Italien kämpft gegen die Schulden: Das Kabinett von Ministerpräsident Berlusconi beschließt Einsparungen von knapp 50 Milliarden Euro.
Rom. Nach den letzten Drohungen der internationalen Ratingagenturen, hat die italienische Regierung von Silvio Berlusconi ein milliardenschweres Sparpaket auf den Weg gebracht. In den kommenden dreieinhalb Jahren will das hoch verschuldete Land rund 47 Milliarden Euro einsparen, um dem Sog des europäischen Schuldensumpfs zu entkommen und EU-weit seinen Sparwillen zu demonstrieren. Dies beschloss das Kabinett in Rom am Donnerstagabend. Auch eine Steuerreform ist Teil der Maßnahmen. Vorgesehen sind Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro schon im laufenden Jahr, 5,5 Milliarden 2012 und jeweils 20 Milliarden in den Jahren 2013 und 2014. Ohne dramatische Einschnitte solle so bis 2014 zumindest das laufende Haushaltsdefizit abgebaut werden, versprach Wirtschaftsminister Giulio Tremonti. „Wir haben alle drastischen Maßnahmen der anderen europäischen Länder vermieden. Die Italiener müssten uns ein Denkmal errichten“, sagte Berlusconi am Freitag.
Italien gehört mit Spanien zu den EU-Ländern, die nach Irland, Portugal und Griechenland als Wackelkandidaten in der EU-Schuldenkrise gehandelt werden. Nach Griechenland hat Italien - bei strukturellen Defiziten und niedrigem Wachstum den – den zweithöchsten Schuldenstand in der Euro-Zone. Kumuliert werde dieser nach letzten Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in 2011 auf 120,6 Prozent ansteigen. Die Ratingagentur Moody's hatte dem Land zuletzt mit einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit gedroht, sollte es seine Schulden nicht in den Griff bekommen.
Die genauen Details des Maßnahmen-Pakets wurden noch nicht bekannt. Eingespart werden soll Medienberichten vom Freitag zufolge unter anderem im öffentlichen Dienst. Vorgesehen sei dort ein Einfrieren der Gehälter, strengere Regeln für Krankschreibungen und eine Reduzierung des Personals. Politikergehälter sollen ab der nächsten Legislaturperiode 2013 auf den europäischen Durchschnitt gesenkt werden. Zudem verspricht man sich im Gesundheitswesen durch Gebührenerhöhungen Einsparungen. Wahltermine würden zusammengelegt werden, um Verwaltungskosten zu senken. Eine Anpassung des Rentenalters an die längere Lebenserwartung bei Frauen soll schrittweise in Kraft treten, allerdings erst ab 2020. Teil der Sparpläne ist außerdem eine Steuerreform, die keine Senkungen, sondern eine graduelle Umverteilung der Abgaben vorsehe, wie es hieß. Erhöht würden zudem Abgaben für stark motorisierte Autos.
Die Opposition kritisierte das Paket als „sozialen Kahlschlag mit Fragezeichen“. Es reiße „tiefe Löcher“ und sei damit eine „Zeitbombe“, kritisierte der Chef der größten Oppositionspartei PD, Pierluigi Bersani. Der konservative „Corriere della Sera“ wertete die Maßnahmen am Freitag als „enttäuschend“ und „nicht ausreichend“. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass der Großteil der geplanten Einsparungen erst nach den regulären Parlamentswahlen eintreten soll. Zu neuen Spannungen in der Regierungskoalition kam es indessen zunächst nicht. Berlusconis Bündnispartner Lega Nord unterstützte das Sparpaket am Donnerstag, obwohl die Partei bis zuletzt auf Steuersenkungen gepocht hatte. Lega-Chef Umberto Bossi hatte dem innenpolitisch angeschlagenen Premier gar mit einer Regierungskrise gedroht, sollten keine Abgabensenkungen eingeplant werden. Wirtschaftsminister Tremonti hatte Steuersenkungen bisher strikt abgelehnt. Italien müsse zuerst seine Schulden in den Griff bekommen.
Innerhalb der nächsten 60 Tage muss das Maßnahmenpaket vom Parlament abgesegnet werden, um seine Gültigkeit zu behalten. Berlusconi kündigte an, dies noch vor der Sommerpause im August per Vertrauensfrage regeln zu wollen.