Trotz Sorge um die südeuropäischen Staaten sieht Deutschland keine Notwendigkeit zu beschleunigtem Krisenmanagement. Van Rompuy ruft Sondertreffen ein.

Brüssel. Eine Verdoppelung der Rettungsschirme oder andere neue Reaktionen auf die zugespitzte Eurokrise stehen für Deutschlands zur Zeit nicht auf der Agenda. Es gebe "die ein oder andere Stimme, die dieses oder jenes wünsche“, hieß es am Montag aus Diplomatenkreisen in Brüssel. Für umfassendere Maßnahmen werde in Berlin derzeit aber „keine Notwendigkeit gesehen“.

Auch die Verabschiedung eines zweiten Rettungspaketes für Griechenland werde auf dem Treffen der Eurogruppe am Nachmittag noch nicht erfolgen. Griechenland sei bis September finanziert. Bis dahin habe man Zeit, die komplizierten Einzelheiten, insbesondere zur verabredeten Beteiligung des Privatsektors, auszuhandeln, sagte der EU-Diplomat.

Damit bremst Deutschland die Rufe nach einem aktiveren Krisenmanagement. Grund dafür ist vor allem die brisante Lage in Italien. Der dortige Finanzminister Giulio Tremonti ist unter großen Druck geraten, weil er in eine Korruptionsaffäre verwickelt sein soll. Sollte Ministerpräsident Silvio Berlusconi Tremonti fallen lassen, wird die Abkehr Italiens vom rigiden Sparkurs befürchtet. Die Querelen in Rom treiben die Zinsen für italienische Staatsanleihen in die Höhe.

Sorge um Italien

In der EZB werde deswegen eine Verdoppelung des Eurorettungsschirms auf bis zu 1,5 Billionen Euro gefordert, berichtete die Zeitung "Die Welt“ in ihrer Montagsausgabe unter Berufung auf hohe Zentralbankkreise. Denn benötige Italien Beistand der Europartner, würde der derzeitige Schirm nicht ausreichen, und dann drohe die Schuldenkrise außer Kontrolle zu geraten.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte für (heutigen) Montag kurzfristig zu einem Sondertreffen geladen. Neben Kommissionschef José Manuel Barroso berief er EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und EU-Währungskommissar Olli Rehn vor dem Eurogruppentreffen nach Brüssel, um das weitere Vorgehen abzusprechen.

Doch weder durch die Lage in Griechenland noch durch die Entwicklungen in Italien sieht Berlin neuen Handlungsdruck. Die Regierung in Rom, die mit 120 Prozent des BIP verschuldet ist, habe „ein sehr klares Sparprogramm bis 2014 vorgelegt“, hieß es in den Diplomatenkreisen. Die Schritte seien klar definiert, und nun hoffe man, dass sie auch umgesetzt werden.

"Wir werden zu Potte kommen“

Und das zweite Rettungspaket für Griechenland werde auch ohne weitere Sondergipfel rechtzeitig fertig. "Wir werden zu Potte kommen“, so der Diplomat. Der EU-Gipfel hatte bereits Ende Juni neue Hilfe für die kommenden zwei Jahre zugesagt. Allerdings müssten noch „technische Fragen“ geklärt werden, um die Privatsektorbeteiligung zu erreichen.

Ratingagenturen warnen, auch bei freiwilligen Laufzeitverlängerungen werde Griechenland als teilweise zahlungsunfähig eingestuft. Nun wird unter anderem darüber verhandelt, ob die Eurogruppe das Risiko für eine befristete Zeit eingehen will. Die Einigung muss bis Ende September erreicht werden, wenn Griechenland die sechste Kredittranche aus dem laufenden Rettungsprogramm benötigt. (dapd)