solle meist die Produktpalette geändert oder erweitert werden. An zweiter Stelle stünden Ersatzbeschaffungen

(abendblatt.de/dpa)